Zwei

26 2 0
                                    

Chloé

"Goodwell" hörte ich  wie jemand mich rief, als ich das große Wohnzimmer durchquerte. Die Stimme übertönte den lauten Bass. Sarah und ich waren schon seit über einer Stunde auf der Houseparty. Wir befanden uns in einer pompösen Stadtvilla, östlich vom Central Park. Obwohl ich noch nicht mal sicher war, wer eigentlich genau die Party schmiss war die Stimmung super. Ich war gerade dabei uns Nachschub zu holen und hatte beide Hände voll. Doch als ich meinen Namen hörte, hielt ich inne und schaute mich im dunklen Raum um. Das Licht war gedimmt. Doch ich musste  nicht mal lange suchen. Travis, der gerade von der opulenten Couch aufstand, grinste mich an und kam auf mich zu. "Travis Bones, hi." begrüßte ich ihn lächelnd. Ehe ich reagieren konnte, zog er mich in eine stürmische Umarmung. So wie er es immer bei mir tat. Etwas überrumpelt schlang ich meine Arme um seinen Oberkörper. Travis roch nach Alkohol, seinem After- Shave und wie immer nach Gras. Doch innerlich war ich ziemlich erleichtert über seine Reaktion. Denn seit der Trennung zwischen Mason und mir, haben wir beide uns nicht wirklich gesehen oder gar miteinander gesprochen. Ich mochte Travis gerne, er war auch einer meiner besten Freunde und anscheinend hatte sich auch nichts zwischen uns geändert- was mich ehrlich gesagt auch gewundert hätte. Als wir uns voneinander lösten, gab er mir noch einen Schmatzer auf die Wange. "Alles fresh?" fragte er mich grinsend. Da er über eins-  neunzig groß war musste ich meinen Kopf heben um mein Gegenüber anzusehen. "Ich freu mich dich zu sehen." erwiderte ich stattdessen. "Und ich erst Kleines. Voll boring und scheiße ohne dich in den Pausen..." Es wirkte als ob Travis noch etwas erwidern wollte, sich aber doch dagegen entschied und schwieg. Stattdessen schnappte er sich einen Becher aus meiner Hand und trank daraus. "Ey, der war für Sarah." beschwerte ich mich und gab ihm einen Klaps auf den Bauch. "Deine Busenfreundin wird es verkraften. Komm chill mit uns." lud er mich ein und zog prompt an meinem Arm. Ich folgte ihm zum Sofa und ließ meinen Blick über die Leute schweifen. Kurz pochte mein Herz lauter und schneller als gewollt. Er saß mit seinen Kumpels und einigen Mädchen zusammen. Die meisten hier kannte ich vom Sehen aus der Schule. Doch zum Glück war von Mason keine Spur. Beruhigt ließ ich mich neben Travis fallen.
"Also was geht da zwischen Kingston und dir?" brach Travis nach wenigen Momenten das Schweigen zwischen uns. Überrascht schaute ich ihn an. "Hm?" "Er hat nicht wirklich mit mir darüber gequatscht, ich weiß nur, dass es zwischen euch beiden aus ist. Aber mehr nicht. Seitdem ist er total weird drauf." fuhr er fort und schaute mich bekümmert mit seinen braunen Augen an. "Es ist kompliziert zwischen uns, Travis. Ich, ich. Sorry aber ich kann darüber nicht reden." stammelte ich vor mir hin und merkte, dass meine Stimme brüchig wurde. Die Tränen schossen in meine Augen. "Alles easy, Babe. Ich wollte dir nicht die Stimmung versauen, sorry. Eigentlich quatschen wir auch nie darüber, aber ich merke wie sehr es Maon beschäftig. Ich bin sein bester Bro, ich würde ihn gerne helfen. Aber ich weiß nicht wie. Wenn wir zusammen was starten, versteckt er sich hinter Alkohol und Joints oder wir trainieren zusammen. Aber ich weiß, dass hinter seiner Fassade mehr steckt. Wie es aussieht. Er versucht es mit Humor zu verstecken, aber ich weiß dass es ihm beschissen geht." offenbarte mir Masons bester Freund. Er schien sich wirklich Sorgen zu machen. Nachdenklich schaute ich auf den Boden. Natürlich habe ich mich gefragt wie es Mason wohl gehen würde, was er machen würde und sogar überlegt ihm zu schreiben. Ich fragte mich, ob er genauso an mich dachte wie ich an ihn. Ob Mason auch nicht schlafen konnte oder an unsere schönen Erinnerungen denken würde. An das Date im Freizeitpark. Ich malte mir unsere Zukunft aus, wie es wohl wäre wenn wir zusammengeblieben wären. Wie es wohl ohne die Fake- Beziehung zwischen ihm und Jena sein würde. Doch ich hatte mir nie wirklich richtig Gedanken darüber gemacht, dass Mason genauso leiden würde wie ich. Wie sehr ihn das verletzt haben muss. Nie nachgedacht wie es ihm wohl geht- egoistisch ich weiß. Zu sehr war ich mit meine eigenem Schmerz beschäftigt, tat ich mir selber leid. Erst jetzt wurde mir klar wie sehr auch darunter litt. Ich wusste, dass Travis einen Rat wollte doch ich war auch ratlos. "Gib ihm Zeit, wahrscheinlich frisst er gerade alles in sich rein. Sei für ihn da wenn er sich öffnen möchte, aber zeig ihm das du da bist." war das beste was mir einfiel. Ich sah, dass auch Travis es nicht leicht hatte mit der Situation umzugehen. "Danke, du bist wahrscheinlich die niceste Ex- Freundin." meinte Travis zu mir und lächelte mich an. "Da bin ich mir nicht so sicher." erwiderte ich nur und wir fingen an zu lachen. "Aber jetzt zu dir, wer ist dein Match des Abends?" wollte ich von Travis wissen, ich wollte ablenken. "Woher willst du wissen, dass ich schon jemanden gefunden hab." "Ich kenn dich doch, Bones." grinste ich kess. Und Travis lachte erneut. "Okay, du hast es so gewollt." währenddessen zog er sein Handy aus der Hosentasche und öffnete eine Dating- App. "Tinder dein Ernst?" fragte ich ihn lachend. "Klar, solltest du auch mal versuchen Kleines. Die Typen da sind gar nicht so ugly." antwortete er mir. "Ne lass mal." erwiderte ich nur lachend. "Uh, Girl dann verpasst du was. Die sind ganz schön hot." mit diesem Satz hielt er mir sein Handy unter die Nase. Nicht wie erwartet sah ich Bilder von einem Mädchen, sondern einem ziemlich gutaussenden Typen. "Ja, der ist hot. Aber ich dachte du stehst mehr so auf Frauen?" fragte ich ihn leicht verdutzt. "Just sayin, Chloé. Bisschen Abwechselung muss auch mal sein. Später kommt er. Und wie er kommen wird." teilte er mir lachend stolz mit und ich stimmte mit ein. Und schon hatte Travis mich auf andere Gedanken gebracht. Ich liebte seine lockere Art, den Humor, das Leben und sich nicht ernst zu nehmen und sich trotzdem um seine Liebsten zu kümmern. Er war loyal ja, ging aber nie was festes ein. Ich war, froh ihn in Masons Leben als besten Freund zu wissen. Auf jemanden auf den Verlass war. "Dann viel Spaß euch beiden. Ruf mich an wenn es ein Stalker ist und ich rette dich." erwiderte ich immer noch lachend. "Darauf kannst du dich verlassen." antwortete er. Und vor lauter Lachen und Quatschen mit Travis, hatte ich Sarah ganz vergessen. "Ich muss los, Sarah wartet auf ihren Drink. Wir sehen uns Travis." verabschiedete ich mich. Bevor ich aufstand, beugte ich mich zu ihm rüber um Halt zu finden, legte ich meine Hand auf Travis Oberschenkel und küsste seine Wange. "Danke für deine Zeit und die Ablenkung." mit diesen Worten stand ich auf. "Bye, Babes." verabschiedete mein Gegenüber sich von mir, hielt mir die Hand hin und gab mir High Five. Ehe ich den Raum verließ, bediente ich mich noch an der Bar und nahm zwei volle Becher mit hellbrauner Flüssigkeit mit. Auch wenn ich nicht genau wusste was drin war, es wird schon schmecken. Ich drehte mich um und spürte schon seinen Blick auf mir. Masons braune Augen zogen mich in den Bann. Es war nur eine Frage der Zeit bis er hier auftauchen würde. Er stand keine fünf Meter von mir, gegenüber von der Couch auf der ich eben noch neben Travis saß. Sein bester Freund unterhielt sich mit ihm. Obwohl Jen ihn umschlang, starrte er nur mich an. Trotz der Entfernung sah ich, dass seine Augen kühl waren.  Ich war wie erstarrt und hielt den Blick stand. Schaute in seinen braunen Augen. Trotz der Entfernung spürte ich die Spannung zwischen uns. Sie war so vertraut und doch unheimlich. Wir benahmen uns wie Fremde, noch schlimmer wie Bekannte. Am liebsten wollte ich mich in seine Arme werfen, meinen Kopf an Masons Brust vergraben und einfach seine vertraute Nähe spüren. Doch im nächsten Moment bewegten sich meine Beine wie von selbst, ich musste einfach raus aus der Situation. Raus aus dem Raum, bevor meine Gefühle mich übermannten. Jetzt konnte ich sie noch einigermaßen in Schach halten. Doch je desto länger ich hier blieb, desto schwieriger war es die Fassung zu bewahren. Ohne auf meine Umgebung zu achten, irrte ich durch das Haus. Ich merkte noch nicht mal wer mir entgegen kam, ob ich jemanden anrempelte. Bis ich in das Zimmer kam in das sich auch Sarah befand. Ich wusste noch nicht mal ob wir uns oben oder unten befanden. "Hey, Chloé da bist du ja endlich." begrüßte sie mich lächelnd, es war kein Vorwurf trotzdem schaute sie mich vielsagend an. Checkte ob es mir gut ging. "Ich habe noch Travis getroffen." erwiderte ich gedankenverloren und reichte ihr, ihren Becher in die Hand. Augenblicklich hob ich den Arm mit meinem Becher, führte ihn zu meinem Mund und trank hastig daraus. In einem Zug.  Der Alkohol kribbelte in meinem Rachen, doch ich lechzte nach mehr. Ich brauchte mehr.

Manhattan SecretsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt