Nachdem ich im ersten Moment wie paralysiert war, fange ich nun damit an mich in Njals Armen zu winden und hektisch um mich zutreten.
Dabei erwische ich den Kiefer des Norwegers, der ein hässliches Knacken von sich gibt und meinem Träger zusätzlich ein dunkles Knurren entlockt.
Sein Griff um meine Hüfte wird fester und seine Finger bohren sich beinah schon schmerzhaft in meine Haut, was mich zischen lässt.
„Beruhig dich, du machst es nur schlimmer indem du dich wehrst“ ,raunt mein Träger mir unwirsch zu.
Überrascht darüber, dass er mit mir redet, erstarre ich für einen Moment in meiner Bewegung.
Das scheint Njal jedoch als ein Symbol der Kapitulation auf zufassen, weswegen er seine Umklammerung lockert.
Meine Chance nutzend ramme ich ihm jetzt mein Knie in die Seite, was ihn dazu veranlasst sich keuchend nach vorne zu krümmen und mich fallen zu lassen.
Ich schlage hart auf dem steinigen Untergrund auf und ergreife erst kriechend die Flucht, ehe ich mich aufrappeln und wegrennen kann.
Meine Knie und Handflächen sind offen und blutig, aber ich ignoriere den Schmerz und haste weiter, versuche trotz der schwarzen Punkte vor meinen Augen klar zu sehen.
Da zu meiner Linken der Fjord ist und rechts von mir eine zerklüftete Felswand in den Himmel empor ragt, bleibt mir nur die Flucht nach vorne.
Im Rennen werfe ich einen Blick über die Schulter zurück, nur um zu sehen, dass Njal nicht länger auf dem Boden kauert.
Er hat bereits meine Verfolgung aufgenommen und holt mit Riesenschritten auf.
Ich beiße meine Zähne aufeinander wärend ich meine Beine ansporne zu beschleunigen.
Mein Atmung ist ungleichmäßig, als ich gehetzt um eine Kurve sprinte und plötzlich die Dächer der Nordpacksiedlung in der Bucht vor mir auftauchen.
Ein Schreckenslaut entweicht meinen Lippen, da ich erst jetzt begreife, dass ich in die Falle getappt bin.
Njal hat mich vor sich her getrieben, wie ein Raubtier es nun mal bei seiner Beute tut, wohlwissend das ich ihm nicht entkommen kann, egal wie schnell ich renne.
Meine wölfische Seite erwacht durch meine Panik in mir und will sich an die Oberfläche drängen, doch ich unterdrücke sie krampfhaft.Mein letztes Ass im Ärmel ist nun mal meine Tarnung und ich darf sie unter keinen Umständen aufgeben, wenn ich auch nur den Hauch einer Chance haben will, hier wieder lebend heraus zu kommen.
Die Landschaft fliegt an mir vorbei und ich erreiche die Siedlung erstaunlicher Weise ohne vorher von meinem Verfolger weggefangen zu werden.
Im Zickzack-muster schlängle ich mich an den Holzstützeln der Häuser vorbei und gewinne dadurch etwas mehr Zeit, da Njal durch seine breiten Schultern nicht annährend so wendig ist wie ich.
Meine roten Haare peitschen durch die Luft und schränken mein Sehvermögen ein, sodass ich erst im letzten Moment die vor mir um die Ecke biegende Person wahrnehme.
Ungebremst pralle ich in das brünette Mädchen und reiße sie mit mir zu Boden.
Noch während des Fallens realisiere ich, dass die Werwölfin vor mir, niemand anders als Linnea ist.
Da die Brünette zuerst auf dem Untergrund aufschlägt, lande ich weich auf ihr und entlocke ihr damit einen erschrockenen Laut.Um sie nicht weiter mit meinem Gewicht zu zerquetschen, rolle ich mich seitlich von ihr runter und bleibe keuchend auf dem Rücken liegen.
„Tut mir leid, ich habe dich nicht gesehen“, entschuldige ich mich atemlos bei der Ärztin, die noch ganz verwirrt zu sein scheint.
Gerade als sie sich weitest gehend wieder gesammelt hat und mir antworten will, fällt ein Schatten über uns.
Njal baut sich mit einem düsteren Gesichtsausdruck vor seiner Schwester und mir auf, sodass ich mich reflexartig hinter dem Rücken von Lin in Sicherheit bringe.
Diese scheint meine Angst zu bemerken, denn sie springt auf und schirmt mich erst mit ihrem Körper vor ihrem Bruder ab, ehe sie eine Erklärung von diesem fordert.
„ Was soll das? Warum ist Saoirse nicht wieder bei ihrer Familie, wo du sie hin bringen solltest und warum jagst du sie wie ein Geistesgestörter?“, verlangt sie mit blitzenden Augen zu erfahren.
Doch anstelle davon ihr zu antworten, zieht es der Blauäugige vor sie nur durchdringend anzustarren.
Als Linnea´s Gesichtszüge allerdings plötzlich entgleiten und sie mir einen besorgten aber vor allem verängstigen Blick zuwirft, weiß ich, das Njal ihr auch ohne Worte mitgeteilt hat, was vorgefallen ist.
„Ich muss sie zu Siljan bringen und er wird bestimmen, wie wir mit dem Problem umgehen werden“, teilt der Norweger seiner Schwester betont teilnahmslos mit.Seine Worte lassen mir das Blut in den Adern gefrieren und ich klammere mich verzweifelt an die Hoffnung, das Lin das Ganze verhindert, schließlich will ich unter keinen Umständen auf den Alpha des Rudels treffen.
„ Nein, das kann ich nicht zulassen, er wird sie umbringen“, schluchzt seine Schwester.
„Du weißt genau was er von Menschen hält, das ist nicht fair“, fügt sie unter Tränen hinzu und weigert sich, ihrem Bruder aus dem Weg zu gehen.
„Vieles im Leben ist nicht fair, wir können nicht riskieren sie zurück zu ihren Artgenossen zu lassen und am Ende dafür mit unserem Leben zu bezahlen“ ,die letzten Worte knurrt Njal ehe er seinen Zwilling zur Seite schubst und mich grob am Oberarm packt.
Sein Griff gleicht dem eines Straubstocks und ich bin mir sicher, dass ich am nächsten Tag dort einige Hämatome haben werde.
Naja vorausgesetzt ich erlebe ihn noch.
„ Du weißt was mit Siljans Eltern passiert ist, also lass es mich zu Ende bringen und geh mir endlich aus dem Weg, du kannst eben nicht jeden vor seinem Schicksal retten“, weist er sie weiterhin kalt an, ehe er mich brutal an ihr vorbei zerrt.
Den Schmerz in Lins großen braunen Augen zu sehen, ist für mich wie ein Erwachen und in meinen Gedanken schließe ich mit meinem Leben ab.
„Es tut mir so leid..“, haucht sie mir erstickt zu, ehe sie sich tränenüberströmt und gebrochen von mir abwendet.
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Saoirse
Werewolf♤ Als ich aus der Zelle durch die Tür in Richtung Freiheit ging, wusste ich, dass ich meine Verbitterung und meinen Hass zurücklassen musste, oder ich würde mein Leben lang gefangen bleiben. ~Nelson Mandela ...