VII.

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,,Hast du den Verstand verloren?" Raphael drehte sich ungläubig dreinschauend zu den drei mehr oder weniger uneingeladenen Besuchern um. ,,Ein Shadowhunter und ein Werwolf?! Du weißt schon, dass das kein Hotel ist?" ,,Das Schild sagt was Anderes." sagte Simon trocken. Der Geruch des Vampirfrischlings biss Raphael in die Nase. Er war offensichtlich wütend, genervt, fühlte sich unwohl und war verdammt hungrig. ,,Nicht mal der Hunger kann dich zum Schweigen bringen." schnaubte der Ältere entnervt. Und seine Laune wurde nicht besser, als die Rothaarige Shadowhunter anfing zu reden: ,,Alles, was wir brauchen, ist ein sicherer Ort, bis wir einen Plan haben." ,,Jemandem wie ihm ist das egal." warf Luke ein. ,,Kommt schon, wir gehen." Doch Raphael hatte andere Pläne. Er wollte Simon helfen. Allerdings konnte er sich dem Werwolf gegenüber einen fiesen Kommentar nicht verkneifen. ,,Verpasst dieser Töle einen Maulkorb." sagte er, wandte sich dann aber mit einem deutlich ruhigerem Ton Simon zu. ,,Der Frischling ist herzlich eingeladen." Clary jedoch bekam ebenfalls eine Abfuhr: ,,Aber auf dich wird kein Empfangskomitee warten, nach dem du ein halbes Dutzend meiner Leute abgefackelt hast!" Simons Unbehagen wuchs und er sagte zu seiner Freundin: ,,Na los, bitte! Ich will damit nichts zu tun haben." ,,Wir können sonst nirgendwo hin!" erwiderte Clary. Dann wendete sie sich wieder an Raphael, ihr Blick selbstsicher und arrogant. ,,Ist es nicht so, dass du Simon brauchst, als Beweis, dass Camille das Abkommen gebrochen hat?" fragte sie überheblich. ,,Wenn er verhungert, wird er dir nichts nützen können!" Raphael hätte beinahe seine steinharte Miene verzogen. Dieses rotzfreche Gör dachte doch tatsächlich, dass sie hier im Vorteil war. Doch der Vampir spielte mit und gab sich geschlagen; Spielte es ihm doch genau in die Karten. ,,In Ordnung." sagte er. ,,Aber der Streuner wartet draußen!" Luke kam ein paar Schritte auf ihn zu und meinte: ,,Wenn den Beiden was passieren sollte, musst du nicht auf die Sonne warten. Ich werd' dich selbst töten!" Die Augen des Werwolfs blitzten drohend grünlich auf, doch das Beeindruckte seinen Gegenüber kein kleines bisschen. ,,Ist ja gut, Wolfy!" sagte Raphael nur. ,,Sie werden unter meinem Schutz stehen." Die zwei Vampire und die Nephilim gingen in den Wohnraum des Hotels, wo Raphael die beiden Besucher hinter ein Gitter sperrte. ,,Das stellst du dir unter 'Beschützen' vor?" merkte Clary an. ,,Hält dich von meinen Vampiren fern und meine Vampire von dir." erwiderte Raphael lässig. Seine Laune war inzwischen deutlich besser. Er wandte sich an seinen Frischling: ,,Wenn du hungrig wirst, ruf einfach. Wobei du einen ziemlich anständigen Snack da stehen hast. Ach, ich Idiot! Glatt vergessen; Ihr zwei seid ja so gute Freunde." Als er keine Antwort erhielt, wuchs in ihm eine gewisse Vorahnung. ,,Oder ist das jetzt anders?" Mit einem Grinsen ging er ein Stockwerk weiter unten in die Küche und bat jemanden seiner Leute um eine Karaffe voll Blut und ein Glas, ehe er sich oben an die Treppen stellte und dem Gespräch zwischen seinen beiden Besuchern lauschte. ,,Clary! Du kannst nicht verstehen, wie das ist." meinte Simon