Ich stolpere hinter Njal her, der mich rücksichtslos hinter sich her schleift.
Wo ich mich anfangs noch dagegen gewehrt habe, lasse ich es nun über mich ergehen, wohlwissend das ich kein weiteres Mal entkommen kann.
Auf unserem Weg durch das Dorf erregen wir viel Aufmerksamkeit und einige Werwölfe werfen mir misstrauische Blicke zu. Andere hingegen scheinen aber auch einfach nur neugierig zu sein oder Mitleid mit mir zu empfinden.
Meine Kopfschmerzen kehren langsam wieder zurück und auch mein restlicher Körper fühlt sich nun durch das Abnehmen des Adrenalins in meinem Blut ausgelaugt und erschöpft an.
Ich senke meinen Kopf und lasse mir meine rote Lockenmähne ins Gesicht fallen um weiterer Aufmerksamkeit zu entkommen.
Schließlich halten wir an und ich kann durch meine Haare erkennen, das wir uns vor einem dunkel grau angestrichenen Holzhaus im modernen Stil befinden.
Dieses ist mir bis jetzt noch nicht aufgefallen ist und unterscheidet sich deutlich von den anderen Häusern.
Die dem Fjord zugewandte Seite scheint komplett verglast zu sein und aus dem großen Schornstein auf dem Dach steigen einige Rauchwolken in den bedeckten Himmel auf.
Auf dem Weg hierher hatte Njal bereits den Alpha kontaktiert und unser Kommen angekündigt, weswegen die Haustür schon einen Spalt breit offen steht.
Ein köstlicher und mir völlig unbekannter Geruch steigt in meine Nase und vernebelt meine Sinne. Es ist eine Mischung aus dem Geruch nach Wald, Aftershave und frischem Regen.
Wir nähern uns der schlichten silberglänzenden Metalltür und immer noch völlig im Bann des Geruchs bemerke ich erst als ich nach vorne geschubst werde, das Njal mich losgelassen hat und jetzt hinter mir steht.
Verunsichert bleibe ich stehen und schiele zu dem Norweger um sein Vorhaben zu ergründen.
Als Reaktion ernte ich einen leichten Stoß zwischen die Schulterblätter, ehe Njal das Wort erhebt, „Du gehst alleine rein und komm nicht auf die Idee wieder abzuhauen, das ist eh sinnlos“.
Meine Augen werden bei seinen Worten vor Entsetzten größer und ich drehe mich fassungslos zu dem brünetten Jungen um.
„Alleine? Warum kannst du nicht mitkommen?“, flehe ich ihn augenblicklich an. In Anbetracht dessen wie er mich bis jetzt behandelt hat, kann ich mir zwar keine Unterstützung seinerseits erhoffen, jedoch würde mir seine Anwesenheit das Gefühl geben, nicht alleine zu sein.
„ Nein, ich bin danach dran“, antwortet er mir gedehnt und ich beobachte wie sein Adamsapfel auf und ab hüpft, als er schwer schluckt.
Immerhin scheine ich nicht die einzige zu sein, die sich auf ein unangenehmes Aufeinandertreffen mit Siljan Sutur freuen kann.
Durch dieses Wissen beflügelt drehe ich mich schließlich um und schreite der Eingangstür und damit der Ungewissheit, ob ich die nächsten Minuten überleben werde entgegen.
Ich betrete zunächst den Hausflur, der trotz des dunklen Bodenbelags aus Ebenholz erstaunlich hell und lichtdurchflutet ist.
Kurz spiele ich mit dem Gedanken meine Schuhe auszuziehen, verwerfe diesen aber sofort wieder.
Ich bezweifle das diesem Mann auch nur irgendeine Form der Höflichkeit bekannt ist.
Mir fällt auf das nur sporadisch Dekoartikel verteilt sind, als ich den Eingangsbereich hinter mir lasse und in den in Erdtönen gehaltenen Wohnbereich vordringe.
Eine große bequem aussehende Ledercouch scheint die Räumlichkeit zu dominieren, doch als ich meinen Blick weiter schweifen lasse, sticht mir das wahre Herzstück des Raumes ins Auge.
Im Anschluss an die offenen Kücheninsel erstreckt sich eine gut fünf Meter lange, moderne Bar.
Mein Mund klappt auf als ich die ebenfalls aus Ebenholz geschnitzte, auf Hochglanz polierte Theke betrachte, hinter der sich in Regalen unzählige Spirituosen tummeln.
Modische schwarze Hängelampen setzten das Ganze in Szene und die mit Leder gepolsterten Barhocker runden das Bild ab.
Gerade als ich überlege, mich an einer teuer aussehenden Whiskyflaschen zu vergreifen, nehme ich ein Geräusch im hinteren Teil des Raums war.
Das Splittern von Glas macht mir schlagartig wieder bewusst, warum ich eigentlich hier bin.
Und vor allem, wegen wem ich hier bin.
Mein ganzer Körper fängt an zu kribbeln und kalte Schauer jagen meine Wirbelsäule hinab, als ich die Präsenz hinter mir spüre.
Ich schlucke schwer und straffe meine Schultern, ehe ich mich von der Inneneinrichtung ab und dem Mann hinter mir zu wende.
Meine Atmung setzt augenblicklich aus und die Welt hört in dem Moment auf sich zu drehen, als ich Siljan Sutur zum ersten Mal sehe...
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Saoirse
Werewolf♤ Als ich aus der Zelle durch die Tür in Richtung Freiheit ging, wusste ich, dass ich meine Verbitterung und meinen Hass zurücklassen musste, oder ich würde mein Leben lang gefangen bleiben. ~Nelson Mandela ...