XXXVIII.

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,,Raphael!" Simon rannte in den nächsten Raum des unterirdischen Labors und kämpfte sich seinen Weg durch das dunkle kalte Zimmer. Immer wieder rief er nach seinem Freund, während der Krieg um ihn herum immer hässlicher wurde. Von der Frustration gepackt fing Simon schließlich an, die feindlichen Shadowhunter einer nach dem Anderen zu bekämpfen. Seine gesamte Aufmerksamkeit lag auf seinen Gegnern, wie Jace es ihm beim Training gezeigt hatte. Schließlich bemerkten die Shadowhunter, dass sie immer weniger wurden und fielen nach und nach auf die Knie. Sie bettelten um Gnade und Vergebung, doch wie ein rachsüchtiger Todesengel stürzte Isabelle sich auf die feindlichen Nephilim. Die Anderen taten es ihr gleich. Beim Letzten hielt Isabelle jedoch inne.  ,,Den nehmen wir mit." entschied sie.  ,,Wir brauchen einen, der dem Rat alle nötigen Informationen überliefert, um diesen ganzen Mist ein für alle Mal zu beenden." Alec nickte, holte ein paar Handschellen heraus und zerrte den Mann auf die Füße. Doch Simon schenkte dem Ganzen keine weitere Beachtung, drehte sich um und lief zum nächsten Raum. Doch auch dieser war leer. Von Raum zu Raum wurde Simons Hoffnung immer geringer. Doch kurz bevor er den Eingang eines Tunnelsystems erreichte, entdeckte er ihn. Voller Freude warf sich Simon in Raphaels Arme, woraufhin dieser ihn ebenfalls fest an sich drückte.  ,,Dir geht's gut." murmelte Simon erleichtert.  ,,Gott sei Dank, dir geht's gut."  ,,Mir geht's gut, keine Sorge, mi amor. Geht's dir gut?" Simon nickte heftig gegen Raphaels Schulter, woraufhin dieser ebenfalls erleichtert lachte.  ,,Bien."  Einen Moment standen die Beiden einfach da und hielten einander, ehe Simon sich langsam von Raphael löste und lächelnd verkündete:  ,,Es ist vorbei. Es ist endlich vorbei." 

Nachdem alle Hybriden befreit und die gefallenen Soldaten angemessen weggebracht wurden, kehrten alle wieder ins Hotel Dumort zurück.  ,,Okay, wir gehen dann mal ins Institut zurück und schlafen etwas." meinte Isabelle und Simon nickte.  ,,Gute Idee." murmelte er.  ,,Schlafen wär jetzt echt super." Auch die Vampire und die meisten Hybriden gingen zu Bett.  ,,Ich würde euch ja ein Zimmer hier anbieten," sagte Lily und unterdrückte ein Gähnen.  ,,aber mit den Hybriden sind wir voll."  ,,Schon gut." erwiderte Simon.  ,,Ich denke, wir schaffen's noch nach Hause." Raphael stimmte ihm müde nickend zu.  ,,Na dann..." Lily umarmte die Beiden noch einmal, bevor sie sich auf den Weg zu ihrem Appartement machten. 

 Der nächste Morgen verlief seltsam normal. Simon wachte auf, zog sich eine Hose über und trottete aus dem Schlafzimmer. Noch immer etwas verschlafen ließ er sich auf die Couch fallen und schaute in die Küche, wo Raphael gerade Frühstück machte.  ,,Das ist seltsam." sagte Simon schließlich.  ,,Was denn, Cariño?" fragte Raphael nur und setzte sich mit seinen Pancakes neben ihn auf die Couch.  ,,Der Tag hat genauso angefangen, wie der Tag als Clary und Izzy hier durch die Tür gestürmt sind."  ,,Und genauso, wie jeder andere Tag davor." erwiderte Raphael. Simon nickte.  ,,Ja." murmelte er.  ,,Ja, wahrscheinlich hast du recht. Ich sollte mich nicht verrückt machen. Schließlich ist das ganze jetzt endlich vorbei." Er wollte gerade erleichtert aufseufzen, als er sah, wie Raphael seine Gabel niederlegte.  ,,Was ist los?" Stille. Ein ungutes Gefühl überkam Simon.  ,,Raphael, was ist los?"  ,,Ich hab Camille gesehen." sagte der Latino, den Blick noch immer geradeaus gerichtet.  ,,Was?" Bei dem Namen allein versteifte sich augenblicklich Simons gesamter Körper.  ,,Camille. . . Es war alles ihr Werk. Sie hatte einen Deal mit den Aldertrees. Sie hat ihnen falsche Versprechungen gemacht, dafür dass sie wieder in einen Mensch verwandelt werden würde."  ,,Was?! Warum hast du uns denn nichts davon erzählt?" Raphael drehte sich um und sah Simon direkt in die Augen.  ,,Du hättest sie hören sollen." sagte er.  ,,Ich weiß, wie sie klingt, wenn sie lügt. Ich hab schon tausend mal zugesehen, wie sie anderen etwas vorgemacht hat und wie sie mir ins Gesicht gelogen hat. Doch diesmal klang sie aufrichtig; verzweifelt. Sie wollte ihr altes Leben zurück. Sie hat wohl endlich eingesehen, dass sie mit nichts und niemandem dasteht." Simon sah gen Boden. Er kannte Camille noch nicht sehr lange, aber Verzweiflung konnte er sich auf ihren gehässigen Gesichtszügen einfach nicht vorstellen.  ,,Und du bist dir sicher, dass das kein Trick war?"  ,,Bei Camille kann man sich nie sicher sein." erwiderte Raphael.  ,,Aber ich glaube ihr." Simon nickte.  ,,Okay." sagte er.  ,,Ich finde trotzdem, wir sollten es Magnus erzählen." Doch Raphael schüttelte den Kopf und nahm seine Gabel wieder zur Hand.  ,,Nein. Er sollte Alexander nichts verheimlichen oder gar vorlügen müssen. Und mit dem Wissen, dass die Shadowhunter über Camille im Bilde sind, würde ich mich unwohl fühlen. Dafür hab ich aber was anderes, was ich ihm erzählen kann." 

,,Tatsache?" fragte Magnus erfreut und stellte seinen Martini auf Isabelles Schreibtisch ab. Simon sah seinen Freund ebenfalls ungläubig an.  ,,Du kannst . . .? Aber wie?"   ,,Was kann wer?" fragte Jace, der gerade mit Clary durch die Tür spaziert kam.  ,,Raphael hat uns soeben mitgeteilt, dass er nun weiß, wie er seine Kräfte kontrollieren kann." erklärte Magnus und nahm seinen Martini wieder zur Hand. Er nahm einen Schluck und hielt das Glas Alec hin, dieser lehnte jedoch dankend ab. Noch immer breit lächelnd schlang Simon seine Arme um Raphael.  ,,Das ist großartig! Du könntest den anderen Hybriden zeigen, wie es geht. Vielleicht gründen wir ja mal einen eigenen Clan." Simon kicherte, doch Raphael schien tatsächlich über Simons Worte nachzudenken.  ,,Das erfordert eine Party." verkündete Magnus fröhlich.  ,,Nicht nur, dass wir einen Krieg überlebt haben, es wurde auch noch eine neue Rasse in der Unterwelt entdeckt und wir wissen, wie man sie kontrolliert."  ,,Es wird keine Party nötig sein." erwiderte Raphael, doch Magnus ließ sich nicht beirren.  ,,Es wird aber eine geben."

Den Rest des Tages verbrachten Simon und Raphael im Taki's, wo sie sich mit Maia unterhielten. Ab einem Punkt schien Raphael jedoch abwesend und starrte mehr auf den Tisch, als dass er redete.  ,,Alles okay?" fragte Simon irgendwann. Augenblicklich gab Raphael eine Antwort, mit der Simon jedoch nicht gerechnet hatte:  ,,Warum eigentlich nicht?"  Simon sah ihn etwas perplex an.  ,,Warum nicht wirklich einen Clan gründen? Ich meine, diese Leute haben ihren Clan, ihr Rudel, ihr Zuhause verloren. Warum sollten wir sie nicht aufnehmen?"  ,,Das scheint mir gar keine schlechte Idee zu sein." stimmte Maia dem Hybriden zu.  ,,Und wer sollte diesen Clan leiten?" fragte Simon.  ,,Glaubt ihr Werwölfe und Vampire können friedlich unter einem Dach wohnen? Mit welchem Geld sollen wir den Clan versorgen?"  ,,Die Leitung können wir Beide ja übernehmen." fing Raphael an.  ,,Schließlich war ich zuvor schon mal ein Clanführer und du bist viel reifer geworden. Außerdem sind es jetzt keine Werwölfe und Vampire mehr, sie sind Hybriden. Etwas anderes, aber dasselbe. Geld hab ich noch genug von meinem Leben als Vampir übrig und selbst wenn das nicht reichen sollte, können wir ja alle immer noch arbeiten gehen. Die Sonne stellt für uns kein Problem mehr da."  ,,Und wo sollen wir alle wohnen?" fragte Simon, worauf Raphael offensichtlich keine Antwort mehr wusste. Gerade als Simon dachte, er hätte die Idee aufgegeben, setzte der Latino sich aufrechter hin und fragte:  ,,Wenn ich etwas finde, möchtest du dann einen Clan mit mir gründen?" Simon nickte zögernd.  ,,Ich würde das sehr gerne. Ich befürchte nur-" Doch bevor er den Satz zu Ende gesprochen hatte, stand Raphael auf und sagte:  ,,Bin bald wieder da." Damit marschierte er auch schon zur Tür. Überrumpelt sah Simon zu Maia hinüber, doch auch sie zuckte nur mit den Schultern. 

Als Simon etwas später an diesem Abend nach Hause kam legte Raphael ihm lächelnd einen Vertrag vor die Nase.  ,,Was ist das?" fragte Simon verwirrt.  ,,Hast du eine Ahnung, wie wenig Leute in diesem Gebäude wohnen?" erwiderte Raphael nur.  ,,Es hätte schon gereicht, hätte ich nur die Hälfte gekauft!" Als die Worte zu Simon durchdrangen, hob er schockiert den Kopf.  ,,Du hast . . ."  ,,Das gesamte Gebäude gekauft?" Raphael grinste.  ,,Ja."  ,,Bist du irre?!" lachte Simon.  ,,Wie viel hat das gekostet?"  ,,Willst du nicht wissen." Noch immer breit grinsend lies Simon sich den Vertrag durch.  ,,Was sagst du, mi amor?" fragte Raphael und legte seine Hände auf Simons Hüften.  ,,Gründen wir einen eigenen Clan?"  Simon nickte, noch immer etwas überrumpelt.  ,,Ja." lachte Simon. Dann wurde sein Ausdruck jedoch etwas ernster ,,Unter einer Bedingung." sagte er.  ,,Die Leute, die hier schon wohnen, werden nicht rausgeschmissen." Raphael machte eine zustimmende Geste.  ,,Claro. Warum nicht." 

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