Der Schuss

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Grace POV:
( Zur selben Zeit )
Kurz nachdem Jay abends weg fuhr, um irgendwelche Erledigungen zu machen, bekam ich eine neue Email mit Aufgaben für diese Woche.

Deine Aufgabe für diese Woche:
Du wirst entweder deine Großmutter oder ein Kleinkind deiner Wahl ermorden. Ich hoffe, du hast viel Spaß dabei und bin gespannt, was für eine Wahl du triffst.

Haha. Dass ich nicht lachte.
Dachte dieses gestörte Monster ernsthaft, ich würde einen MENSCHEN töten, nur weil er, als kranker Psycho mir das befahl? Dachte er das wirklich? Obwohl es alles andere als lustig war, konnte ich mir ein Lachen nicht verkneifen. Irgendwas musste in seinem Gehirn verdammt schief gelaufen sein. Das erste Mal seit er uns seine schmackhaften Pflichten verteilte, fühlte ich mich dazu gezwungen, ihm zurück zu schreiben und das tat ich dann auch.
Ich schrieb ihm, dass ich diese Aufgabe niemals erledigen würde, selbst wenn ich dafür sterben müsste. Außerdem bekam er noch einige - oder vielleicht auch ein paar mehr - Beleidigungen von mir zu hören.

Unachtsam warf ich mein Handy beiseite und entschloss mich kurzzeitig dafür, zu Madison an den See zu fahren, in der Hoffnung, dass sie diese Nacht dort war und nicht bei ihrem Kumpel. Sie hatte eine entspannende Wirkung auf mich und war bei jeder Angelegenheit eine Art Ruhepol, was ich sehr an ihr schätzte.

Es war inzwischen 24 Uhr, weswegen ich mich leise aus dem Zimmer schlich, nach einer dicken Winterjacke langte und mich in das eisige Schneegestöber wagte. Das Fahrradfahren würde wohl heute nicht so leicht werden, denn der Boden war gefroren und dadurch sehr rutschig.

Jetzt schon vollkommen eingefroren schnappte ich mir mein Rad und begann zu fahren. Oder sollte ich eher schlittern sagen? Besonders in den Kurven war es schwer die Kontrolle zu behalten und ich hätte mich zweimal beinahe auf die Schnauze gelegt.

Komischerweise kam ich tatsächlich unversehrt beim See an. Ich ließ mein Fahrrad auf den Boden fallen und schlenderte durch den Schnee zwischen Bäumen hindurch Richtung Wasser, wo wir uns immer trafen. Der Himmel war graubewölkt und man sah bloß die dicken Schneeflocken, die sich den Weg auf den Boden bahnten. Wie Madison mir erklärt hatte, versuchte ich die Kälte abzuschalten, doch ich konnte es noch nicht. Sie drang in mich hinein und bohrte sich durch jede Pore meines Körpers.

Nun stand ich da, an unserem Ort am See. Es war totenstill. Das Wasser war nur leicht vereist, gerade mal eine Ameise könnte darüber laufen, ohne einzukrachen.
Madison war zu meiner Enttäuschung nirgends zu sehen und wie ich hier so stand, spürte ich die Sehnsucht nach ihr. Ich wollte ihre positive, herzliche Art und ihre Wärme in meiner Nähe spüren.
Gerade wollte ich mich wieder auf den Weg nachhause machen, da hörte ich ein Rascheln hinter mir, im nächsten Moment eine Stimme, die mir bekannt vorkam. Sofort schlug mein Herz schneller.

„Bitte, bitte tun sie mir nichts", ihre Stimme war flehend und leicht zitternd.

Verwirrt drehte ich mich um. „Hey, ich bin's nur. Ist alles okay?", fragte ich.

„Oh Gott, Grace. Du musst hier ganz schnell verschwinden! Er will uns beide kriegen. Na los, renn solange du noch kannst", wisperte Madison aufdringlich.

„ER?", ich schluckte hart. Das durfte nicht wahr sein. Wenn er mir etwas antat, in Ordnung, aber Madison...Wenn er ihr auch nur ein Haar krümmte, würde ich ihn töten.

„Er trägt so einen dunklen Ganzkörperanzug und - und er hat eine Waffe. Er ist hier in der Nähe. Ich flehe dich an, RENN!"

„Niemals werde ich dich mit dem kranken Psycho alleine lassen", flüsterte ich so, dass sie nicht widersprechen konnte und hockte mich neben sie hinters Gebüsch. „Wo hast du ihn das letzte Mal gesehen?"

𝚃𝚛𝚞𝚝𝚑 𝚘𝚛 𝗗𝗮𝗿𝗲Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt