*22* Legende

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Fassungslos starrt mich Clayden an und blinzelt ein paar Mal. Fragend sieht er mich an, doch ich schüttele den Kopf. Ich habe auch keine Ahnung, wie das sein kann.

Plötzlich springt er auf und stupst mich ungeduldig an, bis ich mich ebenfalls aufgerichtet habe. Was hat er denn jetzt wieder vor?

Ungeduldig springt er um mich herum wie ein Welpe und schiebt mich dabei vor sich her Richtung Rudelhaus. Ich verdrehe die Augen, knurre ihn an und schnappe spielerisch nach ihm. Er täuscht ein Winseln an und rempelt mich unsanft von hinten an.

Genervt trete ich ihn mit meiner Hinterpfote und mache mich dann in meinem Tempo auf den Rückweg. Die gesamte Strecke über geht er mir auf den Keks mit seiner nie endenden Drängelei, bis wir vor dem Rudelhaus stehen.

Glücklicherweise steht gerade Cole davor und bekommt einen Lachkrampf, als er uns sieht. Idiot.

»Was ist denn mit euch schon wieder passiert?? Ihr seht aus als hättet ihr Schlammcatchen gemacht und Jesses Fell... Oh scheiße, ist das Blut?!?«

Unterbricht er sich selbst und starrt auf meine rot gefärbte Pfote. Prompt fange ich an zu Winseln, damit der Depp endlich die Tür aufmacht, was dann auch passiert.

Gespielt humpelnd gehe ich ins Rudelhaus, Clayden hinterher. Allerdings knurrt er im Vorbeigehen Cole an und verpasst ihm "ausversehen" eine mit seinem Schwanz ins Gesicht.

Zielstrebig springe Ich die Treppen nach oben und laufe in mein Zimmer, um mir etwas anzuziehen. Kaum bin ich damit fertig, steht Clayden in wieder Menschlicher Form in der Tür.

»Ein Gentleman klopft an, Clayden. Ich hätte nackt sein können.«

Murmele ich leicht arrogant in seine Richtung, während ich mir noch die Haare zu einem Dutt zusammenbinde.

»Zum Glück bin ich kein Gentleman sondern der Alpha und muss mich an keine Regeln halten, jedenfalls nicht an solche banalen Dinge wie anklopfen. Außerdem kenne ich deinen nackten Körper bereits also wüsste ich nicht was du für ein Problem haben solltest.«

Scheiße, hat der gute-Laune-Pillen gefressen oder was soll das Dauer grinsen?

Genervt über seine kindisch-arrogante Art verdrehe ich die Augen, beende das Meisterwerk auf meinem Kopf, das eher einem zerrupften Vogelnest gleicht und verlasse mit Clayden zusammen das Zimmer.

In der Halle möchte ich zu Dave's Krankenzimmer abbiegen, aber Clayden zieht mich weiter aus dem Rudelhaus hinaus.

»Wohin gehen wir, Clayden? Ich dachte, Dave könnte uns sagen, was das gerade war, immerhin ist er Arzt.«

»Genau, er ist Arzt. Das was da eben passiert ist, ist mit Medizin nicht logisch erklärbar. Wir brauchen jemanden mit anderem Wissen.«

Antwortet der Alpha im Laufen und steuert auf die Blockhütten der Rudel Mitglieder zu.

»Willst du mir vielleicht auch erzählen zu wem wir genau gehen?«

Frage ich etwas ungeduldig nach. Ich kann es nicht leiden, wenn ich etwas tue ohne zu wissen was oder warum ich es tue.

»Klar. Wir besuchen den Ältesten im Rudel. Mr Whise.«

Bis jetzt habe ich gar nicht gemerkt, dass wir stehen geblieben sind, aber jetzt drückt Clayden auf die Klingel an der Tür vor der wir stehen, greift meine Hand und hebt selbstbewusst das Kinn, bevor die Tür aufgeht.




Wenige Minuten später sitze ich auf einem durchgehockten Sofa im Wohnzimmer von Mr Whise und starre direkt in die Augen eines Marders. Eines Ausgestopften Marders.

Also, ich habe ja schon öfter gesehen, dass Leute ein oder zwei Ausgestopfte Tiere in ihren Häusern stehen haben, aber dieses Wohnzimmer übertrifft alles.

Jedes Regal ist vollgestellt mit Tieren und von allen Seiten starren einen die unterschiedlichsten Tiere aus Glasaugen an.

Ich habe ja nun wirklich nichts gegen tote Tiere, im Gegenteil, ich jage selbst für mein Leben gern, aber das hier ist wirklich ein wenig abartig.

Mr. Whise bemerkt meinen Blick auf seine Trophäen und beginnt stolz zu Lächeln.

»Alles selbst gejagt und Ausgestopft. In der Küche und im Schlafzimmer hab ich auch noch welche. Hab ich mein Leben lang gesammelt. War manchmal gar nicht so einfach. Diese Feldmaus zum Beispiel, es war gar nicht so einfach ihr das Fell in einem Stück abzuziehen und die Haut vom Gehirn zu lösen und... «

» Ähh ja. Danke Mr. Whise, die Geschichte können Sie ja ein andermal erzählen«

Fällt ihm Clayden ins Wort als er merkt, dass ich totenbleich geworden bin. Der alte Mann nickt wissend und zwinkert mir gutmütig zu, was ich mit einem etwas gequälten Lächeln quittiere.

Nachdem er uns beiden eine Tasse mit irgendeinem nach Kräutern riechenden Gebräu in die Hand gedrückt hat, lässt er sich auf den dunkelbraunen Ohrensessel sinken.

»Also. Was verschafft mir die Ehre eines so hohen Besuches?«

»Mr Whise, wir haben eine Frage. Wissen Sie etwas darüber, dass Wolfstränen Wunden heilen können?«

Fragt Clayden und sofort wird Mr Whises Gesicht ernst. Angestrengt legt er seine Stirn in Falten und mustert uns durchdringend.

»Hmmmm. Also davon gehört habe ich schon einmal, doch das ist sehr sehr lange her. Gesehen habe ich es noch nie, aber es gibt Legenden darüber.«

Zögerlich verstummt er. Clayden beginnt ungeduldig mit dem Fuß zu wippen und starrt ihn erwartungsvoll an.

Besänftigend lege ich ihm eine Hand auf sein Bein und sofort entspannt er sich. Mr Whise zwinkert mir erneut zu und beschämt ziehe ich meine Hand zurück. Diese Geste sollte nur dazu dienen, Claydens unhöfliches Verhalten zu unterbinden, nichts weiter.

»Also, wie war das noch gleich... Ach ja.«

Fährt der Wolf fort und überkreuzt die Beine. Sofort ist Clayden wieder auf Hochspannung, weswegen ich die Augen verdrehe. Wie ein kleines Kind, dem ein Märchen erzählt wird. Süß.

»Mein Großvater hat mir diese Geschichte erzählt. Sie handelt von einem unreinen Mate Paar. Also einem Wolf und einem Menschen. Als die beiden lebten herrschte noch Krieg zwischen den Menschen und den Wölfen, lange bevor unsere Spezies in Vergessenheit geriet. Der Wolf hatte seine Mate zu spät erkannt und sie verwundet. Daraufhin lag seine Mate im Sterben. Das erschütterte den Wolf so sehr, dass ihm die Tränen kamen und auf die Wunden seiner Mate tropften. Diese heilten wie durch ein Wunder und seine Mate war gerettet. Einen Nachteil hatte die Sache aber. Immer wenn der Wolf sich eine Verletzung zuzog, riss bei der Mate die Wunde auf und wurde erst wieder verschlossen, wenn sich die beiden Küssten. Also wichen sie sich nicht mehr von der Seite und zogen sich zurück, sodass weder dem Menschenmädchen noch dem Wolf etwas zustoßen konnte.«




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Hayooo
Es ist Freitag und mein letztes Kapitel ist nur eine Woche her, bin stolz auf mich.

Schönes WE euch und startet gut in die nächste Woche.

Peace out,
Neli:)


One wolve here and a half wolve there [2]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt