Sieben

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Chloé

Meine Erinnerungen an die gestrige Nacht waren verschwommen und ziemlich verwirrend. Ich wusste nicht mehr was passiert war. Noch nicht mal was Wirklichkeit und was nur eine Illusion war. Das letzte an was ich mich deutlich erinnern konnte war, dass ich mit Ava im Westlight saß. Danach war alles nur noch unklar. Am Morgen wachte ich in einer gewohnten Umgebung auf. Es war Masons Stimme die mich letztendlich aufwecken ließ. Doch ich konnte einfach nicht aufstehen. Mir fehlte die Kraft, mir war übel und ich wollte mich nicht der Blamage stellen. Zumal ich nicht wusste, was ich gestern Nacht hier getrieben hatte. Doch ich wusste auch, dass Mason nie meine Situation ausnutzen würde. Also konnte mein Auftritt nur peinlich gewesen sein. Außerdem nervte Mason in der Früh schon. Vielleicht war es auch Selbstschutz, damit ich mich dem nicht stellen musste. Ich war zickig zu ihm, auch weil ich mich -eigentlich nur- über mich selbst ärgerte. Obwohl er sich um mich kümmerte, war ich abweisend und egoistisch. Doch das war mir lieber als, dass er sich zu sehr Sorgen machte. Zudem hatte ich die Prüfung ganz vergessen. In meinem Zustand konnte ich einfach keine Prüfung schreiben, das würde nach hinten losgehen. Ich wollte einfach nur hier liegen. Den ganzen Tag niemanden sehen, nichts tun und schlafen, eingehüllt in Masons Duft. Es war einfach alles zu viel für mich. Ich bereute diese Pillen zu mir genommen zu haben. Auch weil ich mich an nichts mehr erinnern konnte und mich schlecht fühlte. Doch da Mason nicht nachgab und ziemlich beharrlich darauf bestand, dass ich jetzt aufstand um zur Schule zu fahren gab ich dem nach. Ich zwang mich aufzustehen, mein ganzer Körper fühlte sich schwer an. Meine Beine waren wie Blei, doch irgendwie schaffte ich es mit den Klamotten, die er mir hingelegt hatte ins Bad. Ich stand vor dem Waschbecken und band meine Haare irgendwie zusammen. Dann wusch ich mir schnell das Gesicht. Und ein Blick in den Spiegel verriet mir, dass ich genauso aussah wie ich mich fühlte. Normalerweise war das anders, doch heute scherte ich mich nicht wirklich darum. Also nahm ich die weiße Bluse in die Hand und zog sie über Masons Shirt. Anstatt es auszuziehen, behielt ich es an. Es roch sogar noch nach ihm. Ich konnte mich einfach nicht davon trennen, irgendwie gab es mir Halt. Ich knöpfte die Bluse bis oben zu, zog den Rock an und steckte das Shirt in den Bund. Und auf einmal fielen mir alltägliche Kleinigkeiten schwer. Es kostete mich alle Kraft, ich fühlte mich wie ausgebrannt. Und nicht weil die letzten Wochen so anstrengend waren.  Doch für einen Moment konnte ich meinen Schmerz und die Sorgen ausblenden. Ich musste einfach mal nichts spüren, außer Glück und Freude. Da bezahlte ich jetzt den Preis dafür.
Als ich fertig war und bei Mason ankam drückte er mir eine Schmerztablette, sowie eine Flasche Wasser in die Hand, die ich sofort leer trank. Mein Mund war ziemlich ausgetrocknet gewesen. Zusammen verließen wir die Wohnung, fuhren mit dem Aufzug in die Tiefgarage und stiegen auf den Rücksitz seines Autos. Dort wurde ich mit Essen und einem Iced Caramel Macchiato empfangen. Auch wenn mir übel war, fing ich an zu essen. Denn Masons Blicke die er mir immer wieder -wenn er von seinem Handy aufschaute- zuwarf, entgingen mir nicht. Ich wollte nicht noch eine Diskussion mit ihm starten. Die restliche Fahrt verbrachte ich damit, schweigend aus dem Fenster zu starren. Und versuchte dabei mich nicht zu übergeben. Im Schulgebäude trennten sich unsere Wege. Und sofort fühlte ich mich noch leerer als zuvor. Selbst das Gehen fiel mir schwerer, wahrscheinlich war das alles nur Einbildung. Da ich keinen Plan hatte folgte ich einfach Mitschülern aus meinem Kurs und stellte mich in die Reihe. Schneller als gedacht ging ich in den Raum, an meinem Platz und starrte vor mich hin. Ich fühlte so gut wie gar nichts. Eigentlich hätte ich aufgeregt sein müssen, stattdessen fühlte ich einfach nur die Leere in mir drin. Und die Sehnsucht nach Mason. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor bis alle auf ihren Plätzen saßen, der Lehrer die Blätter verteilte und wir anfangen konnten. Ich blickte auf das weiße Blatt mit den Fragen, die Buchstaben verschwammen ineinander. Ich musste mehrmals blinzen bis ich die Frage verstand und hatte trotzdem keinen Plan. Als hätte ich sowas noch nie zuvor gesehen. Immer wieder las ich die Fragen, doch der Inhalt kam nicht bei mir an. Trotzdem versuchte ich mich so gut es ging zu konzentrieren und nicht nur die Fragen anzustarren.

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