Geräuschlos liefen wir die Treppe hinunter, und fanden uns in der Eingangshalle wieder. Neugierig schaute ich mich um, es war das erste Mal, dass ich sie wirklich wahrnehmen konnte. Sie war nicht besonders groß, aber ähnlich gemütlich wie unser Zimmer mit Holzmöbeln und karierten Vorhängen eingerichtet. Eine große Holztür führte uns zur Küche der kleinen Hütte, die wir mit den anderen bewohnten. Sie hatten bereits den Frühstückstisch gedeckt und so setzten Fufu und ich uns jeweils an ein Ende des Tisches. Er streckte sofort gierig seine Hand nach einem der Brötchen aus, doch ich konnte mich nur schwer überwinden mir eines zu nehmen. Natürlich musste ich etwas essen, das letzte was ich zu mir genommen hatte war das Frühstück am Flughafen vor etwa drei Tagen und nach meinem Zusammenbruch auf der Wanderung kam ich wohl oder übel nicht drumherum. Aber so sehr ich es auch versuchte, ich konnte mich nicht überwinden nach den Brötchen zu greifen, geschweige denn sie zu essen. Gnu musterte mich von der Seite. „Alles gut, Mexi?" flüsterte sie mir zu. Nickend streckte ich meine Hand nach dem Brotkorb aus und schluckte den Kloß in meinem Hals einfach herunter. Quälend langsam schnitt ich das Brötchen auf, griff nach der Butter und schmierte sie dünn auf das Brot. Wieder musste ich schlucken, allmählich hatten sich einige Tränen in meinen Augen gesammelt. „Ich weiß, dass es schwer ist, aber du musste etwas essen. Wenigstens ein bisschen." Wieder sprach mich Gnu besorgt an. Natürlich musste ich essen. Ich wollte nicht wieder zusammenbrechen und alles vergessen. Aber noch schwerer viel mir die Vorstellung, dieses Essen zu mir zunehmen. Ich konnte es nicht einmal mehr anschauen ohne, dass sich mein Magen umdrehte. Mit einem Mal flog mein Stuhl nach hinten. Ohne es zu merken, war ich aufgesprungen und aus dem Raum gerannt, meine Hand auf meine Lippen gepresst. Kopflos irrte ich durch die Halle und die Flure des Hauses, bis ich endlich die Toilette fand und mich sofort übergab. Wie konnte das funktionieren? Ich hatte ja nicht einmal etwas gegessen. Eine Hand legte sich auf meinen Rücken und streichelte beruhigend darüber. Sie reichte mir etwas Toilettenpapier und als ich mich endlich beruhigt hatte, schloss sie die Tür und setzte sich neben mich auf den Boden. „Was ist los, Mexi?" Ich konnte diesen Satz nicht mehr hören, ständig machte sich irgendwer Sorgen um mich und wollte, dass ich Dinge erklärte, die ich selbst nicht einmal verstand. „Ich weiß es nicht. Ich kann nichts mehr essen, ohne dass mir schlecht wird. Ich kann nicht einmal daran denken, ohne mich zu übergeben." Gnu schaute mich nachdenklich an. „Bist du zufrieden mit dir, Mexi?" Sie traf komplett ins Schwarze. Ich war weder übergewichtig, noch hatte mich irgendwer jemals wirklich negativ auf mein Äußeres angesprochen und doch konnte ich seit Wochen nicht mehr in den Spiegel schauen ohne tausend Dinge zu entdecken, die mich störten. Angefangen bei meiner Figur, meinem Gesicht, meinen Haaren, meiner Stimme. Das Einzige was ich an mir wirklich mochte waren meine Augen und wenn ich ehrlich war fragte ich mich seit Beginn dieser Reise, was Fufu an mir mögen könnte. Oder wie lang es dauern würde, bis ihm auffiel, dass ich nichts Besonderes war. War das der Grund, weshalb ich seit Tagen nichts essen, geschweige denn daran denken konnte? „Du bist ein unglaublich toller Mensch Mexi. Und dafür musst du nicht perfekt sein. Du bist weder zu dick, noch zu dünn und selbst wenn würde dich das nicht weniger schön machen. Schönheit kommt nicht von deinem Aussehen, sondern davon wie du damit umgehst. Egal wie deine Figur ist, wie dein Gesicht aussieht und was für Klamotten du trägst, solange du dich schön findest tun das auch die anderen. Und selbst wenn nicht, das Einzige was zählt ist wie du dich mit dir fühlst..." „Ich fühl mich scheiße mit mir", platzte es aus mir heraus. Ich hatte keine Kraft mehr, groß darüber nachzudenken, was ich sagen sollte und was nicht. „Kennst du das nicht, wenn du in den Spiegel schaust und anfängst zu weinen, weil einfach alles was du siehst in deinen Augen so schrecklich ist und du dir nicht vorstellen kannst, dass jemals jemand das anders sieht?" Betroffen blickte sie zu Boden. „Tut mir leid, ich wollte jetzt nicht rumheulen oder so", fügte ich schnell hinzu, doch da kam sie schon auf mich zu und nahm mich in den Arm. Erst jetzt merkte ich, wie sehr ich diese Umarmung brauchte. Vorsichtig umarmte ich sie zurück. „Du hast ein viel zu schlechtes Bild von dir. Es gibt so viele Leute, die dich für genau das Lieben, was du bist. Pozyh, Timit, deine Eltern Fufu, ich, wir lieben dich, weil du du bist. Und ich könnte mir keinen besseren Mexi vorstellen." Wenn sie wüsste was Timit und meine Eltern wirklich von mir halten, fast hätte ich laut aufgelacht. „Danke Gnu", ich versuchte mir ein echtes Lächeln abzuringen, „wollen wir zurück gehen, ich glaube ich versuche doch noch was runter zu kriegen." Sie erwiderte mein Lächeln und wir verließen das Bad. Sie liebten mich, weil ich ich bin, wenn sie wüsste, dass 50% ihrer Aufzählung mich genau dafür hassten. Zurück im Esszimmer wurden wir von allen angestarrt, aber vor allem traf mich Fufus verärgerter Blick. War er etwa eifersüchtig? Kopfschüttelnd setzte ich mich zurück an meinen Platz und brachte es endlich fertig das Brötchen zu essen. Die Anderen standen schon langsam auf, so dass nur noch Fufu, Gnu und ich zurückblieben. „Mexi weißt du was es heißt, wenn jemand dir sagt, dass du etwas niemandem sagen sollst? Weißt du was ein Geheimnis ist? Wahrscheinlich weißt du nicht mal wie man das schreibt. Wäre nett, wenn du nicht noch mehr Leuten von unserer Beziehung erzählst." Damit stapfte Fufu wütend aus dem Raum und Gnu starrte mich perplex an. Unsicher, ob ich Fufu hinterherrennen sollte oder Gnu erklären, dass Fufu und ich nicht zusammen waren, um unser Geheimnis zu behalten, ließ ich mich einfach in meinem Stuhl versinken und hoffte, dass die Erde mich verschlang und mich von all diesem Chaos befreite.
Ahhh Leute langsam aber sicher wir es immer verwirrender oder?? Egal, damit wir alle glücklich sind und genug essen kriegt ihr wieder alle Kekse :🍪🍪
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and in the end its always you...
Hayran KurguKein Laut war zu hören, nur das Rauschen des Windes. Weit und breit war alles was ich sah von goldenem Sonnenlicht überzogen und vor mir lag der See, der mir schon so oft Ruhe gebracht hatte. Noch immer fiel es mir schwer, all diese Dinge, die auf u...