II.

356 11 0
                                    

Raphael befand sich in einem Raum neben dem Wohnzimmer, in dem Camille und Simon sich befanden. Die Geräusche der Küsse mochte er nicht sonderlich, jedoch war seine Neugier stärker. Er wollte wissen, ob sich die Entführung wenigstens gelohnt hatte; also lauschte er.  ,,Ich hätte gern, dass du mir hilfst." sagte Camille irgendwann, woraufhin Simon seufzte:  ,,Ja. Jederzeit."  ,,Kannst du mir sagen, wo ich den Kelch der Engel finde?" fragte die Vampirin ohne große Umschweife.  ,,Ich wünschte, ich könnte." erwiderte Simon. ,,Aber ich weiß es nicht."  ,,Clary weiß es."  ,,Nein, tut sie nicht." Da wurde Raphael hellhörig.  ,,Was, wenn sie es dir nicht gesagt hat?"  ,,Nein. Das ist es nicht." meinte Simon.  ,,Wieso, denkst du, sind wir zur Stadt der Gebeine gegangen? Sie wollte 'rausfinden, wie sie sich wieder erinnern kann. Aber sie sagten es wäre, als ob man ihre Vergangenheit geraubt hätte. Sowas wie ein Zauber, ein Bann..." Raphaels Körper verspannte sich und Camilles darauffolgender Kommentar, bestätigte seine Befürchtung nur noch:  ,,Verdammter Magnus Bane!"Es kostete den Vampir viel Selbstbeherrschung, nicht aufzustehen und nervös im Raum herumzulaufen. Doch so hätte er Camille nur auf sich aufmerksam gemacht. Also, zwang er sich einfach weiter zuzuhören.  ,,Was ist ein Magnus Bane?" fragte Simon, woraufhin Camille nur meinte:  ,,Nichts, Kleiner. Bloody Mary? Original Rezept." Sie kicherte und kurz darauf ging das Küssen wieder los. Raphael verdrehte die Augen, hörte jedoch weiter zu. Schließlich hätte einer der beiden jeden Moment etwas relevantes sagen können. Nach einer Weile hörte er Camille plötzlich schwer schnaufen. Erst dachte er, sie würde tatsächlich mit dem Jungen schlafen, doch dann bemerkte auch er es: Den intensiven Geruch von nicht-menschlichem Blut. Aus dem Nebenzimmer hörte er nun Simon protestieren:  ,,Was? Komm zurück!" Doch Camille erwiderte nur:  ,,Ich rieche Engelsblut." Raphael war hin und her gerissen. Sollte rüber gehen? Verstärkung rufen? Als er schließlich hörte, dass Camille genau das tat, entschied er sich, erst einmal abzuwarten, wie sich die Situation entwickelte. Angespannt lauschte er Camilles High Heels, die auf dem Boden klackerten, während sie aufgebracht auf und ab lief.  ,,Jemand ist eingebrochen." sagte sie.  ,,Ich weiß nicht, wie viele es sind, aber es ist ernst. Ich will, dass sie sofort aufgehalten werden und es ist mir egal, wie." Eine kurze Pause entstand, ehe sie fortfuhr:  ,,Sie sind im Treppenhaus, oder in der Nähe davon, los!" Schritte entfernten sich und Camille lief wieder zurück in die Mitte des Raumes.  ,,Alles in Ordnung, Kleiner." sagte sie in einem widerlich süßen Ton.  ,,Bleib einfach einen kleinen Moment hier . . . Alles in Ordnung?"  ,,Mir ist, als hätt' ich was geraucht." erwiderte Simon.  ,,Kennst du das? Dir ist schwindlig und du willst Schokolade?"  ,,Ich schätze, ich hatte ein wenig zu viel zu trinken." sagte sie, woraufhin Simon rau lachte.  ,,Echt jetzt?" kicherte er.  ,,Das macht mich im Kopf ganz wirr. Du hattest zu viel zu trinken und ich bin . . . Was weiß ich!"  ,,Genau das bist du."  Wieder klackerten Camilles Schuhe, während sie den Raum durchquerte, um zu dem alten aber noch intakten Telefon zu gelangen.  ,,Sie sind im Gebäude. Ihr müsst sie aufhalten!" Ihre Stimme klang wie immer fest und selbstsicher, jedoch kannte Raphael sie gut genug, um zu wissen, dass sie langsam nervös wurde. Der Vampir griff in seine Hosentasche und umschloss das goldene Kruzifix, das ihm seine Mutter geschenkt hatte, fest mit seiner Hand. Das brennen des heiligen Gegenstandes auf seiner kalten untoten Haut, beruhigte ihn etwas und ließ ihn wieder klar denken. Er sah ein, dass Camille sich irrte und dass es klüger und sicherer wäre, in einer solchen Zeit den Rat nicht zu provozieren. Er dachte darüber nach, wie er seinen Clan und sich schützen könne, während er weiter der Konversation seiner Raumnachbarn lauschte: ,,Wieso ist es so laut da draußen? Was ist das?" fragte Simon. ,,Da ist nichts, Kleiner." erwiderte Camille.  ,,Eine Party. Du weißt doch, wie das mit Nachbarn in solchen Gegenden ist."  ,,Ja, weiß ich!" lallte Simon.  ,,Bloody Marys für alle..."  Als Raphael schließlich etwas einfiel, stand er ohne zu zögern auf und ging durch den Flur auf den Raum zu. Camille stand gerade am Telefon und murmelte:  ,,Wo sind die Anderen?!" Da schrie Simon plötzlich:  ,,Clary, ich bin hier!" und rannte auf den Ausgang des Raumes zu. Doch Raphael machte einen Satz nach vorne und schubste Simon zurück in den Raum.  ,,Nein, ich sagte doch, du bist eine Geisel." rief er.  ,,Akzeptiere es!"  Plötzlich holte Simon aus und wollte dem Vampir eine verpassen. Dieser jedoch war natürlich schneller, verdrehte seinen Arm hinter seinem Rücken und hielt ihm einen Dolch an den Hals. Raphael lachte, als er hörte, wie Simons Puls sich beschleunigte.  ,,Nicht bewegen." sagte er ruhig, woraufhin Simon schluckte.  ,,Ich weiß, du willst 'rausfinden, wie diese Geschichte endet."  ,,Danke, Raphael." sagte Camille und kam ein paar Schritte auf die Beiden zu.  ,,Ich werde mich jetzt darum kümmern."  ,,Du musst dich darum nicht sorgen." erwiderte Raphael, doch die Vampirin bestand darauf.  ,,Nein, ehrlich." sagte sie.  ,,Mir reicht's mit diesem Ding! Gib es mir. Ich werde es aussaugen."  ,,Wir haben ein größeres Problem." versuchte Raphael es weiter.  ,,Sie sind fast hier und dürfen dich nicht schnappen. Du bist zu wertvoll! Keine Sorge, ich töte es."  ,,Das ist ein wenig exzessiv, ja?" bemerkte Simon doch Raphael knurrte nur: ,,Halt die Klappe!" Dann wendete er sich wieder Camille zu:  ,,Nimm den Durchgang auf der Rückseite durch die Tunnel, los!" Als Camille schließlich weg war, murmelte Raphael an Simon gerichtet:  ,,Du hörst jetzt zu und tust genau das, was ich sage. Nicht mehr, nicht weniger." Leise erklärte Raphael Simon, was er vorhatte.  ,,Aber bekommst du dafür keinen Anschiss von Camille?" fragte der Jüngere. Raphael jedoch erwiderte nur:  ,,Am Ende wird sie mir noch ihren Dank-" Er brach abrupt ab, als er die Schritte immer näher kommen hören konnte.  ,,Sie kommen." sagte er und im nächsten Moment standen auch schon vier Shadowhunter am anderen Ende des Raumes. Raphael erkannte sofort, wer von ihnen Clary war. Sie sprang nach vorne und rief Simons Namen, woraufhin Jace Wayland sie am Arm packte und sie zurück zog.  ,,Clary! Das wird hier nichts bringen." sagte er.  ,,Hör lieber auf ihn, Clary Fairchild." grinste Raphael teuflisch. Er deutete mit einem Kopfnicken auf die himmlichen Waffen und sagte:  ,,Weg damit." Doch sie zögerten, also trieb Raphael das Spielchen weiter:  ,,Von deinem Freund hatte ich mehr als genug für einen Tag. Ich würd ihm liebend gerne die Kehle aufschlitzen. Gib mir keinen Grund. Leg es weg!" Nach einem weiteren kurzen Moment packten sie ihre leuchtenden Seraphklingen schließlich weg.  ,,Simon ... " fing Clary an.  ,,Simon, geht es dir gut?"  ,,Ich würde nicht grade 'gut' sagen-"  ,,Hör auf, zu reden!" fiel Raphael ihm ins Wort und drückte ihm das Messer etwas fester an den Hals. Dann wandte er sich wieder an die Shadowhunter.  ,,Jetzt bitte ich euch mir zu folgen." sagte er langsam, doch keiner regte sich.  ,,Na, los!" rief er daraufhin etwas lauter. Schließlich folgten ihm die Anderen durch das Hotel, in den Keller.  ,,Kommt schon, na los!" rief Raphael hin und wieder.  Als sie schließlich bei einer Tür ankamen, rief er:  ,,Genau. Jetzt da runter mit euch. Runter, oder ich bring ihn auf der Stelle um!"  ,,Hör zu, wir tun dir nicht weh, wir wollen nur Simon!" versuchte Clary es, doch Raphael grinste nur und erwiderte:  ,,Das freut mich, wir nicht! Wir wollten dich."  ,,Na gut, hier bin ich!" sagte sie und wollte einen Schritt auf den Vampir zu machen, doch Jace hielt sie fest und murmelte:  ,,Stop!"  ,,Ich sagte 'wollten'," erwiderte Raphael.  ,,war nicht meine Idee. Jetzt raus los!" setzte er hinterher, als er bemerkte, dass die Lightwood-Geschwister bereits an der Tür zum Ausgang standen. ,,Nicht ohne Simon!"  ,,Halt die Klappe!" rief Raphael.  ,,Mach die Tür auf, oder ich werd ihn umbringen, hier auf der Stelle!"  ,,Hört auf ihn!" rief Jace seinen Geschwistern zu, woraufhin diese die Tür öffneten. Schnell versteckte sich Raphael im Schatten der Rohre, während er Clary noch diskutieren hörte:  ,,Aber Simon wird sterben, wenn er-"  ,,Clary, geh!" fiel Simon ihr ins Wort und auch Jace stimmte ihm zu:  ,,Los, los, los, los, los!" Als Clary aus der Tür raus war, schubste Raphael Simon nach vorne und rief:  ,,Nehmt ihn mit, los!" In der letzten Sekunde drehte Simon sich noch einmal um und sagte:  ,,Ich weiß nicht, wie ich dir danken soll-"  ,,Danke mir nicht; Du bedeutest nichts!" erwiderte Raphael.  ,,Es geht um Valentine und das Chaos, das er verursachen kann." sagte er, woraufhin Jace Simon am Arm hinauszerrte. ,,Komm schon!"  ,,Hör mir zu; Jace Wayland!" Hektisch drehte dieser sich um und warf dem Älteren einen fragenden Blick zu.  ,,Vergiss nie, wer deine Freunde sind!" zischte Raphael. Jace nickte nur verstehend, rannte hinaus und schloss die Tür hinter sich. Eine Weile stand Raphael noch am Fuße der Treppe, die zum Ausgang führte und lauschte still den Gesprächen.  ,,Sollten wir uns hier nicht verziehen?"  ,,Wieso, Simon?"  ,,Sie sind gleich da unten!"  ,,Von mir aus können sie kommen! Sie verwandeln sich hier draußen in ein paar Spiegeleier. Ich hab gedacht, du schaust Filme!" 

In The ShadowsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt