Unverständnis

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„Es ist so unglaublich, das Malfoy hier ist. Ich fasse es nicht. Was denken die sich nur?!" Hermine stapfte neben mir energisch die Treppen hoch.

„Ich kann es auch kaum glauben." murmelte Ron und seufzte.

Wir waren grade auf dem Weg zu Professor McGonagall. Hermine wollte sie unbedingt zur Rede stellen und Fragen warum genau Malfoy wieder da war. Ich hatte ihr gesagt, dass ich das für keine gute Idee hielt. Das würde doch nichts bringen. Wir mussten uns wohl damit abfinden, dass er wieder hier war.

Komisch kam mir das ganze aber trotzdem vor. Draco Malfoy war nur knapp Askaban entkommen und monatelang war seine Familie von der Bildfläche verschwunden. Anfangs hatte der Tagesprophet einige Artikel über die Malfoys veröffentlicht. Zu dieser Zeit mussten wir drei aber selbst immer wieder Interviews geben und immer dieselben Fragen beantworten.

Plötzlich taucht Malfoy wieder auf. Und das auch noch hier? Wieso sollte McGonagall den Jungen wieder in der Schule aufnehmen der dabei geholfen hatte so einen Schaden anzurichten?

„Professor, was ist hier los?!" sprach Hermine vorwurfsvoll als wir in das Büro der Schulleiterin eintraten.

Ich schaute McGonagall entschuldigend an. Hermines aufbrausende Art kannten wir alle nur zu gut. Trotzdem vergriff sie sich grade deshalb gerne mal im Ton.

„Ms Granger, ich verstehe sie ja." Antwortete Prof. McGonagall ruhig und stand von ihrem Stuhl auf, auf dem sie grade gesessen hatte und trat vor ihr Pult.

„Wieso haben Sie Malfoy wieder hier angenommen?". Ron klang ebenfalls völlig verständnislos und erwartungsvoll schauten die beiden McGonagall an. Diese verschränkte die Hände und ihr Gesicht wurde ernster.

„Ich muss Ihnen nicht erklären, wie ich diese Schule leite. Diese Entscheidung habe ich nicht leichtfertig getroffen und habe Sie mit jedem Lehrer abgestimmt. Die Mehrheit war dafür das Draco Malfoy hier seinen Abschluss machen darf, wenn er beim Wiederaufbau unterstützt."

„Was hat er gegen Sie in der Hand? Womit besticht er Sie?". erwiderte Hermine lautstark, der die vorherige Begründung wohl nicht ausreichte. Professor McGonagall schaute noch immer ernst und blickte uns drei abwechselnd in die Augen.

Nach einiger Zeit antwortete sie. „Es ist entschieden."

In dem Moment hätte ich schwören können, dass McGonagall fast etwas besorgt aussah. Sie kehrte uns den Rücken zu und wedelte mit der Hand in Richtung Tür. „Nun gehen Sie."

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Ich saß mit Hermine und Ron im Gemeinschaftsraum.

Während die beiden damit beschäftigt waren sich durchzukitzeln und immer wieder zwischendurch rumknutschten starrte ich erschöpft in die Flammen des Kamins.

Es war inzwischen spät geworden und draußen wurde es langsam dunkel. Morgen würde ich wieder früh aufstehen müssen, um auf dem Hof zu helfen. Lange wollte ich deshalb nicht mehr wach bleiben, aber obwohl ich so verdammt erschöpft und müde war, war mir aber gar nicht nach schlafen.

Seit dem Malfoy heute wieder aufgekreuzt war gingen meine Gedanken immer wieder den Tag der Schlacht durch. Der Kampf mit dem dunklen Lord und auch die Situation im Raum der Wünsche als ich Malfoy vor dem sicheren Feuer Tod bewahrte. Die Suche nach den Horkruxen, die traurigen Gesichter und die Verluste.

„Ich gehe noch kurz an die Luft." Sagte ich zu Hermine und Ron die sich kurz voneinander lösten und mir zu nickten. Seit der Schlacht konnten die beiden kaum die Finger voneinander lassen. Mittlerweile hatte ich mich daran gewöhnt, aber trotzdem hatte ich keine Lust mir das den ganzen Abend ansehen zu müssen.

Als ich durch die Gänge lief sah ich noch ein paar wenige Schüler die tuschelnd in einer Ecke standen.

„Angeblich soll Draco Malfoys Vater sich umgebracht haben."

„Ach das sind doch nur Gerüchte." Hörte ich ein paar Slytherins sagen.

Ich hasste diesen Tratsch. Das hatte man mir schon mein ganzes Leben angetan und auch nach der Schlacht wurde dies nicht besser. Wobei diesmal war wohl nicht ich das Opfer über das gesprochen wurde.

Noch bevor ich die letzten Treppen des Astronomie Turms bestieg, konnte ich in der Dämmerung eine Gestalt erkennen.

Am Geländer lehnte Malfoy. Ich entschloss mich dazu trotzdem hochzugehen und stellte mich hinter ihn. Malfoy sah nachdenklich aus. Verständlich. Für ihn war es sicherlich nicht leicht wieder hier zu sein.

„Malfoy." War das Einzige was ich rausbekam. Was genau sollte man zu jemanden sagen mit dem man so eine Vergangenheit hatte?

Der Blonde drehte sich nun ruckartig um. Er hatte etwas erschrocken ausgesehen. Vermutlich hatte ich ihn grade aus seinen Gedanken gerissen.

„Bist du des Wahnsinns?!". Draco schaute mich ernst mit einem kühlen Gesichtsausdruck an. Ohne eine weitere Reaktion abzuwarten, lief er an mir vorbei, wobei er mich leicht anrempelte.

„Ich kann nichts dafür das du wieder hier bist." Meinte ich in einer ruhigen Stimmlage als ich ihm hinterher sah.

Malfoy blieb einen kurzen Moment stehen und blickte auf den Boden vor sich. „Ich auch nicht."

Schließlich stieg er die Treppen hinab. Ich schaute noch eine Weile nachdenklich auf den Treppenabgang, wo er verschwunden war. Scheinbar wollte Draco Malfoy genau so wenig hier sein wie alle anderen ihn hier haben wollten.

Er hatte sich offensichtlich kein bisschen verändert. Noch immer war er so kalt und emotionslos und noch immer provozierte er, wo er konnte. Noch immer schien er nicht das zu machen, was er wollte, sondern noch immer tat er das was andere für ihn entschieden hatten.  

Die Trümmer der VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt