Vielleicht ist gewinnen doch nicht alles

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Hello,

Hope u are all alright♡

All the love ~ L xx

《♡》

Nervös laufe ich neben Harry her. Wir sind auf unserem Heimweg. Mittlerweile ist es schon dunkel geworden, weshalb weniger Menschen auf den Straßen unterwegs sind. Obwohl erst morgen der erste Dezember ist, hängen schon einige Lichterketten an den verschiedenen Hausfassaden. Spätestens ab Morgen wird die ganze Stadt dekoriert sein, egal wohin man schaut, überall hängen Weihnachtsmänner, Schneeflocken und kleine Geschenke. In dieser Zeit bekomme ich immer dieses beflügelnde Gefühl der Gemeinschaft. Man ist plötzlich Teil von etwas großem, etwas was Freude bereitet.

Meine Stimmung hebt sich etwas bei diesen Gedanken, doch als mein Blick wieder zu Harry fällt, kann ich mein schlechtes Gewissen deutlich spüren. Ich muss definitiv mit ihm darüber reden, aber erst wenn wir Zuhause sind. 

Schweigend laufen wir weiter.

Es ist ziemlich kalt und natürlich trage ich wieder mal nur meine Jeansjacke, weshalb ich etwas zittere, als uns ein kräftiger Windstoß entgegenkommt. Ich spüre Harrys Blick deutlich auf mir, doch ihn zu erwidern traue ich mich nicht. Nicht bevor wir geredet haben.

Ein Regenschauer zwingt uns dazu einen kleinen Stopp unter einem Vordach einzulegen. Zumindest will Harry nicht, dass ich nur in Jeansjacke weiter laufe, wenn es so schüttet. Er hat die Hoffnung, dass es in ein paar Minuten etwas nach lässt, doch ich sehe das etwas anders. In den Nachrichten hieß es, dass es heute Nacht ein Gewitter geben soll. Das hier ist bestimmt nur der Anfang.

"Ich denke wir sollten weiter gehen, das wird bestimmt nur noch schlimmer" ,teile ich ihm meine Befürchtung mit, die komplett ignoriert wird.

"Ach jetzt kannst du wieder mit mir reden?" 

Harry sieht kurz zu mir, bevor er mit einem starren Blick und verschränkten Armen den Regen beobachtet. Na toll, das hab ich mal wieder super hinbekommen. Eigentlich wollte ich mit dem Gespräch warten bis wir in unserer Wohnung sind, allerdings scheint es nicht mehr weiter Aufschiebbar zu sein. Oh Gott ich hasse sowas. Wie fange ich das jetzt an, ohne das er gleich wieder auf Durchzug schaltet? 

"Es tut mir leid." Das ist doch ganz okay so als Einstieg. Zumindest zieht Harry jetzt eine Augenbraue hoch und sieht zu mir. Immerhin habe ich seine Aufmerksamkeit.

"Das vorhin- ich weiß auch nicht wirklich was da passiert ist. Als du meine Hand genommen hast, konnte ich mich nur noch auf die Blicke und das Lachen der Menschen um uns herum konzentrieren. Ich hatte Angst, dass sie wieder über mich lästern. Deshalb hab ich meine Hand weggezogen. Ich bin es nicht gewohnt meine Sexualität auszuleben und ich glaube da herrscht diesbezüglich noch viel Unsicherheit in mir. Dieses Gefühl von Ausgrenzung war wieder da und ich hatte panische Angst, dass uns Jemand irgendwie Gewalt androht, so wie das früher immer der Fall war, als die Gerüchte über mich ihre Runden in der Schule gemacht haben. Leute haben geredet, gelacht und Witze gemacht und das alles auf meine Kosten. Ich habe einfach Angst, dass das wieder passiert. Es tut mir fürchterlich leid, dass ich dich wegen meiner Angst verletzt habe. Ich-ich halte wirklich gern deine Hand, nur schaffe ich es nicht die Leute zu ignorieren. Noch nicht. Wir können an mir arbeiten und-" Meine Worte fangen an sich zu überschlagen, da ich immer nervöser werde. Ich will doch nur, dass Harry mir verzeiht. Ich habe mich nicht gerade erwachsen verhalten und das hat er nun wirklich nicht verdient. Bestimmt falle ich ihm jetzt schon auf die Nerven und dabei sind wir noch nicht mal ein Monat zusammen.

Der Regen bildet eine gleichmäßige Geräuschkulisse und ist im Moment das einzige, was zu hören ist. Harry sieht mich mit einem kleinen Lächeln an. Seine Arme hat er nicht mehr verschränkt und er wendet sich mir jetzt wieder ganz zu.

"Ich wusste auf was ich mich eingelassen habe, als ich dich gefragt habe, ob du mein Freund sein möchtest. Du brauchst noch Zeit und das verstehe ich. Es war wohl auch nicht die beste Idee von mir einfach nach deiner Hand zu greifen, immerhin haben wir es davor auch noch nie in der Öffentlichkeit gemacht. Nur was mich wirklich verletzt hat, war die Art und Weise wie du dich danach mir gegenüber verhalten hast. Du hast mich fast komplett ignoriert und hast jegliche Versuche von mir ein Gespräch anzufangen, abgeblockt. Wir werden alles in deinem Tempo machen, aber dafür musst du mir versprechen, dass du mich nicht einfach ignorierst, sobald du irgendein Problem hast." Harry steht jetzt unmittelbar vor mir und sieht mir abwartend in die Augen. Ich erwidere seinen Blick und nicke langsam, als ich mich daran erinnere, dass ich ihm antworten sollte.

"Kein ignorieren mehr- ich versprechs" ,stammel ich nervös unter seinem Blick, weshalb Harry mich beruhigend anlächelt. Er lässt, bestimmt mit Absicht, seine Grübchen spielen und sorgt für eine Strudel an warmen Gefühlen in meinem Körper.

"Wir sollten ganz schnell nach Hause, damit ich dich wieder küssen kann" ,meint Harry etwas schmunzelnd und unterbricht unseren Augenkontakt, um auf die Straße zu schauen, auf die immer noch der Regen einprasselt. Harry rümpft seine Nase. Eine seiner sehr süßen Angewohnheiten. "Sieht nicht so aus, als würde es besser werden" ,murmelt er unzufrieden und sieht wieder zu mir. 

"Es ist nicht weit von hier bis zu unserer Wohnung. Traust du dir es zu das Stück zu rennen?" ,fragt Harry ernst nach, weshalb ich beleidigt aufschnaube. "Ich habe Fußball gespielt, natürlich schaff ich das. Die Frage ist wohl eher, ob du so lang durchhältst."

"Oh ich habe eine fantastische Ausdauer" ,meint er anzüglich grinsend, weshalb mein herausforderndes Lächeln augenblicklich fällt.

Ich räuspere mich und sehe kurz die Straße runter. Da vorne müssen wir einmal rechts abbiegen und nach ein paar Metern müsste das Haus sein, in dem unsere Wohnung ist. Eigentlich sollte ich diese Strecke problemlos schaffen. Ich bin zwar nicht in Bestform, aber Harry hat von sich selbst auch gesagt, dass er auch untrainiert ist.

Natürlich sehe ich das ganze mittlerweile als Wettbewerb an und diesen werde ich ganz sicher nicht verlieren.

Ich sehe wieder zurück zu Harry, der mich die ganze Zeit über gemustert hat. "Wer als letzter da ist muss den Abwasch machen!" ,schreie ich, während ich schon los gerannt bin. Es ist unmöglich, dass Harry mich jetzt noch einholt. Durch meinen Start habe ich einen guten Vorsprung. Als ich nach rechts abbiege liege ich auch noch in Führung, doch plötzlich bemerke ich, wie Harry direkt hinter mir ist. Das kann nicht sein. Der Regen peitscht mir ins Gesicht, es ist rutschig und ich merke wie ich langsam schon Seitenstechen bekomme. Doch das ist mir egal. Ich werde nicht verlieren. Auch als mir schlecht wird, verlangsame ich mein Tempo nicht.

Die Eingangstür zu dem Mehrfamilienhaus ist schon in Sichtweite, als Harry zu meinem Schrecken aufholt. Noch rennt er neben mir, doch nicht für lang. Er zieht an mir vorbei und erreicht kurz vor mir die Tür. 

Triumphierend sieht er mich an, während ich vor ihm zum Stehen komme. Das kann nicht wahr sein.

Ich kann noch nicht mal etwas sagen, denn plötzlich überkommt mich eine Welle der Übelkeit. Gerade noch rechtzeitig drehe ich mich von Harry weg und übergebe mich direkt vor die Hauswand. Die Kotze vor mir, bringt mir genau zwei Erkenntnisse ein.

Erstens, vielleicht ist gewinnen doch nicht alles.

Zweitens, ich sollte dringend wieder mit Liam trainieren gehen.

Brave Enough // LarryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt