*7* Verzweiflung, Existenz

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Nachdem Tine mich an der Hand quer durchs Rudelhaus gezogen hat, kommen wir an einer Tür an, an der sie energisch anklopft und ohne auf Antwort zu warten Eintritt.

In dem Raum sieht es aus wie in einer Arztpraxis, mit einer Liege, einem Schreibtisch und ein paar Geräten und Schränken.

Auf einem Drehstuhl sitzt ein Mann, der gerade irgendwelche Verbände einsortiert und sich nun zu uns umdreht.

Ein breites Lächeln ziert sein Gesicht, als der Rudelarzt mich erkennt.

»Jesse! Meine Lieblingsstammkundin!«

Ruft er erfreut, steht auf und legt die Verbände in seinen Händen zur Seite. Verblüfft starre ich ihn an. Nicht, weil ich ihn nicht erkannt habe, Dave Clifford vergisst man nicht so einfach. Nein, weil er genau wie Tine kein bisschen sauer auf mich zu sein scheint.

»Hey Dave. Lange nicht gesehen.«

Murmele ich unsicher. Es tut mir sehr leid, den Kontakt zu ihm abgebrochen zu haben. Genauso wie bei Tine. Und Lissy. Und Cole. Eigentlich zu allen. Aber ich hatte nunmal keine andere Wahl.

»Was führt dich denn her? Wieder mit fremden Wölfen gerauft?«

Tine runzelt die Stirn und blickt kritisch zwischen mir und dem Arzt hin und her.

»Ich glaube ich will gar nicht wissen was damit gemeint ist«

Leicht schüttele ich den Kopf. Das sollte wirklich niemand wissen. Am allerwenigsten Clayden.

Dave wirft mir einen verschwörerischen Blick zu und nimmt setzt sich auf einen Drehstuhl.

»Also?«

»Achso, äh ja. Ich hab ne Treppenstufe übersehen.«

Tine schnaubt abfällig und schüttelt ungläubig den Kopf.

»Also dieses Kind lässt sich aber wirklich nie helfen. Sie hat die oberste Stufe übersehen und ist die gesamte Treppe heruntergefallen.«

Mit einem Blick in Dave's Gesicht sehe ich, dass er mit Mühen versucht sich ein Lachen zu unterdrücken, woran er jedoch kläglich scheitert.

»Wow, danke für dein Mitleid, Dave. Echt, sehr hilfreich.«

Sage ich sarkastisch, woraufhin der Arzt abwehrend die Hände hebt und grinst.

»Ich hab dich gar nichts gesagt?! Wie kannst du nur denken, dass ich dich jemals auslachen würde?! Also Bitte!«

Predikt er übertrieben und greift zu einer Taschenlampe, mit der er mir in die Augen leuchtet.

»Hast du irgendwelche Schmerzen oder ist dir schlecht?«

Ich verneine. Kritisch mustert Dr Clifford mich. Er kennt mich gut genug um zu wissen, dass ich es nur sehr ungern zugebe wenn ich Schmerzen habe.

»Okay. Ich denke nicht, dass etwas nicht stimmt. Du scheinst keine Gehirnerschütterung oder ähnliches zu haben. Versuch in den nächsten zwei bis drei Tagen ein bisschen vorsichtig zu sein und falls dir etwas komisch vorkommt oder du Schmerzen bekommst kommst du SOFORT zu mir, verstanden?«

Der Rudelarzt sieht mich eindringlich an und ich nicke. Im selben Moment geht die Tür auf und ein junges Mädchen kommt hereingestürmt.

Erst auf den Zweiten Blick erkenne ich die Kleine. Lissy. Ungläubig starrt sie mich einen Augenblick lang an und kommt dann etwas langsamer auf mich zu.

»Du bist da.«

Sagt sie. Verunsichert nicke ich. Sie reagiert komplett anders als alle anderen. Ich kann es ihr nicht verübeln, sie hat mich zuletzt gesehen als sie sieben war, das ist jetzt mittlerweile etwa vier Jahre her.

Verärgert zieht sie die Stirn in Falten.

»Und warum erst jetzt? Warum bist du überhaupt abgehauen? Du hast mir versprochen, dass du auf Clay aufpasst, weißt du noch?«

Die Stimme von Lissy ist schrill und aufgebracht, sie entfacht ein schlechtes Gewissen in mir. Sie hat recht, ich habe es ihr hoch und heilig versprochen und mich nicht daran gehalten.

»Ich konnte nicht. Es tut mir leid«

Sage ich leise. Lissy steigen Tränen in die Augen, schluchzend dreht sie sich um und rennt weg.

»Lissy! Warte! «

Schreie ich verzweifelt, springe auf und stürze ihr hinterher.

Die Kleine ist ganz schön schnell für ihr Alter. Weinend rennt sie durchs Haus, die Terassentür hinaus in den Garten, erst dort hole ich sie ein und bekomme sie am Arm zu fassen.

Außer Atem bleiben wir stehen und sammeln uns erst einmal.

»Lass mich los! Du bist einfach abgehauen! Obwohl du es versprochen hast! Sowas macht keine Luna, sowas macht niemand! Ich hasse dich!«

Schreit Lissy immernoch weinend. Ich lasse sie mich anschreien, nur zu gut weiß ich, wie gut das tun kann. Als sie fertig ist schaue ich sie mit glasigen Augen an. Es tut mir so unfassbar leid, sie enttäuscht zu haben.

»Lissy es... Wirklich, du... Wenn ich könnte würde ich es dir erklären, ehrlich. Abe rich kanns nicht erklären. Okay, ich kann es nicht erklären, es war einfach so. Ich hab nicht drüber nachgedacht. Wenn ich könnte, würde ich die Zeit zurückdrehen und es anders machen.«

»Dafür ist es schon zu spät! Du hast alles kaputt gemacht, alles! Clay war glücklich mit dir, es ging ihm super! Als du weg warst war er noch schlimmer wie früher. Ich hab ihn nicht mehr lachen sehen. Seit vier Jahren! Und ich bin seine Schwester! Das ist alles nur seine Schuld, Jesse.«

»Es heißt 'schlimmer als früher'.«

Perplex starrt mich Lissy an. Wow Jesse, echt der beste Zeitpunkt zum Klugscheißen, Reife Leistung. Aber zumindest hat sie aufgehört zu weinen.

»Jesse, lass meine Schwester in Ruhe! Es reicht schon, dass du mir auf den Sack gehst!«

Ertönt plötzlich Claydens Stimme, der auf uns zukommt.

»Ist okay, Clay. Sie hat sich gerade entschuldigt.«

Kühl mustert mich die Kleine. Ihre riesigen, Schokoladenbraunen Augen glitzern von den Tränen. Sie ist ein wunderhübsches Mädchen.

Nicht nur das, sie ist selbstbewusst, liebevoll und hat Temperament. Wie konnte ich nur so ein wundervolles Wesen enttäuschen? Mit einem Mal werde ich von den Schuldgefühlen überrollt und muss mich bemühen die Tränen zurück zu halten.

Ich habe mir meine Chance bei ihr verspielt. Ihr Vertrauen zu mir existiert nicht mehr. Das macht mich fertig.

Ihre Worte haben mich zum Nachdenken gebracht. Clay hat nicht mehr gelacht. Seit vier Jahren. Das hört sich so surreal für mich an, dass ich kurz den Kopf schütteln muss.

Es will nicht in meinen Kopf gehen, dass ich so ein großes Loch in seinem Leben hinterlassen haben soll. Ich habe mich nach meiner Abreise ein paar Monate zurück gezogen und dann einfach von neuem begonnen.

Natürlich, wie vorher war es nie aber ich konnte nach vorne schauen. Er anscheinend nicht.

Zum ersten Mal in meinem Leben wird mir bewusst, dass ich für jemanden wirklich existiere.

Oder existiert habe.

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It's Friday agaaaaaaiiiiiiiiin

Yass hello ich schaffs zur Abwechslung auch mal wieder pünktlich :/

Ehhmm, kurzer Ausraster weil das Buch nach 7 Kapiteln schon wieder über 1k reads hat:
(an der Stelle DANKE an euch🤍)

AAAAAAAAAAAAAHHHHHHHHHHHHH

Okay jetzt geht's mir besser,

Habts noch ein schönes Wochenende und hauts rein, den BaWüler Schülern wünsche ich einen guten Start in die erste Schulwoche!

Peace out, Neli :)

One wolve here and a half wolve there [2]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt