Um Punkt 1 Uhr in der Nacht rannte ich gemeinsam mit Bradley, Ryan und Grace zum Park, um dort Ava aufzufinden. Wir machten uns schreckliche Sorgen um sie und die Stimme des Unbekannten drang bedrohlich immer wieder durch meine Gedanken. Was, wenn ihr etwas Grausames zugestoßen war?
Mit beschleunigten Schritten rasten wir in gefühlter Lichtgeschwindigkeit durch den von der Nacht abgedunkelten Park, in dem die Laternen ein leichtes, flackerndes Licht abgaben und hielten währenddessen Ausschau nach Ava. Während ich durchgehend keuchte und mir die Puste ausging, schienen die anderen noch topfit zu sein, denn sie rannten nun noch schneller als zuvor.
Plötzlich ertönte ein Laut meines Smartphones. Eine Email. Von wem wohl?
Spart lieber euren Atem, denn ihr werdet ihn eines Tages nötiger brauchen. Die Kleine habe ich zum Teich mit den Enten gesetzt. Oder doch in den Teich geworfen? Ich kann mich nicht erinnern, aber in ihrer Verfassung stelle ich es mir äußerst schwer vor zu schwimmen.
Während ich geschockt und fassungslos den Text las, merkte ich gar nicht dass ich stehen geblieben war. Von den anderen keine Spur mehr. Sie waren ohne mich weitergerannt. Dabei wussten sie doch nicht einmal wohin sie mussten!
Keuchend machte ich mich auf den Weg zum Teich und rief zeitgleich Grace an. Diese nahm glücklicherweise direkt ab und ich erklärte ihr in Kurzfassung was geschehen war.
Sie versprach mir so schnell es ging zum Teich zu kommen und ich rannte weiterhin durch den düsteren Park, umgeben von angsteinflößend geformten Bäumen und Büschen.
Als ich nach etwa drei Minuten, die mir wie eine Ewigkeit vorkamen beim Teich angelangte, verschlug es mir die Sprache.
Das Einzige was ich sehen konnte, war Avas lebloser Körper auf dem Teich schwimmen. Ihr Rücken lag flach an der Oberfläche, ihr Kopf in Richtung Wasser gedreht.
Schreiend rannte ich auf Ava zu und rief immer wieder ihren Namen. Ich sprintete ungeschickt in den kleinen, ein Glück flachen Teich und versuchte nach Ava zu schnappen.
Bei ihr angelangt drehte ich sie augenblicklich auf die andere Seite und sah ihr kreidebleiches Gesicht vor mir auf dem schmutzig braunen und stinkenden Wasser liegen.
Immer wieder schrie ich ihren Namen, in der Hoffnung sie wachte wieder auf oder jemand hörte mich und half mir, sie wieder zu beleben.
Schleppend zog ich sie aus dem Wasser und an das Ufer hinan. Behutsam legte ich ihren Kopf auf meine Knie und griff nach ihrem Handgelenk. Erst spürte ich nichts, doch dann- eine leichtes Pulsieren.
Leider hatte ich keinen blassen Schimmer von erster Hilfe leisten und wiederbeleben, doch ich versuchte mein Bestes, indem ich mit den Händen an ihre Brust drückte und ihr ab und zu Luft in ihren Mund blies.
Die Panik stieg mehr und mehr in mir auf und ich hasste mich dafür, dass ich keine erste Hilfe leisten konnte. Ava durfte jetzt nicht sterben. Das konnte nicht passieren. Nicht in meinen Händen.
Plötzlich hörte ich hinter mir ein Rascheln und im nächsten Moment nahm ich die Schreie meiner Freunde wahr.
"Kommt her! Schnell! Bitte ihr müsst was tun- ich ich kann das alles nicht. Sie stirbt fast und-", rief ich voller Verzweiflung und direkt in diesem Augenblick saß Bradley auch schon an meiner Seite.
"Lass mich mal!", befahl er mir barsch und ich gab Ava von mir frei.
Bradley machte seine Sache definitiv besser als ich und war wohl sehr geübt darin. Mit flotten Handgriffen stieß er Ava etwa 100 Mal in einer Minute an die Brust und nach keinen weiteren Lebenszeichen beschleunigte er den Druck und die Geschwindigkeit.
"Hat- hat jemand den Krankenwagen gerufen?", wisperte ich ängstlich.
Ryan nickte und setzte sich gemeinsam mit Grace neben mich auf den Boden. Sie zogen mich in eine beschützende Umarmung und wir zitterten im Rhythmus. Ich musste meine Augen schließen, denn ich konnte nicht zusehen falls Ava tatsächlich sterben sollte.
Ein paar Sekunden später hörte man auf einmal ein aufschreckendes Husten.
"Ava! Oh mein Gott du lebst!", krächzte ich voller Erleichterung.
Sie hustete noch mindestens fünf Minuten erschöpft und völlig außer Atem weiter, bis schließlich endlich der Krankenwagen mit einer ohrenbetäubenden Sirene angefahren kam.
Einem der Notärzte erklärten wir noch kurz die Situation, wobei wir den Unbekannten selbstverständlich auslassen mussten, während zwei andere Männer Ava schon versorgten.
"Zwei von euch können mit ins Krankenhaus kommen.", äußerte der Mann.
Wir verständigten uns kurz und entschlossen uns letztendlich dazu, dass Bradley und ich mitfuhren.
Die Fahrt verlief bis auf Avas Husten und mein schweres Atmen relativ ruhig und innerhalb von wenigen Minuten waren wir schon im Krankenhaus angekommen.
Ava wurde direkt in ein Krankenhauszimmer aufgenommen und Bradley und ich mussten im Wartezimmer bleiben. Es lag eine unangenehme Stille auf uns und wir starrten praktisch Löcher in die Wände.
"Das war echt krass, was du da geleistet hast vorhin. Wann hast du das gelernt?", unterbrach ich schließlich das Schweigen.
"Ich habe mal an einem Kurs für Erste Hilfe und Reanimation teilgenommen. Ist aber schon ein paar Jahre her.", Bradley kratzte sich verlegen am Hinterkopf. "Übrigens wollte ich mich noch einmal persönlich bei dir dafür entschuldigen, was ich vor Kurzem unter meinen Instagram Post geschrieben habe."
"Ist schon längst vergessen.", zwinkerte ich ihm zu.
In diesem Augenblick kam auch schon eine der Ärztinnen aus dem Zimmer hinaus und teilte uns die gute Neuigkeit mit, dass es Ava soweit wieder ganz gut ging.
"Allerdings redet sie kaum, was auf eine Art Trauma hinweisen könnte und zudem ist nie noch nicht risikofrei. Wir müssen sie bestenfalls noch weitere 48 Stunden im Auge behalten, denn es kann zum sogenannten zweiten Ertrinken kommen. Dabei geht Wasser in die Lunge und es bildet sich ein Lungenödem. Dies taucht erst nach etwa 24 Stunden auf und kann sehr gefährlich werden, passiert jedoch äußerst selten also müsst ihr euch keine zu großen Sorgen machen. Wer sind denn ihre Angehörigen? Wir haben die Pflicht, diese zu informieren."
Perplex tauschten Bradley und ich einen Blick.
"Danke für die Informationen. Dürften wir erstmal kurz mit Ava reden?", fragte ich höflich.
Sie nickte und führte uns zu Ava ins Zimmer.
"Hey, wie geht es dir?", begrüßte Bradley sie fürsorglich.
Ava reagierte nicht. Sie blickte stumm zwischen uns hindurch und zeigte keinerlei Gefühle und Emotionen.
"Wäre es in Ordnung wenn wir deine Eltern anrufen?", fragte ich vorsichtig.
Noch immer blieb sie stumm und machte keine Anstalten uns zu antworten.
Wir redeten noch eine ganze Weile auf sie ein, doch es nützte alles nichts. Somit entschieden wir uns, dass wir ihre Eltern informieren mussten.
Etwa eine halbe Stunde später kamen Avas Eltern aufgeregt und voller Besorgnis in das Krankenzimmer hinein. Die Ärztin erklärte ihnen noch einmal die Lage und dadurch wurden Avas Eltern nur noch unruhiger.
Bradley und ich holten uns einen Kaffee und setzten uns wieder auf die blauen und blöderweise sehr unbequemen Stühle im Wartezimmer. Es roch nach dem typischen Krankenhausgeruch, den ich gar nicht leiden konnte und überall liefen Ärzte und Ärztinnen in weißen Kitteln herum.
Wir unterhielten uns noch einige Stunden und letztendlich verfiel ich auf Bradleys Schoß in einen tiefen Schlaf.
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𝚃𝚛𝚞𝚝𝚑 𝚘𝚛 𝗗𝗮𝗿𝗲
Mystery / Thriller~ Er trat gefährlich nah an mich heran und packte mich an der Kehle. Ich keuchte und meine Atemwege wurden durch seinen festen Griff behindert. Trotzdem ließ ich mich nicht einschüchtern, sondern starrte ihn nur zornig an. „Nur, dass das klar ist S...