Irgendwann wurde mir die Situation dann so richtig bewusst... Denn als ich auf mein Handy schaute stand auf dem Display, dass es nur noch einen Prozent hatte und, dass es 3 Uhr nachts war...
Ja und ich, ich konnte einfach nicht einschlafen. Den ersten Versuch habe ich übrigens um ein Uhr gestartet. Aber gewundert hat mich das nicht. Schließlich hatte ich ja auch noch nie auf Pflastersteinen, geschweige denn unter einer Brücke geschlafen! Tja und zweitens hatte ich auch noch nie eine Überdosis Koks!
Grüße gehen raus an die Holländer, die rechts neben mir waren!Ach man, ey! Ich wollte das wirklich nicht glauben. Einfach, weil alles vor ein paar Wochen noch voll ok war. Ich bin zwar nicht glücklich, aber auch nicht wirklich traurig, gewesen. Es war einfach gut so, wie es war.
Ja das war es! Ich meine jede Frau träumt doch davon, berühmt zu sein, reiche Eltern zu haben und auch einen tollen Mann zu haben. Ja den gab es in meinem Leben nicht wirklich. Aber Markus ist ja, wie ihr wisst, auch kein Arschloch. Im Gegenteil! Er ist zu meinem ersten Freund geworden, also meinem ersten besten Freund. Wir verstehen uns auch heute noch großartig und hatten deswegen wahrscheinlich dennoch die schönste Zeit unseres Lebens. Aber dieses Gefühl war halt nicht da. Dieses Verliebtsein, also wenn man 24 7 das Gefühl hat schwanger zu sein und einfach nicht aufhören kann zu strahlen. Wenn ich so darüber nachdenke, konnte ich es echt kaum erwarten, endlich meinem Traummann zu begegnen. Ja, ich habe zu ihm gedanklich sogar: „Wo auch immer du bist, melde dich bitte ganz, ganz schnell. Denn ich kann es kaum erwarten, endlich in deine Arme zu springen!" gesagt. Ich wollte ihn halt wirklich kennenlernen!
Andererseits habe ich unter der Brücke aber auch gemerkt, dass das niemals wahr werden wird. Denn Träume bleiben Träume. Das hat meine Mutter mir schon immer gepredigt. Ja und in diesem Fall musste ich ihr leider echt Recht geben. Denn es war im Moment echt wichtiger, diese eine Nacht zu überleben. Ansonsten konnte ich ja auch keine Männer kennenlernen... Wobei das hätte ja sowieso nicht geklappt. Also das mit den Männern! Denn, wie ihr ja schon mitbekommen habt, sind Datingplattformen in meiner Situation nicht zielführend gewesen und auf der Straße hat mich noch niemand eines Blickes gewürdigt. Warum auch? Ich war ja die Emma Schreiber und lebte in einer der wohl berühmtesten Familien Deutschlands. Da wirst du nicht einfach so angesprochen. Hinter deinem Rücken wird getuschelt, du wirst fotografiert und manchmal von Rentnern angesprochen, die ein Zimmer buchen wollen. Ja mein Privatleben war echt nicht toll. Denn ich war fame und trotzdem irgendwie tabu...
Die beiden Hollis sind dann übrigens irgendwann auch mal gegangen. Ach ja und somit habe ich anscheinend doch keine Überdosis bekommen. Wobei, so weit wäre es wahrscheinlich sowieso nicht gekommen, aber möglich ist es bestimmt gewesen... Irgendwie vermisste ich die beiden dann aber auch... und ja ich geb's schon zu! Sind nicht die Typen gewesen, mit denen ich gerne abgehangen hätte, aber so ganz alleine unter der Brücke war es auch nicht so geil. Äh ja, das wundert euch jetzt wahrscheinlich nicht. Ich mein, wenn's geil wäre, dann würden wir ja alle unter einer Brücke pennen, oder nicht?...
Wie auch immer! Langsam aber sicher wurde ich auf jeden Fall müde. Wieviel Uhr es war, weiß ich leider nicht mehr. Aber ich glaube es war vier oder fünf. Mein Handy hatte mittlerweile auch schon den Geist aufgegeben und als ich den Koffer aufgemacht habe, habe ich auch keine zündende Idee bekommen. Mein Vater hatte mir nämlich echt nur das nötigste eingepackt. Zahnpasta, Zahnbürste und Duschgel. Ach ja, und eine Unterhose. Warum? Weil meinen Eltern selbstverständlich meine ganzen Klamotten gehörten. Ja, das ist kein Scherz! In der Highsociety wurde halt alles sehr strikt getrennt und auch sehr ernst genommen.
Mein Vater hat sogar mal die Zeitung verklagt, da wir die gleiche Zeitung, wie die Normalos, bekamen... Ja und jetzt bekommen wir deswegen sogar eine mit Goldrand. Ach und wisst ihr, was ich mich schon lange frage? Ob er sich mit dem Verkauf meiner Klamotten ein Auto kaufen konnte. Ok, klingt komisch. Aber ich finde halt das wäre echt lustig gewesen und wer hat schon Kleidung, die so viel, wie ein Auto wert ist. Ich, glaube ich, auf jeden Fall nicht.
WOW! Ich hätte echt nicht geglaubt, dass es so weit kommen wird, dass ich unter einer Brücke penne, weil ich angeblich die Ehre meiner Familie verletzt habe und, dass ich deswegen zur Presse gehen muss. Wobei das mit der Presse musste ich ja nicht tun und irgendwie hatte ich mich da dann doch gegen entschieden. Denn damals sah ich nun mal, wie eine Obdachlose aus und hatte echt keine Lust auf irgend so ein Deckblatt, von einem Schickimicki-Magazin, in diesem Zustand zu kommen. Ich wollte einfach nicht auf die Straße gehen und von ganz Paris ausgelacht werden.
Ja und nach und nach wurde es ja auch immer kälter. Langsam merkte ich, dass mich das Ganze nicht nur psychisch, sondern auch physisch fertig machte. Ich zitterte am ganzen Körper und hatte Gänsehaut. So langsam taten mir die ganzen Obdachlosen echt leid. Ich mein, ich musste das ja nur eine Nacht durchmachen. Ernsthaft! Ich bin echt froh, dass ich nicht jede Nacht um mein Leben bangen muss. Das Ganze ist halt echt nicht fair. Meine Eltern kaufen uns teure Klamotten, bestehen auf vergoldete Zeitungen und schmeißen ihr Geld zum Fenster raus. Ja und die Obdachlosen, die müssen um jeden kleinen Cent betteln.
Stellt euch mal vor, wie vielen Obdachlosen man allein mit dem Geld, das wir für unsere Verlobungsparty ausgegeben haben, helfen könnte. Das Groteske ist ja auch noch, dass man solche Problematiken erst bemerkt, wenn man sie selbst durchlebt. Ne, auf der Straße zu schlafen war echt nicht so nice! Aber es gab halt leider keine Alternative für mich...und
gefühlt eine Ewigkeit später ging dann ja auch endlich die Sonne auf.
Nur für mich ging sie zwei Sekunden später leider wieder unter...
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Rosen und Tulpen~Mein Leben in der Highsociety
RomanceGeld, Ruhm und Ansehen spielen in der Highsociety eine große Rolle. Das musste auch Emma lernen. Für sie war es selbstverständlich, dass ihre Eltern ihr Leben bereits vor ihrer Geburt durchgeplant hatten. Sie zweifelte nie an diesem Plan und achtete...