Die Sache mit den Gefühlen

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Mein Blick viel auf den schwarzen verrußten Boden vor dem Stuhl, auf dem ich saß, während ich überlegte, womit ich das Gespräch beginnen sollte.

Eigentlich hatte ich in meinem Kopf alles für diesen Moment vorbereitet und war das Gespräch schon tausendmal durchgegangen, doch nun saß ich hier in diesem zerstörten Raum und neben dem Geruch aus Asche und Staub konnte ich noch immer ein starkes Parfüm riechen, welches herb nach Minze duftete. Es war Draco.
Die Fragen, die ich so sorgfältig vorbereitet hatte, waren wie weggeblasen und in meinem Kopf war ein reines Chaos.

Ich schluckte schwer und merkte wie meine Hände, vor Nervosität anfingen leicht zu zittern.
„Ich habe dich gesehen... Dich mit Pansy." murmelte ich, ohne vom Boden aufzublicken.

Im Augenwinkel konnte ich sehen wie Draco sich neben mir nach vorne lehnte und seine Unterarme auf seinen Oberschenkeln abstützte. Auch er schaute mich nicht an.

„Ja..." seufzte er dann „das war nicht meine Absicht, dass du uns siehst."

Das wäre noch schöner gewesen, wenn er es absichtlich vor meinen Augen getan hätte, aber scheinbar tat es ihm kein bisschen leid, dass er es überhaupt getan hatte.
Vor Wut presste ich meine Zähne aufeinander.

„Es tut mir leid." fügte der Slytherin dann noch kaum hörbar hinzu.

„Wieso bist du hier? Warum bist du meiner Einladung gefolgt?" wollte ich wissen und schaute nun vom Boden auf. Dracos Blick war auf seine Schuhe gerichtet. Er sah mitgenommen aus und war sehr blass, aber seine Tränen waren mittlerweile getrocknet und seine Miene war wieder eiskalt und unlesbar.

„Ich weiß es nicht." Kam nach ein paar langen Sekunden des Überlegens aus seinem Mund.

„Seit du und Pansy jetzt... ein P...",
„Nein." Bevor ich meine Frage beenden konnte, unterbrach mich Draco und schaute zu mir hoch. Bestärkend und fast genervt schüttelte er dann den Kopf.
„Das war dumm." Gestand er dann noch.

„Was ist das zwischen uns?", brach es nun aus mir heraus. Ich wusste das Malfoy nicht sehr redselig war, aber oft war es auch mühsam ihm alles aus der Nase ziehen zu müssen.

Sein Blick viel wieder von mir ab, während er stumm mit den Schultern zuckte.

„Na gut, dann erzähle ich dir jetzt meine Antwort auf diese Frage...". Ich atmete tief durch. Mein Herz schlug so schnell, dass ich es in meiner Brust klopfen spürte.

„Ich weiß nicht was das für Gefühle sind. Ich verstehe sie nicht. Ich weiß nur das ich ständig an dich denken muss seit der Nacht in der heulenden Hütte. Ich möchte dich kennenlernen. So wie du wirklich bist... unter deiner Maske."
Ich seufzte leise. „Ich will dich Draco."

Angespannt schaute ich ihn an und erhoffte mir eine schnelle Reaktion, da ich das Gefühl hatte jede Sekunde ohnmächtig zu werden.

Der Blonde richtete sich langsam auf und schaute mir in die Augen. Viel Emotion war in seinen immer noch nicht zu erkennen. Also fuhr ich fort.

„Ich weiß unsere Situation ist nicht leicht. Ich verstehe das du Angst hast. Ich verstehe dich."

Plötzlich fingen seine Augen an zu glitzern. Es war Traurigkeit. Er presste seine Lippen aufeinander.

Ich wartete einen Moment und schaute abwechselnd in seine Augen und zu seinem Mund, doch er sagte nichts.

„Ich weiß auch nicht was wir tun sollen, aber ich weiß das ich dich nicht weiter ignorieren kann. Das ich diese Gefühle nicht weiter ignorieren kann..." reflexartig griff ich nach Malfoys Hand, die in seinem Schoß gelegen hatte.

„Wenn du das nicht so siehst, dann ist das in Ordnung für mich."

Draco schaute auf meine Hand, die nun auf seiner lag und blickte mir anschließend wieder in die Augen.
Er schluckte schwer, bevor er endlich antwortete: „Wir können das nicht."

„Warum nicht?", als ich diese Frage ausgesprochen hatte merkte ich sofort, wie dumm sie war. Zwei Männer und dann auch noch ehemalige Feinde, die sich plötzlich kennenlernen wollten.

„Wir können das nicht ewig verbergen. Was würden die Leute sagen?", Dracos Gesicht verzog sich zu einer wütenden Miene. Sie war so hasserfüllt, dass man meinen könnte er würde jeden Menschen und die Gesellschaft abgrundtief hassen.

„Ich weiß es nicht. Es ist schwierig. Die Leute reden sowieso über uns. Schon unser ganzes Leben lang waren wir die Schlagzeilen im Tagespropheten..." murmelte ich leise und blickte auf unsere Hände. Ich war ratlos.

„Was möchtest du denn?", fügte ich mit einem traurigen Unterton hinzu.

Draco schwieg. Er musterte mich, seufzte, schaute zum Boden, auf unsere Hände und dann durch den Raum.
Schließlich landeten seine grauen Augen wieder auf mir.

Lange schaute er mich an, ohne ein Wort zu sagen.

Daraufhin näherte er sich mir langsam. Als er seine Augen schloss tat ich es ihm gleich und im nächsten Moment konnte ich seine kühlen weichen Lippen auf meinen spüren. Mein Herz machte einen Hüpfer und wieder einmal wurde mir bewusst, dass ich einfach nur bei ihm sein wollte.

Dann löste er sich von mir.
„Was ich will ist egal.", flüsterte er ohne, dass er sich weit von mir entfernte.

Ich legte meine freie Hand auf seine Wange während in seinen Augen wieder ein verzweifelter Kampf zwischen Emotionen zeigen oder verstecken zu erkennen war.

„Mir ist es nicht egal.", erwiderte ich leise und lächelte ihn an.

Stürmisch drückte der Slytherin mir im nächsten Moment wieder einen Kuss auf die Lippen. Ich schloss die Augen und erwiderte diesen. Immer leidenschaftlicher wurde der Kuss, bis Draco sich löste und mich ebenfalls anlächelte.

Es war das erste Mal, dass ich ein so ehrliches Lächeln an ihm gesehen hatte. Ich spürte ein warmes Gefühl in meinem Bauch.

„Ich muss darüber nachdenken." sagte er dann ernst und stand von seinem Stuhl auf, als sein Blick nochmal durch den zerstörten Raum schweifte.
„und das nächste Mal... treffen wir uns an einem schöneren Ort." fügte er noch hinzu.

Auf dem Weg zur Tür drehte sich Draco nochmal zu mir um und nickte ernst. Ich nickte zurück und im nächsten Moment öffnete er vorsichtig die Tür und schlüpfte hinaus.

Draco wollte mich also auch. Also... gesagt hatte er das nicht, aber er hatte es auch nicht verneint. Nur was sollten wir jetzt tun?

Die Trümmer der VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt