Zwölf

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Chloé

Langsam öffnete ich meine verschlafenen Augen. Um mich herum war es dunkel. Nicht mal ein Lichtstrahl kam durch das Zimmer. Ich wusste nicht mal wie spät es war, ob es Tag oder Nacht war. Denn ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Doch Dank Masons Anwesenheit hatte mich schon so gut wie schon lange nicht mehr geschlafen. Ihn in meiner Nähe zu Wissen, seine Hände auf meinen Körper zu spüren und seine bloße Anwesenheit ließ mich durchschlafen. Trotzdem war ich nicht wirklich erholt. Kein Wunder nach letzter Nacht. Das zwischen uns war einfach unglaublich gewesen, genau das was ich gebraucht hatte. Es war wie vor der Trennung, so wie früher. Seit langem hatte ich mich wieder richtig lebendig, heiß und vor allem von Mason begehrt gefühlt. Wahrscheinlich trug das Koks auch seinen Teil bei, ich hatte alles so viel intensiver gespürt. Dabei musste ich an die alten Zeiten denken. Eigentlich sollte ich Luftsprünge machen, die Euphorie spüren. Schließlich war das die beste Nacht, der heißteste Sex seit langer Zeit. Seit langem war ich Mason wirklich nahe gewesen, konnte ihn berühren, ihn spüren. Stattdessen war da schon wieder diese Leere in mir, ich fühlte mich einfach ausgelaugt, irgendwie auch einsam und fast schon traurig. Ich fühlte mich verloren, verloren in mir selbst. Und es gab kein Entkommen, ich konnte dem nicht entfliehen. Ich konnte mir nicht entfliehen. Dieses Gefühl konnte ich gar nicht beschreiben. Gerade jetzt brauchte ich ihn noch mehr. Doch als ich mich umdrehte und auf die andere Seite rollte musste ich enttäuscht feststellen, dass die Seite neben mir leer war. Mason war weg. Und ich war alleine. Als ich tief einatmete, schluchzte ich unwillkürlich auf. Mein Herz stoppte für einen Moment, bevor es wieder anfing schnell zu schlagen. Eigentlich hatte ich es schon befürchtet, ich spürte seine Nähe sofort. Doch da war nichts. Wieder war da dieses dumpfe Gefühl, ich war fast schon ängstlich er wäre abgehauen. Was ist wenn er zu Jen geflohen ist? Für Mason war ich nur Ballast. Wahrscheinlich war das gestern nur aus Mitleid. Ich kannte ihn, Mason würde alles für mich tun und würde mich nie heftig vor den Kopf stoßen. Trotzdem bekam ich Panik. Ich wusste auch nicht woher das auf einmal her kam. Nun wurde ich ungeduldig und ich hielt es einfach hier nicht mehr aus. Ich musste wissen wo er war. Schnell warf ich die schwere Bettdecke zurück und stand auf. Dabei ignorierte ich die Kopfschmerzen, meinen flauen Magen und meine schweren Knochen. Anscheinend war ich zu schnell, denn mir wurde etwas schwindelig und ich musste mich an das Bett klammer um nicht umzukippen. Bei erneuten Versuch gelang es mir und ich tapste zunächst ins Bad. Meine Blase meldete sich.
Nachdem ich auf der Toilette war und erfolgreich den großen Spiegel ignoriert hatte, verließ ich das Schlafzimmer mit dem angrenzenden Badezimmer. Sobald ich den dunklen Raum verließ und die Tür öffnete kam mir der erste Lichtstrahl entgegen. Sofort kniff ich die Augen zusammen. Als ich mich an die Sonne, die durch den Flur schien gewöhnt hatte ging ich weiter. Meine Füße trugen mich zunächst in die Küche. Doch auch hier war von Mason keine Spur. Trotzdem ging ich zum Kühlschrank und holte mir eine Flasche Wasser raus, nachdem ich sie geöffnet und einige Schlucke draus getrunken hatte, bewegte ich mich weiter. Dabei lauschte ich einem Geräusch. Deutlich hörte ich wie die Stangen der Hantelbank immer wieder klapperten. Ich folgte dem Geräusch, es kam aus Masons Home Gym. Im Türrahmen blieb ich stehen. Wieder machte mein Herz einen Aussetzer. In meinem Bauch kribbelte es. Gleichzeitig konnte ich mir ein kleines Lächeln nicht verkneifen. Denn erleichtert stellte ich fest, dass Mason hier war und trainierte. Für einige Momente beobachtete ich ihn. Ledig in Sportshorts lag Mason auf der Langhantelbank und stemmte seine Gewichte. Dabei hatte er fette Kopfhörer auf den Ohren und schnaufte ab und zu angestrengt. Der Schweiß lief ihm nur so von der Stirn und Oberkörper. Von hier aus hatte ich die perfekte Sicht auf seinen trainierten Body. Und jetzt wurde mir erst wieder bewusst, wie durchtrainiert er war. Man sah deutlich sein Six Pack, aber auch die breiten Oberarme. Gleichzeitig wirkte er so dünn, irgendwie nicht mehr so kantig wie früher. An Mason war kaum noch ein Gramm Fett dran. Er war definitiv trainierter als noch vor ein paar Monaten. Ich erwischte mich dabei, wie ich starrend auf meine Unterlippe biss. Dabei fragte ich mich warum es eigentlich so heiß und faszinierend war ihm beim Sport zu zuschauen? Dabei war es doch eigentlich alles andere als anziehend jemand schwitzen zu sehen. Automatisch lenkten meine Beine mich zu Mason. Doch er war so konzentriert in seine Übung, dass er mich gar nicht beachtete. Auch nicht als ich unmittelbar vor ihm stand. Erst als ich Mason einen Kuss auf die Wange drückte, hielt er in seiner Bewegung inne und schaute mich erstaunt mit großen Augen an. Umgehend hing er die Hantel über sich, setzte sich auf und nahm die Kopfhörer von seinen Ohren. "Hey." meinte er atemlos, schnappte sich die Wasserflasche aus meiner Hand und machte sie in ein paar Zügen leer. "Hey du." erwiderte ich und grinste dabei dümmlich. Ich machte einen Schritt auf ihn zu und setzte mich auf das Ende der Hantelbank. "Wie geht's dir? Gut geschlafen?" hakte er nach und schaute mich nur kurz an, starrte dann aber in die andere Richtung. "Jetzt geht es mir gut, Darling." sagte ich ehrlich und streckte meine Hand aus. Mit meinen Fingern fuhr ich über seine gerötete Wange. Während ich das tat atmete Mason hörbar aus und schloss die Augen. Als wäre meine Berührung eine Qual. "Schön." war sein einziger Kommentar. Ich ließ Hand sinken und schaute an seinem freien Oberkörper runter. "Warum bist du so motiviert? Ich dachte wir verbringen den Tag im Bett?" wollte ich die Stimmung zwischen uns Auflockern, doch es brachte nicht den gewünschten Effekt. "Ich muss einfach meinen Kopf freibekommen." "Da gibt es auch andere Lösungen dafür." flüsterte ich ihm zu und kam Mason immer näher. Letztendlich setzte ich mich rittlings auf seinen Schoß. Mit meinen Händen fuhr ich durch seine Haare, dann berührte ich seine Brust. Wieder stieß Mason die Luft aus. "Chloé.." auch seine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern, doch es klang nicht erregt. Eher im Gegenteil, ziemlich genervt. Sein Blick war gesenkt. Doch ich gab nicht auf. Meine Lippen fuhren an sein Ohr. "Ich glaube wir beide haben eine Dusche nötig." dabei versuchte ich so verführerisch zu klingen. Ich wollte meine Unsicherheit überspielen. Als meine Lippen sein Ohr trafen und seinen Hals runterwanderten, stöhnte Mason auf. Doch im nächsten Moment stieß er mich quasi von sich. "Chloé, verdammt lass den Scheiß doch mal!" machte er mich wütend an. Verdattert starrte ich ihn einfach an. Ich wollte Augenkontakt herstellen doch Mason schaute stur in eine andere Richtung. Unwillkürlich schossen mir sofort die Tränen in die Augen. Genau davor hatte ich solche Angst gehabt. Vor Masons Abweisung. Es war ein Zeichen, dass er mich nicht mehr wollte. Das er über mich hinweg war. Schon gestern Nacht musste ich ihn mehr oder weniger dazu nötigen. Auch wenn ich wusste, dass es ihm gefallen hatte, ging die ganze Sache von mir aus. Ich musste mich verdammt zurückhalten um nicht los zu weinen. Trotzdem konnte ich mir ein Schluchzen nicht verkneifen. Durch meine glasigen Augen konnte ich erkennen, dass Mason den Kopf hob und mich anschaute. "Wider ich dich so an, dass du nicht mehr mit mir schlafen möchtest?" fragte ich ihn und meine Stimme drohte zu brechen. Dabei ging es nicht um den Sex- nicht nur. Sondern um die Tatsache, dass Mason über mich hinweg war. Das er uns vergessen hatte, all das was wir zusammen hatten. Das wir nicht mehr wir waren. "Findest du mich so abstoßend?" hakte ich weiter nach. Mason lachte ironisch auf. Dabei schaute er mich immer noch nicht an. Seine Reaktion traf mich, es bestätigte nur meine Vermutung. Schließlich merkte ich wie die ersten Tränen meine Wange runterliefen, ich wollte sie aufhalten doch konnte es einfach nicht. Dazu war ich zu aufgewühlt. Immerhin spürte ich jetzt nicht mehr diese Leere in mir. "Was weil ich nicht mit dir schlafen wollte? Weil du auf irgendwelchen Drogen warst? Denkst du es macht mich geil, mit dir zu ficken wenn du zugedröhnt bist? Denkst du ich hab Bock darauf, dich ständig aus irgendwelchen Miseren zu retten?" Sein Tonfall war höhnisch. Er war sauer. Immer mehr Tränen liefen über mein Gesicht, ich sah nur noch verschwommen und ich schluchzte bitter auf. Immer wieder redete ich mir ein, dass Mason es nicht so meinte. Das seine Worte einfach nur daher gesagt waren, weil auch er verletzt war. Weil er sich von mir fernhalten wollte. Doch da war ich mir nicht so sicher. Es war nicht derjenige den ich seit der Kindheit kannte. Es war nicht mein Mason. Vielleicht hatte auch er sich verändert. "Jetzt mach bitte nicht so eine Szene aus allem, Chloé. Du bist nicht der Mittelpunkt der Erde." setzte er noch einen drauf. Masons Stimme klang ganz fremd. In ihr war kein Mitleid, sondern nur Ärger. Eigentlich hätte ich aufstehen und gehen sollen, doch ich konnte es nicht. Stattdessen blieb ich hier sitzen und heulte wie ein Elend. Es war erbärmlich.
"Schaust du deswegen immer weg? Nimmst mich noch nicht mal wahr und traust dich noch nicht mal mich anzusehen? Weil du keinen Bock mehr auf mich hast? Und du gestern bereust." fragte ich ihn, als ich mich nach ein paar Minuten ein wenig beruhigt hatte. Nachdem die ersten Tränen getrocknet waren. Ich musste es einfach wissen, ich wollte es aus Masons Mund hören. Während ich auf seine Reaktion wartete, senkte ich den Blick. Nun war die diejenige, die meinem gegenüber nicht in die Augen schauen konnte. Weil ich Angst vor der Antwort hatte. "Fuck, Chloé." stieß Mason laut aus, sodass ich erschrocken zusammenzuckte. Ohne den Kopf zu heben, rollten meine Augen hoch zu ihm. Er schaute zu mir runter und fuhr sich durch die Haare. "Du raffst es anscheinend echt nicht." fing er zu sprechen an und machte eine Pause. Für einen kurzen Moment erstarrte ich erneut. Was meinte er damit? Ehe ich weiter denken konnte, sprach er weiter. "Wenn ich dich nur anschaue, werde ich schwach. Dann kann ich an nichts anderes denken als dich zu berühren, in deiner Nähe zu sein und dich bei mir zu spüren. Alles andere ist vergessen, den ganzen Scheiß den wir erlebt haben. Shit. Aber ich kann das einfach nicht, dann werde ich rückfällig. Dann würde ich die Kontrolle verlieren. Ich ertrage es nicht in deiner Nähe zu sein, ohne dich nicht berühren oder gar küssen zu können. An mich zu ziehen und deinen Atmen auf meiner Haut zu spüren. Das zwischen uns ist falsch. Wir können nicht miteinander vögeln und so tun als wäre nichts gewesen. Und ja, ich bereue gestern Nacht." als ich die letzten Worte hörte, brach kurz eine Welt für mich zusammen. Somit wurden alle Zweifel bestätigt, Mason wollte das zwischen uns nicht mehr. Mein Herz zog sich zusammen und meine Kehle schnürte sich zu. "Wwwa.." krächzte ich kaum hörbar raus. Jetzt war Mason der, der einen Schritt auf mich zu machte. Er legte seinen Finger unter mein Kinn und es anhob. Ich schaute direkt in seine braunen Augen. Augen, die mit Ehrlichkeit und Schmerz gefüllt waren. "Aber nicht aus deinen bescheuerten Gründen. Sondern weil ich dich ausnutze, du bist nicht bei Verstand und ich möchte mit dir ficken. Ein bisschen krank oder?" "Aber ich wollte es doch auch." hatte ich meine Stimme wiedergefunden. Ich atmete erleichtert aus. Mason schüttelte den Kopf. "Trotzdem, können wir nicht so weiter machen. Das ist nicht richtig. Vielleicht ist das was du willst, aber nicht das was du brauchst." sprach Mason seine Gedanken aus. Dabei hatte er doch keine Ahnung was meine Bedürfnisse waren, ich brauchte ihn. Warum verstand er das einfach nicht? "Mason ich brauche dich, ohne dich fühle ich mich leer und einsam." "Aber ich kann dir nicht das geben was du wirklich brauchst. Und das weißt du. Deswegen haben wir uns getrennt." widersprach er mir, diesmal konnte ich deutlich den Schmerz in seiner Stimme hören. Ich wusste, dass er genauso fühlte wie ich. Doch brauchte ich diese Beziehung wirklich oder reichte er mir so? Es wurde immer schwerer Blickkontakt zu halten. In diese schmerzerfüllten Augen zu schauen, die das zeigten was tief in mir drin war. "Doch das reicht mir. Mason, ich möchte das und brauche dich. Und wenn es nur das ist was du mir geben kannst, ist das genug." meinte ich ohne darüber nachzudenken. Ich wollte ihn nicht verlieren. "Nein, tut es nicht." Mason sprach ruhig, aber bestimmt. Er schluckte um sich Zeit zu verschaffen. "Sonst wären wir jetzt nicht hier. Dann würdest du nicht diesen verfickten Scheiß nehmen. Du würdest nicht deine Freunde anlügen um mit Ava abzuhängen um dich in diese Welt zu flüchten. Ich sehe das in deinen Augen, jedes mal wenn wir in der Öffentlichkeit sind. Immer wenn du andere Pärchen siehst, die ihre Liebe offen zeigen können. Diese Sehnsucht. Der Blick, der mich killt weil ich genau weiß, dass ich dir genau das nicht geben kann. Du würdest ein Geheimnis bleiben." seine Worte trafen es genau auf den Punkt. Trotzdem wollte ich es nicht wahrhaben. Ich wollte nicht, dass es endet. Hörbar atmete ich tief ein, auch um ein Schluchzen zu unterdrücken. "Aber wir haben doch Spaß zusammen, wir harmonieren so gut. Das reicht mir. Ich brauche nur dich und deine Nähe. Verdammt Mason, warum glaubst du mir das nicht?" ich hörte mich verzweifelt an, weil ich verzweifelt bin. "Für den Moment vielleicht. Aber früher oder später werden wir uns gegenseitig verletzten, tun wir uns einander weh. Dafür haben wir viel zu viele Gefühle füreinander, kennen wir uns zu lange. Dann fängt das ganze Spiel von vorne an. Du weißt, die lockere Sex Geschichte wird bei uns kein gutes Ende nehmen." Jetzt war ich diejenige die den Kopf schüttelte, ich wollte das nicht wahrhaben. "Nein Mason, tu das nicht. Wir gehören zusammen. Ich kann damit umgehen. Mit Jen. Und allem..." "Chloé, ich liebe dich." Mason schaute mir direkt in die Augen und strich sanft eine Strähne hinter mein Ohr. Seine Worte waren ehrlich und gingen durch Mark und Knochen. Ich spürte eine Gänsehaut an meinem ganzen Körper. "Aber so tun wir einander nicht gut. Ich bin immer für dich da, aber wir sind nicht mehr zusammen und das hat auch einen Grund. So schmerzhaft das alles ist, sollten wir am besten Abstand zueinander halten. Ich kann nichts verhindern, aber ich kann dich nicht immer retten. Irgendwann wird es leichter, glaub mir" seine Worte hallten nach bis ich sie richtig verstanden hatte. Das fühlte sich wie eine zweite Trennung an. Ich räusperte mich. "Ich sollte mich fertig machen und gehen." erwiderte ich leise, ohne auf seine Worte einzugehen. "Ja, vielleicht solltest du das machen."

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