aufgebracht. Die Anstrengung, die er brauchte, um sich zurückzuhalten konnte Raphael bis in den Flur riechen. ,,Ich kann hören, wie dein Herz schlägt. Und ich kann das Blut in deinen Adern riechen. Und ich will es!" ,,Simon, ich . . kann's dir nicht verübeln, wenn du-" ,,dich töten würde?!" rief der Frischling aufgebracht. ,,Verstehst du denn gar Nichts?!" An diesem Punkt sprach Simon Raphaels Gedanken aus. ,,Nein, ich versteh's nicht!" gab die Schattenjägerin zu. ,,Ich kann auch nicht. Es muss doch eine Möglichkeit geben, dass du in dieser Welt bleibst! Vielleicht war das, was ich getan hab falsch und egoistisch, aber es hat mir das Herz gebrochen, ehrlich! Ich hab mich für Stark gehalten und gedacht, dass ich ein echter Shadowhunter wär', aber sobald du ins Spiel kommst, bin ich einfach nur Clary Fray." Während ihres kleinen Vortrags, beschleunigte sich Simons Atmung deutlich und der unverkennbare Geruch von Hunger und Verlangen wurde immer stärker. ,,Und du noch mein bester Freund! Ich würde mich lieber von dir zerfetzen lassen, als dich nochmal sterben zu sehen. Hungrig und wütend-" ,,RAPHAEL!" schrie Simon plötzlich und unterbrach das Mädchen so. Ohne zu zögern kam der Clanführer mit einem seiner Vampire in den Raum stolziert. Er stellte sich vor Simon und fragte: ,,Kann's los gehen?" Simon umgriff die Gitterstäbe fester, nickte kurz und sagte: ,,Ja. . . . Bitte!" ,,Na dann..." murmelte Raphael, nahm das volle Glas neben sich und hielt es dem Frischling durch eine Öffnung im Gitter hin. Dieser nahm das Glas und kippte es in einem Zug hinunter. Grinsend füllte Raphael das Glas immer wieder nach, während er erklärte: ,,Wir legen Wert auf die richtige Darreichung und hochwertige Naturprodukte. Wie du siehst kümmern wir Vampire uns umeinander. Wir sorgen für unsere Familie." ,,Simon hat schon eine Familie!" ,,Hatte..." korrigierte der Ältere. ,,...eine Familie. Das wird sich jetzt Alles ändern. Du bist ein Shadowhunter, er ein Vampir. Ihr zwei werdet nie auf einer Stufe sein. Das musst du aber selbst 'rausfinden." Als die Karaffe leer war, verabschiedete sich Raphael mit einem 'Hasta luego.' und ließ den Beiden noch etwas Privatsphäre. Nach ein paar Minuten jedoch, klopfte es schon an der Hintertür des Hotels. Der Vampir öffnete die Tür und erblickte Jace, seine Schwester Isabelle und den Werwolf. ,,Ich hol die zwei." meinte er kurz angebunden, schloss die Tür wieder und ging die Treppe hinauf. Durch die Wände hörte er leise einen Teil des Gesprächs. ,,Jeder Unterweltler scheint die Shadowhunter zu verachten. Uns trennen doch Welten!" ,,Wie kommst du darauf?! Nein! Niemals!" Als Raphael den Raum betrat, gab er einen Code auf einer Tastatur am Gitter ein und das Gitter fuhr nach oben. ,,Die Kavallerie scheint da zu sein." sagte er. ,,Ich denke, ihr geht besser hinten raus." Clary schnappte sich noch ihre Jacke und ihre Tasche, ehe die beiden Freunde durch den Hintereingang verschwanden. Raphael wusste nicht so ganz, ob er sich darüber freuen sollte, den Shadowhunter außer Hause zu haben, oder sich wegen Simon Sorgen machen sollte. Er war ein Frischling, allein unter Werwölfen und Shadowhuntern. Ob er sie nun kannte oder nicht, würde ab einem gewissen Punkt sowieso keine Rolle mehr spielen.

Doch schon fünfzehn Minuten später stand die gesamte Truppe schon wieder in seinem Wohnzimmer. ,,Wir bieten euch eine Allianz mit den Elben an." sagte Clary, die natürlich ganz vorne stand. Neben ihr stand Simon, während sich der Rest hinter ihr versammelte. Auch hinter Raphael waren ein paar Vampire zusammengekommen. Als der Clanführer nichts auf ihr Angebot erwiderte, drehte sie den Kopf und sah Luke eindringlich an. ,,Und den Werwölfen." fügte dieser hinzu. ,,Wieso sollten wir dir Glauben schenken?" fragte Raphael vorerst. ,,Ihr habt Vampire getötet und unsere Heimstadt verletzt!" ,,Du hast einen Mundi entführt, weißt du noch?" erwiderte Jace, woraufhin Simon sarkastisch lächelnd den Arm hob und rief: ,,Und zwar mich!" ,,Eine Sekunde!" unterbrach Clary die unnötigen Schuldzuweisungen. ,,Du hast auf Anweisung Camilles gehandelt. Das heißt, sie hat gegen das Abkommen verstoßen. Du bist doch ein ganz anderer Führer! Wir sind eine neue Generation Shadowhunter. Wir glauben daran, dass wir gleichberechtigt sind. Deswegen müssen wir zusammenhalten, um Valentine aufzuhalten. Und um zu verhindern, dass der Rat vergangene Fehler wiederholt. Was sagst du?" ,,Diese Entscheidung treffe ich nicht allein." erwiderte Raphael und drehte sich zu seinen Leuten um. Einige nickten, andere wiederum schüttelten den Kopf. Da trat Simon plötzlich einen Schritt nach vorne und meinte: ,,Ich sage ja." ,,Welch Wunderwerk," grinste Raphael daraufhin. ,,das Baby kann sprechen!" ,,Lass es mich nicht bereuen!" grummelte der Frischling daraufhin. ,,Wenn er seinem neuen Anführer die Treue schwört," sagte Raphael. ,,und unserem Clan beitritt, werden wir euch beistehen." ,,Simon ist keine Bürgschaft!" warf Clary ein. ,,Nein," stimmte Simon ihr zu. ,,bin ich nicht. Aber ich nehme an." ,,Simon, was tust du da?" ,,Was zu tun ist, um die Unterwelt zu beschützen." erwiderte er. ,,Meine Welt, Clary." Raphael drehte sich erneut zu seinem Clan um. Diesmal schüttelte niemand den Kopf. ,,Wir sind dabei." sagte er schließlich zu den Anderen.

,,Jeder weiß, was zu tun ist?" fragte Clary nochmal nach, die Anderen nickten. ,,Schickt 'ne Nachricht, wenn ihr auf Position seid." meinte Jace. Luke machte gerade einen Schritt nach vorne, da pfiff Raphael, was den Werwolf dazu brachte stehen zu bleiben. ,,Warte!" sagte der Vampir. Luke blieb stehen und sah ihn nur fragend an, woraufhin Raphael grinste und sagte: ,,Guter Hund." ,,Leck mich!" ,,Mach Rolle!" ,,Stell dich tot!" Simon grinste und rief: ,,Treffer versenkt!" Sie wollten sich gerade auf den Weg machen, da rempelte einer der Werwölfe Simon an und schubste ihn so heftig, dass er fast nach vorne umfiel. Sofort machte Raphael einen Satz in die Richtung des Mannes und fauchte ihn an; der Rest folgte seinem Beispiel. So standen sich die beiden Unterweltler Gruppen fauchend und knurrend gegenüber, bis die Shadowhunter eingriffen und sie auseinander brachten. ,,Unser aller Leben ist in Gefahr!" rief Clary. ,,Wir müssen das, was uns trennt beiseite legen und gemeinsam die Sache angehen. Heute Nacht sind wir alle Unterweltler." Sie sah zu ihrer Rechten. ,,Luke?" Der Werwolf nickte. ,,Raphael?" Der Vampir nickte ebenfalls. Also gingen die Vampire auf ihren Posten und die Werwölfe ebenfalls auf ihren. ,,Wie geht's weiter?" fragte Simon, der etwas später zu ihnen gestoßen war. ,,'Ne kleine Encanto-Aktion?" ,,Für sowas gibt's eine Rune." erwiderte Isabelle in einem ernsten Ton. ,,Wieso frag ich eigentlich?" ,,Sieh zu und lern von einem Meister!" meinte Raphael, woraufhin Isabelle ihn am Arm antippte. Der Vampir drehte sich um und sah in ein paar ernste dunkelbraune Augen. ,,Nicht vergessen:" warnte die Shadowhunter. ,,Keiner wird verletzt!" Der Latino grinste nur, drehte sich um und ging einfach weiter.

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