Ryan POV:
Rauch stieg mir in die Nase, meine Lungen fühlten sich trocken an. Meine Aufgabe war es, in den Wald zu bestimmten Koordinaten zu gehen, dort eine Kamera zu suchen und mir ein Video anzusehen. Mittlerweile glaubte ich, dass mich der Psycho umbringen wollte, denn überall wo ich hinsah war Feuer. Es stieg von Baum zu Baum, von Busch zu Busch. Was zum Teufel war hier geschehen?
Wieso musste ich hier eine beschissene Kamera finden?Ich bahnte mir den Weg durch den Wald, musste ab und zu kleinen Feuerstellen ausweichen und mit jedem Schritt wurde mein Atem schwerer. Ich spürte, wie ich der Quelle des Feuers immer näher kam. Für einen kurzen Augenblick dachte ich darüber nach, die Feuerwehr zu rufen, doch was wenn man dann dachte, ich hatte das Feuer gelegt. Man musste das Feuer sowieso schon von außerhalb des Waldes gesehen haben, weswegen ich jetzt einen Zahn zulegen musste.
Als ich schließlich bei den Koordinaten ankam, entdeckte ich tatsächlich eine kleine schwarze Kamera direkt an einem Baum auf dem Boden liegen. Vorsichtig hob ich sie auf und klickte auf den Wiedergabebutton. Was ich da sah, schockte mich.
Dort war ein Mädchen, welches ich nicht erkennen konnte, dafür stand die Kamera wohl nicht nahe genug dran. Sie hatte eine große Schaufel in der Hand und grub eine extrem riesige Kuhle. Man konnte ihr Schluchzen, ihr leises Fluchen und das Feuer lodern hören. Es musste also noch vor kurzer Zeit geschehen sein. Ihr Zittern dabei war nicht zu übersehen. Es wirkte, als wäre ihr etwas Schreckliches zugestoßen und als würde sie das Loch für einen Menschen graben...
Ich beobachtete sie eine Zeit lang dabei, wie sie den Graben buddelte und spulte dann vor, um zu sehen was noch geschah.Plötzlich drehte sie sich kurz in die Richtung der Kamera, sodass ich ihr Gesicht erkennen konnte.
Es war Jersey. Meine beste Freundin Jersey. Fassungslos starrte ich auf das Video, das nun zeigte wie sie nach rechts lief. Es dauerte nur wenige Sekunden, da sah man, wie sie etwas hinter sich her zog. Erst bei genauerem Hinsehen merkte ich, dass es eine Person war. Ich hielt mir die Hand vor den Mund und mein Puls raste. Hatte meine beste Freundin jemanden umgebracht? Nein, das konnte nicht wahr sein.Sie hielt die Hände der Person, die männlich aussah und schliff sie rückwärts zu dem Grab, dass sie gerade geschaufelt hatte. Der Mann war bedeckt mit schwarzem Ruß und auch meine beste Freundin war mit dem Zeug überschüttet.
Sie sprang über das Loch, drehte und wendete die Person gerade hin, sodass die mit dem Unterkörper bereits im Loch lag und ließ sie dann endgültig fallen. Kurz starrte Jersey der Person hinterher, bevor sie wieder außer Reichweite der Kamera lief. Holte sie da gerade etwa noch eine zweite Person? Ich konnte überhaupt nicht glauben, was ich da gerade sah. War das real? Vielleicht war das Video nur inszeniert?Im nächsten Moment erkannte man wieder Jersey und meine Vermutung bestätigte sich, als zwei weitere Hände im Bildschirm auftauchten. Diesmal sah es aus wie eine Frau und Jay schien nicht so grob mit ihr umzugehen. Vorsichtiger zog sie die Frau Richtung Grab und es wirkte, als würde ihr diese Person etwas bedeuten. Oh mein Gott! Was, wenn es jemand war, den wir kannten? Vielleicht Grace? Ihre Schwester? Ihre Mutter? Nein, das wäre zu schrecklich!
Bevor sie die Frau ins Grab legte, ließ sie sich vor ihr nieder, legte sich halb auf sie und drückte sie in eine feste Umarmung.
„Gott, wieso muss das verdammte Leben so unfair sein?!", schrie Jersey plötzlich in einer lauten Stimme. Es war eher ein Krächzen, aber es löste in mir eine unglaubliche Gänsehaut aus. „Ich liebe dich Mama und ich hoffe wirklich, dass du das weißt", schluchzte sie etwas leiser hinterher.
Mir lief ein Schauder über den Rücken. Ihre Mum?! Nein, das konnte ich nicht glauben. Was war geschehen, dass ihre unfassbar liebevolle Mutter sterben musste? Wer immer das war, würde dafür büßen.Nun legte Jersey ihre Mutter behutsam in das Grab und schnappte sich wieder die Schaufel. Sie wischte sich den Dreck aus dem Gesicht und schüttete die vorher ausgegrabene Erde wieder auf das Loch, das nun mit zwei Lebewesen gefüllt war. Sie stieß mehrere Schreie aus, die tief aus der Seele kamen und mir kullerten inzwischen die Tränen über die Wangen. Wie musste sich das bloß für Jersey anfühlen?
Auf einmal machte mein Smartphone einen Piepton. Mit verschwommener Sicht kramte ich es aus der Jackentasche und las die Email von ihm.
Sehr tragische Angelegenheit, nicht wahr?
Jetzt gibt es da natürlich das Problem, dass jemand schuldig ist. In diesem Fall Jersey. Du musst dich nun entscheiden. Entweder du zeigst der Polizei das Video und verrätst somit deine beste Freundin oder du verbrennst die Kamera und bekennst dich selber des Mordes zweier Personen als schuldig. Entscheide weise. Einer von euch wird wohl einen großen Teil seines Lebens im Knast verbringen müssen. Und versuch gar nicht erst eine andere Lösung zu finden, denn das wirst du bereuen, glaub mir.Meine Hände ballten sich zu Fäusten und im nächsten Moment war auch schon mein Handy in zwei Hälften zerbrochen.
Obwohl ich wusste, dass es mein Leben versauen würde, hatte ich bereits einen Entschluss gefasst. Es gab keine andere Möglichkeit.Niemals könnte ich meine beste Freundin verraten. Sie hatte ihre Mutter verloren, ich wusste zwar nicht was passiert war, doch ich konnte ihr nicht noch etwas Schlimmes antun. Ich musste sie schützen.
Für mich stand es fest, ich würde mich der Polizei stellen. Sagen, dass ich die beiden getötet hatte, dass ich den Wald in Brand gesetzt hatte und ihnen den Ort zeigen, an dem sie vergraben waren. Ich hatte keine andere Wahl.
Ohne noch eine Sekunde zu zögern, ging ich an eine Stelle des Feuers und warf die Kamera mit dem Beweis hinein. Jetzt gab es kein Zurück mehr.
Auf einmal ertönte hinter mir ein Knacken. Mein Herz raste noch schneller als zuvor und nur sehr langsam drehte ich mich um.
„Jersey?", rief ich, als ich sie schweratmend und mit Tränen, Erde und Ruß überladen am Baum lehnen sah. Sie allerdings beachtete mich kaum und rannte voller Verzweiflung davon. Das Feuer war mittlerweile fast überall und gerade als ich daran dachte, ertönten lautstarke Sirenen. Sie kamen immer näher, doch statt davon zu rennen, blieb ich einfach stehen. Ich wartete darauf, dass sie hier ankamen und ich mich stellen konnte. Ich wollte es nicht noch herauszögern, sondern es einfach hinter mich bringen. Ich war in einem Schockzustand und die Möglichkeit mich groß zu bewegen oder zu rennen, hatte ich sowieso nicht.
Es sollte glaubwürdig rüberkommen, weswegen ich mich näher ans Feuer heran stellte. Es wurde heißer und heißer, ich spürte mein Gesicht rot werden und eine grau-schwarze Schicht bildete sich allmählich auf meiner Haut. Mein Atem kam stoßweise und es war nur noch ein heiseres Keuchen.
Nach ein paar Minuten entfernte ich mich wieder vom Feuer und verteilte stattdessen ein wenig Erde an meiner Kleidung, meinem Gesicht und meinen Händen. So musste es schon realistischer rüberkommen. Jetzt musste ich mich nur noch an einen Baum setzen, der nicht zu nahe am Grab war und warten. Warten bis sie kamen und mich abholten, mich in Fesseln schälten und in Zellen einsperrten...
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𝚃𝚛𝚞𝚝𝚑 𝚘𝚛 𝗗𝗮𝗿𝗲
Mistero / Thriller~ Er trat gefährlich nah an mich heran und packte mich an der Kehle. Ich keuchte und meine Atemwege wurden durch seinen festen Griff behindert. Trotzdem ließ ich mich nicht einschüchtern, sondern starrte ihn nur zornig an. „Nur, dass das klar ist S...