Kapitel 79

935 80 25
                                    

Ich lag in Dracos Arm.
Er hatte die Augen geschlossen und hörte sich an, was ich ihm zu sagen hatte.
Ein tiefer Seufzer symbolisierte mir, dass ihm die Botschaft etwas mehr gefiel, als die Ungewissheit, die sich vorher in ihm breit machte.
"Meinst du, dein Vater kann es schaffen?" Fragte ich leise und spielte mit meinen Fingern auf seiner Brust.
"Mein Vater kann vieles schaffen. Er kann also auch das schaffen...Die Frage ist nur, ob er es schaffen WIRD." Murmelte Draco und in seiner Stimme lag noch etwas Besorgnis. Ich konnte dies gut nachvollziehen. Ich war mir auch noch nicht sicher, dass ich morgen frei gesprochen werden sollte... Immerhin hatte ich drei Leute umgebracht.

Es überkam ihn.
Er drückte mich fest an sich, schlang seine Arme um mich, und legte seinen Kinn auf meinen Kopf.
Er hielt mich fester denn je.
Wir wussten beide, dass dies hätte die letzte Nacht sein können.
Ich streichelte seinen Rücken und schloss meine Augen.
"Ich liebe dich, Draco...Das weißt du, und wirst du auch immer wissen..nicht wahr?" Flüsterte ich sanft und klang schon etwas zittriger.
Meine Stimme wackelte.
"Natürlich weiß ich das, mein Schatz..." murmelte er verweint und drückte meinen Kopf fest gegen seine Brust.

Schatz...
...so hatte er mich bisher noch nie genannt...
...noch nie zuvor.

Ich nahm einen tiefen, zittrigen Atemzug und vergrub nun auch mein Gesicht in seiner Brust.
Er hielt mich ganz fest.
"Und selbst wenn sie dich dort behalten...dann bekomme ich dich wieder raus! Das verspreche ich dir! Und dann hauen wir beide ab...Egal, wohin. Hauptsache weg." Sagte Draco zittrig, aber entschlossen.
"Ich glaube dir.." hauchte ich müde und erschöpft.
Nun schloss auch Draco seine Augen.
"Versuch bitte, zu schlafen...Morgen ist ein langer Tag...und er kostet dir viel Nerven..." murmelte er sanft, väterlich...
Diese väterliche Art würde ich auch vermissen..sehr sogar..
"Das gleiche gilt für dich..." flüsterte ich geknickt und legte auch ein Bein um ihn.
Ich wollte ihm nahe sein.
Näher, als zuvor.

Die Nacht war ruhig.
Keiner von uns beiden wachte auch nur ein weiteres Mal auf.
Wir schliefen tief und fest, ineinander verschlungen und ruhig.
Der nächste Morgen verlief alles andere als ruhig.
Ich wachte auf, hatte bereits eine riesige Panik, und lief im Zimmer auf und ab.
Draco starrte bloß den Boden an.
Er sagte gar nichts.
Er war ja schon immer ruhig, aber so wie heute, hatte ich ihn noch nie erlebt.
Es war schrecklich.
Ich war schon angezogen; trug nur einen schwarzen Blazer, ein Hemd darunter, und Lackschuhe. Dazu eine passende Anzughose.
Ich wollte meinem Schicksal wenigstens förmlich entgegentreten.
Es brauchte nun also nur einen Ruf aus der Lobby von unten und ich würde das Malfoy-Manor vielleicht zum letzten Mal verlassen.
Und mit dem Anwesen auch meinen Freund.

Draco kam nicht mit.
Es war der Befehl von seinem Vater. Es kam zu einem riesigen Streit. Lucius argumentierte letztendlich so, dass Draco bloß den eigentlichen Plan gefährden würde.
Alle, die als meine Verteidiger wirkten, waren in den Plan eingeweiht.
Sie konnten ihn auswendig.
Lucius meinte, dass sie den sogar im Schlaf aufsagen konnten, so sehr hatte er ihnen den Plan eingebläut.
Jetzt sagte Draco gar nichts mehr.
Er stand ruhig neben mir, starte den Boden an und sagte nichts.
Er wusste auch gar nicht, was in solch einer Situation überhaupt zu sagen war.
Er war noch nie in einer Situation wie dieser.
Als ich das letzte Mal vor Gericht stand, sah es auf jeden Fall besser für mich aus.
Ich hatte niemanden umgebracht.
Das Morden beschäftigte Draco am meisten.

Lucius nahm bereits in der Kutsche Platz, während ich Draco noch einmal ansah.
"Denk an meine Worte..." murmelte er nur.
Er wirkte gedankenverloren und beinah besessen.
"Und du an meine..." flüsterte ich sanft und küsste seine Wange.
Ich versuchte, wenigstens das Beste daraus zu machen.
Es sollte eine würdige Verabschiedung werden.
Er kam nun wieder ein wenig mehr zur Besinnung und legte einen seiner Finger unter mein Kinn.
Damit brachte er mich dazu, ihn anzusehen.
Zärtlich legte er seine Lippen ein letztes Mal auf meine.
Es gab tatsächlich die Möglichkeit, dass dies das letzte Mal gewesen war, dass sich unsere Lippen berühren würden. Ich genoss es mehr, als man es sich vorstellen konnte.

Mit Tränen in den Augen brachen wir den Kuss.
Wir starten uns nur eine Weile an.
Ich genoss ein letztes Mal den Anblick seiner blaugrauen Augen, und er tat das gleiche mit meinen grünen Augen. Langsam trat ich ein paar Schritte zurück und ließ seine Finger langsam los.
Erst, als seine Arme wieder neben seinem Körper waren und ich meine komplett zurückgezogen hatte, war ich auch richtig auf dem Weg zur Kutsche.
Auf dem Weg in die Verdammnis?
Auf dem Weg, um nie wieder zu kehren?
Es srand alles noch in den Sternen.
Ich nahm etwas weiter von Lucius entfernt Platz und starrte aus dem Fenster.
Es gab für mich nur ein Ziel, wo ich hinsehen wollte.
Und dies war mein Freund.
Er stand neben seiner Mutter, welche schützend den Arm um seine Schultern gelegt hatte.
Auch sie hatte ein paar Tränen in den Augen. Narcissa merkte, wie schlecht es ihrem Sohn ging. Und sie hatte ihn gerade erst wieder gewonnen.
Sie mochte mich ebenso sehr.
Sie empfand mich als stark, humorvoll und liebend.
Genau so, wie sie damals als junges Mädchen agierte. Das wusste ich genau. Meine Mutter hatte es mir einmal erzählt, als ich ihr berichtete, dass ich mit einem der Malfoys zusammen war.

Draco und ich hielten so lange Blickkontakt, bis die Kutsche im Wald verschwunden war.
Ab diesem Zeitpunkt starrte ich auf meine Hände.
Mehr tat ich nicht.
Die ganze Fahrt über schwieg ich.
Mir war schlecht.
Schlecht vor Aufregung und schlecht davor, nie wieder zurückzukehren. Alles würde sich verändern.
Menschen würde es wegen mir schlecht gehen.
Und am allerwenigsten wollte ich dies Draco antun.
Ich hatte ihn gerade erst wieder gewonnen und konnte ihn nicht schon wieder verlieren.

Die Landschaft zog vorbei und ich erkannte langsam gewohnte Umgebung wieder. Es war wie damals, nur wärmer draußen.
Es war die gleiche Umgebung.
Wie, als ich zum ersten Mal vor Gericht stand. 
Damals hakte ich dies als einen sehr schlimmen Ort ab, an dem ich nie wieder sein wollen würde.
Und hier war ich ein weiteres Mal. Dieses Mal, hatte ich allerdings gegen viel viel mehr Regeln verstoßen...

Lucius öffnete seinen Arm für mich, in welchen ich mich einhenkelte und wir gemeinsam nach vorn gingn, durch verschiedene Türen, und hinein ins Gericht...
...und der Albtraum konnte endlich wahr werden...

Riptide//Draco Malfoy FF part 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt