V.

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Es war unerwartet schwer, Simons Körper zum New Yorker Institut zu bringen. Er musste sich unglaublich zusammenreißen, um nicht einfach mit dem Jungen wieder abzuhauen und sich selbst um ihn zu kümmern. Doch genau das musste er nun tun: Sich zusammenreißen. Er hatte alles auf eine Karte gesetzt. Eine unglaublich gute Karte, aber trotzdem wäre es schön gewesen mehr Optionen, als nur einen Notausstieg zu haben. Der Zug war jedoch nun schon abgefahren, also riss er sich zusammen, brachte Simon zu den Nephilim und ließ sich von seiner besten Freundin anschreien.  ,,Der einzige Grund, wieso Simon Camilles Blut probiert hat, bist du! Du hast ihn entführt, du hast ihn ins Hotel Dumort verschleppt, du-DU HAST IHN CAMILLE AUSGELIEFERT!!"  ,,Ich habe nie beabsichtigt, dass das passiert!" erwiderte er, woraufhin das rothaarige Mädchen sich einfach wieder zu ihrem vermeidlich toten Freund umdrehte und noch heftiger zu weinen begann.  ,,Simon! Simon, bitte komm zurück! Bitte!"  ,,Es gibt 'ne Möglichkeit." meinte der Vampir und ließ sich auf eine hölzerne Bank in dem kleinen Kellerraum nieder. Sofort schaute Clary verdutzt auf, während Jace nur misstrauisch fragte:  ,,Welche Möglichkeit?"  ,,Eine Möglichkeit, Simon zurückzubringen." In Clarys Augen stieg die Hoffnung, während die zwei anderen Nephilim ihn nur skeptisch ansahen.  ,,Sowas geht?" fragte das rothaarige Mädchen erstaunt, woraufhin Raphael nur zustimmend die Augenbrauen hochzog.  ,,Wie denn? Wie denn?!"  ,,Er ist ein Frischling." fing der Vampir an, zu erklären.  ,,Das ist ein Übergangsstadium. Dein Freund kann von den Toten erweckt werden." Doch der blonde Shadowhunter ihr gegenüber schüttelte sofort den Kopf.  ,,Nein!" Und auch Isabelle stimmte ihm zu.  ,,Clary, nein!" Doch das Mädchen schien es nicht zu interessieren, was die Anderen dazu zu sagen hatten. Sie fragte nur:  ,,Ich könnte also Simon zurückkriegen? Gesund und munter?"  ,,Nur zurück!" erwiderte Isabelle.  ,,Er wird weder gesund, noch munter sein. Er wird ein Vampir sein."  ,,Und zwar nicht, von der hippen romantischen Art." fügte Jace hinzu.  ,,Die hässliche Blut saugende im Sarg rumhängende Art!"  ,,Sehr unhöflich!" meinte Raphael daraufhin, lehnte sich mit einem fiesen Grinsen zurück und legte seinen rechten Fuß auf dem linken Knie ab.  ,,Ach was!" machte Jace nur, doch der Vampir ging nicht einmal darauf ein. Stattdessen sagte er: ,,'Sarg' würde eine hölzerne Kiste implizieren. Unsere Schlafgelegenheiten sind aus vierzehnkarätigem Gold."  ,,Mein Fehler!" sagte Jace daraufhin nur sarkastisch. Raphael sah kurz zum Fenster hinaus, erhob sich wieder und erklärte Clary, dass sie sich bis Sonnenuntergang entscheiden müsse, ob sie Simon zurückholen, ihn pfählen oder seine Seele auf ewig in seinen Körper sperren würde. 

Den Tag über blieb Raphael im Keller des Instituts. Selbst wenn er es vor Sonnenaufgang ins Hotel geschafft hätte, hätte er sowieso nicht gehen wollen. Er saß nun auf einer anderen Holzbank, die etwas abseits der Fenster war, während er zuhören musste, wie Clary all die Nachrichten von Simon auf ihrem Handy abhörte. Immer wieder sagte er ihr, dass es ihm nicht gut ging und er sie brauchte, doch sie hatte ihn nicht einmal zurückgerufen. Sie verdiente Simon nicht! schoss es dem Vampir durch den Kopf, ohne dass er wirklich wusste, wieso er das so empfand. Doch Clary schaffte es offensichtlich ganz allein, sich Vorwürfe zu machen.  ,,Tut mir so leid, dass ich nicht da war." murmelte sie wieder.  ,,Das ist alles meine Schuld!" Jace versuchte sie vom Gegenteil zu überzeugen, doch sie blieb stur.  ,,Ohne mich hätte Simon nie im Leben die Unterwelt kennengelernt-" Unbewusst sah Raphael auf, als er das hörte, doch die anderen Beiden bemerkten dies nicht einmal. Clary redete einfach weiter.  ,,und das weißt du! Er wäre nie von Vampiren entführt worden, er hätte nie Camille kennengelernt, er würde-" Sie brach kurz ab, fing sich dann aber wieder und sprach es tatsächlich ohne mit der Wimper zu zucken aus:  ,,Er wäre vor allem nicht tot!" Da konnte Raphael sich nicht länger zurückhalten und erklärte es noch einmal:  ,,Ein Frischling! Er ist zwischen den Welten."  ,,Und jetzt hab ich die Wahl..."  sagte die Rothaarige und Raphael hätte beinahe die Augen verdreht. Sie dachte doch tatsächlich, es ginge immer noch um sie! Er kannte Leute wie sie. Leute, die dachten, sie würden alles für ihre Lieben tun und doch nur zum eigenen Vorteil handelten. Wenn sie Simon zurückholte, dann nicht, weil er es so gewollt hätte, sondern nur, weil sie ihn nicht gehen lassen konnte. Und Raphael hoffte, dass sie genau das tun würde.  ,,...zwischen zwei abstoßenden Möglichkeiten und ich weiß nicht, welche die schlimmere ist!" Raphael wusste nicht, ob er über ihre Naivität lachen oder sich persönlich angegriffen fühlen sollte. Andererseits zeigte er nach Außen hin sowieso keinerlei Gefühl. Da schien Clary endlich zu einer Entscheidung zu kommen, denn sie fragte nach den Risiken bei einer Verwandlung; Jace' Protestrufe ignorierend.  ,,Wenn Simon nicht aus seinem Grab kommt," erklärte der Vampir.  ,,wird er unter der Erde gefangen sein. Er wird ewig Hunger leiden." Clary keuchte auf und flüsterte schockiert:  ,,Oh, mein Gott!" Sie brauchte einen Moment, stotterte dann jedoch mit brüchiger Stimme:  ,,Und- äh . . . Wenn-wenn ich . . . Wenn ich ihn pfähle..."  ,,Wird er sterben wie ein Mensch." erwiderte der Latino.  ,,Völlig schmerzlos, soviel ich weiß." Da fing Clary wieder an, sich unter Tränen bei ihrem Freund zu entschuldigen. 

In The ShadowsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt