Augenblick #30

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Der weißhaarige Vampir lief die schneebedeckte Straße entlang und hatte die Hände in die Taschen gesteckt. Die dicken Flocken rieselten aus dem schwarzen Nachthimmel herab und das Licht der Straßenlaternen warf den Schatten jeder einzelnen Schneeflocke auf den weißen Boden. Der Blutfürst musste lächeln. Dieser Anblick faszinierte ihn und er mochte den Winter lieber als den warmen Sommer. Er hatte etwas Magisches und Beruhigendes an sich. Der feste Schnee knirschte unter seinen Schritten und immer wieder rutschte seine Füße nach hinten weg. Mehrmals kam er an abgestellten Kutschen vorbei, die schon mit einer dünnen Eisschicht überzogen waren. Schließlich erreichte der Vampir die kleine Taverne am Stadtrand und trat eilig hinein. Warme Luft und der Geruch von Schweiß und abgestandenem Bier schlugen ihm entgegen. Er verzog das Gesicht und lief mit sicheren Schritten an den breiten Tresen. Einige Gäste hatten ihn bemerkt und schauten ihm abschätzend hinterher. Der Vampir setzte sich auf einen der abgenutzten Schemel und nickte dem fülligen Gastwirt zu. Einen Augenblick später stand der Mann mit dem großen Bauch vor ihm und fragte ihn, was er ihm bringen konnte. Doch der Vampir winkte lächelnd ab. Er war nur hier, um jemanden zu treffen, und hatte keinen Durst. Außerdem hatte er bei Sinnen zu bleiben.

Heldenhafte Augenblicke - 2021Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt