{Kapitel 30}

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Ich schaute Neji mit gerunzelter Stirn an. Was wollte er überhaupt von mir? Wollte er mich jetzt auch noch belehren? Ich fühlte mich auf den Arm genommen und wurde wahrscheinlich auch etwas rot vor Verlegenheit und Wut. „Deine Emotionen haben dein Verständnis der Mission gegenüber verfälscht - ein typischer Anfängerfehler", brummte er nur und schaute runter zu den Zelten, in denen Sakura und Kakashi friedlich schliefen. Anfängerfehler? Also ich glaube so hängengeblieben war ich jetzt nicht, dass man mich unbedingt noch als Anfänger betiteln musste. Ich verstand ja schließlich viel von dem, was ich konnte. Ich machte ein verdutztes Geräusch und wollte ihn gerade wieder anmeckern, dass er mich doch bitte einfach in Ruhe lassen sollte, als er aber auch schon fortfuhr. „Die Mission ist es, die Angreifer aufzuspüren, um die entführten Personen zu retten und die Heilkräuter zu finden, um beides anschließend sicher nach Sunagakure bringen zu können" Ich weitete nach einigen Sekunden meine Augen und überlegte flüchtig. Er blieb still, gab mir so die Mölichkeit, über sein gesprochenes Nachzudenken. Hatte Neji etwa Recht?...

Ich wollte mich unterbewusst so stark an demjenigen rächen, der sich an dem kleinen Mädchen vergangen hat, dass ich das Hauptziel der Mission völlig ausgeblendet und verfälscht hatte. „Es wurde nicht explizit angeordnet, was mit den Angreifern geschehen soll - das entscheidet man vor Ort, je nach Gemüt der Angreifer und Ausgangslage der Situation. Zumindest was diese Mission betrifft", erläuterte er sein eben gesagtes und schaute mich dann wieder an, um meine Reaktion sehen zu können. Er hatte tatsächlich Recht. Ich wollte es mir eigentlich nicht eingestehen, aber daran merkte man, wer von uns beiden mehr Erfahrung hatte. „Natürlich ist es schrecklich, was mit dem Kind passiert ist. Aber als Ninja darfst du nie dein eigentliches Ziel aus den Augen verlieren. Ich sage nicht, dass man keine Emotionen zeigen darf. Aber es hat sich eben schon über viele Generationen bewährt, sie auf Missionen so gut es geht auszuschalten" Ich wurde wieder ruhig. Zu verstehen, was Neji mir gerade verdeutlichen wollte, brachte Entspannung über mich. Jeder Mensch hatte Emotionen - das ist und bleibt nun mal menschlich. Gerade waren sie einfach nur unpassend und gefährdeten das Ziel der Mission. Ich war dabei, mein Ziel aus den Augen zu verlieren. Die Menschen, die entführt wurden, hatte ich total vergessen - geschweige denn die Heilkräuter, die ja anscheinend dringend im Krankenhaus in Sunagakure benötigt wurden. Diese Dinge waren für mich nur noch nebensächlich, zweitrangig eben. Ich konzentrierte mich einzig und allein nur noch auf die Person, die dem kleinen Mädchen diese Qualen zugefügt hatte. Dass es noch Leute gab, die unsere Hilfe brauchten, vergaß ich. Ich fühlte mich schrecklich.

Ich schämte mich. War ich wirklich so naiv? Ich dachte, dass ich diese Mission mit Leichtigkeit meistern würde. Aber spätestens jetzt zeigte Neji mir, dass ich noch unglaublich vieles lernen musste. Diese Dinge werden bestimmt schon in den ersten Jahren an der Ninja-Akademie in Konoha gelehrt. Und ich saß hier in meinem Alter und bekam etwas nicht auf die Reihe, was wahrscheinlich kleine Kinder schon besser konnten, als ich. Ich zischte. Traute mich nicht, Neji wieder in die Augen zu sehen. Ich fühlte mich total dämlich. Er hatte wohl Recht, ich war noch ein Anfänger, ein ganz gewaltiger sogar. „Um so etwas zu vermeiden, ist es wichtig, vor allem bei der ersten Besprechung, wo man die Mission zu wissen bekommt, genauestens zuzuhören", durchbrach er meine Stille und schaute mich dabei wieder an. Ich nickte nur vorsichtig. „Tut mir leid", antwortete ich ihm auf all das nur und schaute runter auf meine Oberschenkel, wo meine Hände ruhend ihren Platz fanden. Ich atmete einige Male tief durch und spielte in meinem Kopf das Ziel der Mission mehrmals ab, damit ich es nicht erneut aus den Augen verlor - das stresste mich enorm. Und dabei wollte ich doch alles richtig machen. „Das muss es nicht" Es war das erste Mal, dass Neji mir auf so etwas von mir antwortete - sogar ohne vorwurfsvollem oder manipulativem Blick. So wie er jetzt gerade zu mir war, war er gar nicht so schlimm, wie er mir sonst immer vorkam. Eigentlich war das hier gerade auch sehr nett von ihm. Denn ohne ihn wäre ich wohl immer noch auf der falschen Spur. „Hauptsache du verstehst, was ich meine" Ich nickte nur hastig, schaute ihm sogar unbewusst wieder in die Augen. Seine Miene war entspannter, sie sah sogar, mit viel Fantasie, etwas freundlich gesinnt aus.

„Trotzdem werde ich das Gefühl nicht los, dass es ein vorbestimmtes Schicksal war, dass ich diese Puppe gefunden habe", erzählte ich Neji dann, woraufhin er nur einmal leise auflachte. Ich zog verwundert eine Augenbraue hoch. Er signalisierte mir mit seiner offenen Hand, dass ich ihm die Puppe doch bitte überreichen sollte. Ich zögerte nicht, holte sie direkt aus meiner Tasche und übergab ihm die Puppe. Vergaß bei meinem Durcheinander dabei total, dass ich das ja aber eigentlich nach seinem Wissen gar nicht sehen konnte. Ich kniff meine Augen leicht zusammen und runzelte verlegen die Stirn - hoffentlich hatte er es einfach nicht gemerkt. Er schaute sie fokussiert an, striff mit seinen Fingern die Konturen von ihr nach. „Vorbestimmte Schicksale existieren nicht", brach es dann aus ihm trocken heraus. Ich war verwirrt. Was meinte er damit? „...das hat Naruto mir gelehrt", ergänzte er, was mich nur noch mehr verwirrte. Naruto? Der Junge, mit der quirligen und aufgeweckten Art? Mir schoss der Gedanke in den Kopf, dass Naruto ihn bei meinem zweiten aufeinandertreffen mit Neji fragte, ob er aus dem früheren Kampf zwischen den beiden nichts gelernt hätte. Hatte seine Einstellung damit vielleicht etwas zutun?

„Was meinst du damit, Neji?" Ich erkannte, dass er diese Fragte schon vorausahnte - er seufzte.

Asterisking - Das Sternenkind in Konoha Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt