Chloé
"Zur Zeit bin ich leider nicht zu erreichen. Bei wichtigen.." Mailbox. Immer wieder und wieder war da nur die Mailbox. Während ich ziellos durch die Stadt lief versuchte ich unterbrochen ihn zu erreichen. Ich hatte schon längst aufgehört meine fehlgeschlagene Versuche zu zählen. Dabei war mir die Zeitverschiebung völlig egal. Jedoch wollte ich ihn doch nur sprechen, seine Stimme hören und wissen, dass zwischen uns alles in Ordnung war. Als ich es endlich leid war, wählte ich eine andere Nummer. "Chloé." meldete sich mein Bruder nach kurzem Klingeln auf der anderen Seite. Statt einer Antwort schluchzte ich ins Handy. Ich hatte gar nicht mitbekommen wie aufgelöst ich war. "Hey, alles gut?" fragte Brad mich besorgt. Ich antwortete nicht. "Chloé." hakte er nach. "Vergiss es." meinte ich nur schwer atmend in das Handy. Meine Beine liefen weiter und immer weiter. Ich konnte nicht anhalten, egal wie weh meine Lunge tat. Ich untersagte es mir einen Schmerz zu spüren. Trotzdem fühlte es sich an als würde ich nicht genug Luft kriegen. Die Umgebung, die Menschen um mich herum hatte ich komplett ausgeblendet. Die Menschen waren gesichtslos. Niemand unternahm auch den Versuch mich aufzuhalten. "Nein, sprich mit mir. Warum hast du mich angerufen?" hörte ich ihn sagen, bevor ich auflegen konnte. "Ich möchte dir doch helfen.." "Weißt du es?" unterbrach ich ihn scharf. Endlich blieb ich stehen, endlich erlaubte ich mir den Schmerz in der Lunge, an meinem ganzen Körper zu spüren. Den Verrat zu spüren. Tränen rollten mir die Wange hinunter. "Hat sie es dir gesagt?" meine Stimme klang hysterischer und höher als gewollt. "Was, was hat sie mir gesagt?" wollte Brad von mir wissen. Dabei klang er so ruhig. Zu ruhig. Als wäre ich eine tickende Zeitbombe und würde explodieren, wenn er etwas falsches sagen würde. "Unsere Mutter." spuckte ich ihren Namen verabscheuend aus. "Ihr Psychospiel. Der verfickte Deal mit der verdammten fake Beziehung." Auf der anderen Seite der Leitung blieb es still, im Hintergrund hörte ich Menschen miteinander sprechen. Die Stimmen verschwanden aber wieder. Ich hörte Vögel zwitschern. "Brad?" hakte ich ungeduldig nach. "Chloé, ich bin auf dem Weg zur nächsten Vorlesung. Ich ruf dich spä.." "Nein!" unterbrach ich ihn erneut. Ich wollte mich so schnell nicht abwimmeln lassen. "Beantworte mir einfach meine scheiß Frage. Wusstest du davon?" zischte ich ihn an. "Ja." gab er schließlich zu und mir stockte der Atmen. "Ah." kommentierte ich es."Und Dad? Weiß er es?" wollte ich von ihm wissen, was der eigentliche Grund war warum ich überhaupt erst versucht hatte ihn zu erreichen. Doch das wurde mir erst jetzt bewusst. "Ich weiß es nicht. Aber ich vermute es. Vielleicht ist es aber auch nur so ein Alleingang von Mum." "Dann bist du also auf ihrer Seite." mutmaßte ich. Nun ist es schon so weit gekommen, dass selbst mein Bruder sich von mir abgewandt hatte. "Hier gibt es keine Seiten, Chloé. Du weißt, dass ich immer zu dir halte. Ich bin auch kein Fan von ihrer Idee glaub mir. Aber du hast keine Wahl, du wirst den Deal eingehen müssen. Ich habe deinen Vertrag überprüft und überprüfen lassen. Sie hat Recht." erklärte er mir diplomatisch. Ganz der Verteidiger. Das war mal wieder typisch Brad, er wollte Harmonie und bloß kein Streit. "Ach ja? Kein Fan von der Idee? Warum hast du nichts dagegen unternommen? Soll ich mich von meiner eigenen Mutter wie ein Vieh verkaufen lassen?" beschuldigte ich Brad, weil es einfacher war jemand anderen die Schuld zu zuschieben, statt selbst Verantwortung zu übernehmen. "Chloé, so ist es nicht." versuchte er mich zu beruhigen. "Ich habe es doch versucht, wiederholt habe ich auf Mum eingeredet doch ohne Erfolg. Glaub mir, ich finde das auch beschissen. Aber in ein paar Monaten oder Wochen wird es vorbei sein. Vielleicht ist das eine Chance um endlich mal zur Ruhe zu kommen. Um endlich deinen Ballast loszuwerden. Du weißt, dass ich immer zu dir stehe und dich unterstütze. Aber ich merke, das du im Moment immer mehr abrutscht. Die Partys, die Drogen und das mit Shawn. Du dich immer weiter abschottest. Gönn dir eine Pause von dem ganzen Drama. Vor allem von Mason. Lass ihn los." sprach Brad die unschönen Worte aus, die ich nicht hören wollte. Im Grunde wusste ich es, doch verschloss immer die Augen davor. Statt seine Worte anzunehmen, schoss ich zurück. Ich wollte das nicht hören und erst Recht nicht wahrhaben. "Du hast keine Ahnung worüber du da redest. Du weißt nicht was zwischen Mason und mir zuletzt passiert ist. Also halt dich daraus! Halt dich verdammt nochmal aus meinem Leben raus!" schrie ich ihn fast wütend an. Dabei kümmerte es mich recht wenig, dass ich mitten von etlichen Fußgänger auf dem Gehweg stand. Wahrscheinlich den ein oder anderen Blick zugeworfen bekam. Doch das bekam ich schon gar nicht mit. "Nein habe ich nicht, aber ich sorge mich um dich. Du hast dich verändert, aber anscheinend möchtest du die Hilfe von den Menschen nicht die dich lieben. Sarah hat Recht. Pass nur auf die Menschen auf die am Ende übrig bleibt, wenn du am Boden bist. Ava und Shawn werden es nicht sein." "Dann brauch ich ja nicht mit dir rechnen. Und weil deine Beziehung ja so perfekt ist." schlug ich zurück. "Chloé.." doch ich schnitt ihm das Wort ab, indem ich einfach auflegte. Damit habe ich noch einem Menschen wehgetan, dem ich wichtig war. Der Kreis wurde immer kleiner. Obwohl ich es nicht wollte, verteilte ich Schläge. Doch ich konnte einfach nicht anders. Sonst würde es zu sehr weh tun, wenn sie irgendwann mich verlassen würden. Also nahm ich es ihnen vorweg, verhielt mich einfach nur unfair und schrecklich ihnen gegenüber. All das um den tiefen Schmerz zu entgehen. Ich verkraftete es nicht verlassen zu werden, nicht nochmal. Lieber brach ich den Kontakt. Trotzdem tat es so verdammt weh. Das hinterhältige Verhalten meiner Mutter, immer die unerwünschte Tochter zu sein. Nie genug zu sein. Den Menschen, die ich am meisten liebte den Rücken zu zukehren. Doch Brad hatte Recht, ich fiel immer tiefer. Wenn ich jetzt nicht die Reißleine riss, würde ich alle mit mir in den Abgrund ziehen. Die etlichen Menschen, die an mir vorbeigingen verschwammen langsam. Ich wollte es nicht, doch die Tränen ließen sich nicht mehr aufhalten. Dieses Gefühl verschwand einfach nicht mehr. Meine Beine waren kurz davor nachzugeben. Ich drohte zusammen zufallen. Kurz war der Impuls da einfach nachzugeben. Stattdessen wischte ich mir die Tränen mit dem Handrücken beiseite und stolzierte weiter.
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Manhattan Secrets
Teen FictionNach einem turbulenten halben Jahr Beziehung trennen Chloé und Mason sich schweren Herzens. Zwischen den beiden kriselte es zunehmend. Nicht nur das verheimlichen des plötzlichen Auftauchens von Chloés ehemals BFF Ava stand den beiden im Weg. Sonder...