Kapitel 35

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„Von letzterem schienst du aber auch nicht ganz abgeneigt zu sein oder?“, entgegnet mir der Blonde spöttisch und lehnt sich mit verschränken Armen in seinem Sessel zurück.

Mein Wutausbruch lässt ihn kalt.

„Du bist so.. Argh!“, wild gestikulierend werfe ich die Arme in die Luft und ringe nach Worten.

Mein Gesicht muss mittlerweile gänzlich purpurrot angelaufen sein, jedoch ist neben der Zornesröte auch eine Hauch von Scharm für diese Farbgebung verantwortlich, schließlich hat er nicht unrecht.

„Ich bin so was? Attraktiv, charmant und anziehend? Danke, das ist mir bereits bewusst“, vervollständigt Siljan meinen Satz mit eigenen Worten.

Vor Empörung bleibt mir fast der Mund offen stehen.

„Ich meinte eher dreist, rücksichtslos und ohne jeden Anstand“, feuere ich zurück.

„Das ist alles eine Frage der Perspektive“, antwortet mir Siljan daraufhin gelassen und zuckt mit den Schultern.

Ohne auf seine Worte einzugehen wirble ich herum und steure schnurstracks auf die Tür in meinem Rücken zu.

So etwas muss ich mir nicht bieten lassen.

Warum dachte ich auch, dass er sich verändert haben könnte und das es diesmal anders sein würde?

Fassungslos kann ich nur den Kopf über meine eigene Naivität schütteln.

„Wir sind noch nicht fertig“, erklingt es grollend hinter mir, ehe ich hinter mir das schleifende Geräusch eines zurück rutschenden Sessels auf dem Holzboden wahrnehme.

Verbissen setzte ich ohne mich umzuwenden meinen Weg fort, als plötzlich ein Schatten gepaart mit einem Windhauch an mir vorbeifegt.

Ruckartig ziehe ich meine, schon nach der Türklinke ausgestreckte, Hand zurück, vor welche sich ein Mauer von Muskeln geschoben hat.

Wütend bin ich gezwungen den Kopf in den Nacken zu legen um Siljan mit meinem Blick zu durchbohren.

„Geh mir aus dem Weg“, blaffe ich ihn an.

„Lass mich überlegen, ich denke die Chancen dafür stehen schlecht“, entgegnet der Blonde mit einem süffisanten Lächeln auf den Lippen.

Es juckt mir in den Fäusten ihm dieses Grinsen aus dem Gesicht zu schlagen.

„Willst du meine Ohren weiter mit einem Loblied auf dich quälen oder kommst du jetzt endlich zu Punkt und lässt dich dazu herab mir zu erzählen, was dir noch auf der Seele brennt, damit ich weg kann?“, gebe ich missmutig nach, da ich bei einem Kräftemessen eindeutig den kürzeren ziehen würde.

Ein verblüffter Ausdruck huscht über Siljans Gesicht, offenbar hat er nicht mit meiner Kapitulation gerechnet.

„Ich dachte du würdest hartnäckiger sein“, erwidert er mir beinah schon wehmütig.

Ungeduldig verschränke ich die Arme vor der Brust und schließe konzentriert meine Augen für eine Sekunde.

„Fang einfach an“, bitte ich ihn schließlich.

„In Ordnung, wo war ich stehen geblieben?“, geht der Norweger endlich auf meine Worte ein.

„Du hattest über die Verbundenheit unserer Seelen philosophiert und ich bin das Yin zu deinem Yang oder so in der Art“, entgegne ich ihm und ignoriere dabei krampfhaft den warmen Schauer, der mir dabei über den Rücken läuft.

„ Ah gut ich erinnere mich, jedenfalls sind wir somit durch das Schicksal aneinander gebunden und unsere Zukunft ist unweigerlich miteinander verknüpft, ob wir das nun wollen oder nicht“, setzt mein Seelenverwandte seine Rede fort.

Ich nicke leicht mit dem Kopf als Zeichen , das ich ihm soweit folgen konnte.

„ Man könnte das Band, das uns verbindet, eventuell zum Verständnis mit dem Begriff „Liebe“ gleichsetzten, allerdings ist es weitaus stärker ausgeprägt“, grübelt Siljan weiterhin.

„Von dem Zeitpunkt an, an welchem man seinem Seelenverwandten begegnet ist man ihm unumgänglich verpflichtet. Also solltest du dich in einer Beziehung befunden haben, so ist sie schon annulliert“, fügt er diplomatisch hinzu, wobei ihm der Gedanke daran, ich könne einen festen Freund haben, sichtlich zusetzt.

„Aber glaub mir, ich habe mir dich, einen Menschen, ganz bestimmt nicht ausgesucht und wenn ich in der Lage wäre es zu ändern, wäre das längst geschehen. Wir müssen also lernen mit den Tatsachen, die außerhalb unseres Einflusses liegen, zu leben“, beendet der Blonde seine Ansprache und wirft mir einen bedeutungsvollen Blick zu.

Während er mir nochmal alles erklärt, worüber ich eh schon im Bilde bin, sammelt sich die Wut in meinem Körper und legt sich mit langen, kalten Fingern um mein Herz.

Der Zorn über diese schier aussichtlose Situation, die Empörung über den Fakt, das man nie ein Mitspracherecht geschweige denn eine Wahl bei dieser lebenslangen Verbindung  hatte und die Verärgerung darüber, wie ein Objekt behandelt zu werden, auf das nur er Anspruch erheben darf, entfachen das Feuer in meinem Inneren erneut.

Glühend heiß jagt es durch meine Venen und nimmt meinen gesamten Körper ein.

Letztendlich ist es aber erst die Empörung über seinen abwertenden Kommentar mir gegenüber, der den Vulkan zum Ausbruch bringt.

Ich explodiere und richte meinen geballten Groll gegen ihn.

„Du liegst falsch, es mag zwar stimmen, das du die Dinge so akzeptierst wie das Leben sie dir vor die Füße wirft, aber deswegen muss ich das noch lange nicht tun“, beginne ich gefährlich ruhig.

„Ich werde ganz bestimmt nicht von dir abhängig machen wie ich meine Zukunft und mein Leben verbringen werde, im Gegenteil, du wirst nicht mal eine Nebenrolle darin spielen“, rufe ich freudlos lachend aus.

„Und wie du so äußerst treffend formuliert hast, genau ich bin ein Mensch aber das bedeutet nicht das ich Minderwertig oder dir unterlegen bin, sondern lediglich das ich die Freiheit habe mein Herz und damit meine Liebe demjenigen zu schenken, der sie verdient hat und nicht jemanden der mich insgeheim verabscheut, dies auch dauerhaft zeigt und nur wahllos als mein Partner bestimmt wurde“, knurre ich mit Tränen in den Augen und mache einen Schritt auf ihn zu.

„Also lange Rede, kurzer Sinn, ich pfeife auf das Schicksal, unsere angebliche Verbundenheit und vor allem auf dich und deine lächerlichen Besitzansprüche!“.

SaoirseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt