XXV.

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Raphael führte das Leben, wie er es sich immer vorgestellt hatte. Er nahm an Morgenmessen teil, pflanzte Blumen am Grab seiner Schwester und gehörte sogar einem Stift an. Sicher, er vermisste Magnus, Simon, Lily und den Clan. Aber abgesehen davon, war er glücklich. Bis zu diesem einen Tag.

Er war gerade auf dem Weg zurück nach Hause, als er einen Anruf bekam. Es war Lily. Verwundert nahm er ab. Eigentlich hatte er ihr gesagt, sie solle ihn nur im Notfall kontaktieren.  ,,Lily?"  ,,Raphael!" Sie klang aufgewühlt. ,,Kannst du kurz im Hotel vorbeikommen? Es ist wichtig." Raphael fragte sie, worum es ginge, doch sie erwiderte nur: ,,Das sollten wir lieber nicht am Telefon besprechen." Damit legte sie auf.

,,Er ist was?!" Raphael sprang von der roten Couch auf, die nun Lily gehörte, und sah auf die Clanführerin hinab. ,,Raphael, bitte-"  ,,¡Dios mío!" stieß der Jüngere aus und lief im Zimmer auf und ab. ,,¡Me estoy volviendo loco con ese tipo! No es suficiente que haya estado arriesgando su vida por estos Nefilim todo el tiempo, ¡ahora literalmente se irá al infierno!" Lily stand auf und versuchte Raphael zu beruhigen, doch dieser schüttelte nur den Kopf. ,,Verstehst du denn nicht?! Er ist buchstäblich in der Hölle! Und so wie es aussieht, kommt er wohl nicht zurück."  ,,Nun ja..." setzte Lily an, woraufhin der Latino sie verwirrt ansah. ,,Was 'Nun ja'?" forderte er zu erfahren.  ,,Die Shadowhunter haben anscheinend einen Weg gefunden, Magnus wiederzuholen. Die kleine Fairchild hat wohl eine neue Rune entdeckt, du weißt schon . . ." Ohne ein weiteres Wort machte Raphael auf dem Absatz kehrt und lief auf den Ausgang zu. ,,Wo willst du ihn?" ,,Zum Institut."  ,,Um was genau zu tun?" Augenblicklich blieb er stehen. Er musste zugeben, darüber hatte er bisher noch nicht nachgedacht. ,,Ich sag's ja nur ungern," meinte Lily dann. ,,aber das sind die Schattenseiten des Mundidaseins: Du kannst nicht viel tun." Er drehte sich um und sah die Vampirin etwas frustriert an.  ,,Komm schon," sagte sie nun ein wenig sanfter. ,,setz dich wieder hin. Ich hol dir ein Glas Wasser." Damit verließ sie den Raum und Raphael setzte sich zurück auf die Couch. Einen Moment war es still, da hörte er auf einmal Lilys Stimme: ,,Du kannst ihn später sehen, Jake! Aber jetzt braucht er kurz Ruhe. Geh und beschäftige dich mit etwas anderem. Das ist eine Anweisung!" Ihre Stimme klang seltsam entfernt, fast so, als würde er . . . Nein, das war nicht möglich. Er war ein Mensch. Er hatte keine verbesserten Sinne mehr. Das musste er sich eingebildet haben. Doch da hörte er das vertraute Geräusch von Lily, die in Vampirgeschwindigkeit die Treppe hinauf sauste. Kurz war der Latino verwirrt, wurde jedoch aus seinen Gedanken gerissen, als Lily mit einem Glas Wasser durch die Tür kam. Sie seufzte. ,,Seit sie wissen, dass du hier bist, wollen dich alle sehen. Besonders Jakob, er hat dich echt vermisst."

Raphael blieb die Nacht über im Hotel. Erst als am darauffolgenden Nachmittag ein Anruf von Simon kam, nahm Raphael sich seine Jacke und machte sich auf den Weg zu Magnus' Appartement. Dort angekommen klopfte er solange an die Tür, bis sie sich öffnete. Es dauerte keine zwei Sekunden, bis Raphael einmal durch den kompletten Raum in Magnus' Arme gelaufen war. ,,¡No vuelvas a hacer eso nunca más!" murmelte Raphael, woraufhin der Hexenmeister leise lachte. ,,¿Me extrañaste?" fragte er, woraufhin der Jüngere die Augen verdrehte. Da fielen ihm plötzlich die ganzen Gerüche auf, die er wahrnahm. Es war, als könne er Magnus' Hexenmeisterblut riechen. Außerdem nahm er Isabelles und Simons Blut wahr . . . und noch andere Nephilim. Doch als er sich auf die Gerüche konzentrierte, verschwanden sie wieder. Etwas verdattert löste er sich aus Magnus' Armen, zwang sich jedoch zu einem Lächeln. Da kamen Alec, Isabelle, Simon, Clary und Jace aus der Küche. Als Isabelle ihn sah ging sie auf ihn zu und umarmte ihn. ,,Hey, Raphael."  Er umarmte sie kurz, doch als er Simon erblickte, krampfte sich sein Magen zusammen und plötzlich waren die ganzen Gerüche wieder da. Für einen kurzen Moment glaubte er sogar, Isabelles Herz schlagen zu hören. Vorsichtig löste er sich aus ihren Armen und schob sie von sich. ,,Entschuldige bitte." sagte er. ,,Ich würde wirklich gerne noch länger bleiben, aber ich muss leider los." Isabelle nickte verstehend und auch die anderen verabschiedeten sich. Zügig ging er zur Tür öffnete sie und ließ sich im Flur gegen die Wand sinken. Während er eine Hand in die Tapete krallte, hielt er sich mit der anderen den Kopf. Was war nur los mit ihm?!

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