„Ah Verdammt!", stieß ich fluchend aus, als sich der heiße Kaffee auf meinem weißen Hemd verteilte und in meinen Schoß tropfte.
Nachdem ich von meinem Boss angeschrien wurde, wieso genau ich denn eine halbe Stunde zu spät ins Ministerium kam, hatte er mir lautstark meinen neusten Fall erklärt und mir deutlich gemacht, dass ich mich doch ‚anstrengen' sollte, damit er sich wieder auf mich verlassen könne, wie er es ‚früher' mal konnte.
Früher. Ich wusste genau was er meinte. Während meiner Ausbildung hatte ich mich voll und ganz nur darauf konzentriert, Mr. Packer zufrieden zu stellen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich auch keine anderen Sorgen, wie zum Beispiel drei Kinder und ihre Hauszuteilungen und eine Ehefrau, die ihre berufliche Karriere als wichtiger erachtet als meine.
Vor Wut brodelnd hob ich die leere Tasse von meinem Schoß auf und stellte sie auf den Untersetzer, der sich neben mir auf meinem Schreibtisch befand. Anschließend zog ich eine Schublade auf und nahm ein Papiertuch heraus, um das gröbste des Missgeschicks von meiner Brust und meinem Schoß zu trocknen.
Immer wieder murmelte ich fluchende Worte vor mich hin. Nichts würde diesen perfekten Tag noch perfekter machen als schließlich das Telefon auf meinem Schreibtisch klingelte. Die Nummer darauf kannte ich nur zu gut. Es war die Nummer des Tagespropheten und dies konnten nur zwei Dinge bedeuten, bei denen ich mir nicht sicher war, was ich bevorzugen würde.
Mit nassem Hemd und Schritt lehnte ich mich etwas nach vorne und griff seufzend nach dem Hörer. Bitte lass es Ginny sein, dachte ich mir nur.
„Hier spricht Harry Potter, Abteilung für magische Strafverfolgung.", brummte ich hinein.
„Guten Tag Mr Potter. Hier spricht Anna Kimmkorn. Ich vermute Sie haben bereits von mir gehört, ich arbeite für meine Mutter bei dem Tagespropheten."
Sie machte eine Pause und wartete darauf, dass ich etwas antwortete, allerdings war ich noch damit beschäftigt meinen Schritt zu trocknen.
„Ich würde gerne mit Ihnen über Ihren Sohn sprechen. Was sagen Sie dazu, dass Albus Severus Potter dem Hause Slytherin zugeteilt wurde?".
Wieder wurde es abwartend still am anderen Ende der Leitung. Nach ein paar unangenehm langen Minuten hörte ich noch ein: „Mr. Potter?"
„Ja!", schrie ich sie fast unkontrolliert an, während ich die nassen kaffeegetränkten Tücher in einen Mülleimer unter dem Schreibtisch warf. Darauf folgten wieder ein paar Sekunden des Schweigens.
„Ich hätte gerne Ihr Einverständnis, dass wir Albus selbst dazu interviewen dürfen, wäre das in Ordnung für Sie? Ich meine, er ist nun mit Scorpius Malfoy in einem Haus. Was halten Sie davon?"
Als sie diesen Namen aussprach zuckte ich sofort zusammen und setzte mich aufrechter hin, fast als hätte man mir gerade einen leichten Stromschlag verpasst.
„Nein! Lassen Sie Ihn und uns doch einfach in Ruhe!", genervt und etwas grob schlug ich den Hörer zurück an seine Position und räusperte mich. Ich war wohl ungewohnt laut geworden. Das passierte mir nicht sehr häufig, aber irgendwann ist auch meine Geduld mal zu Ende.
Innerlich unter stromstehend stand ich auf und atmete tief ein, um mich zu beruhigen.
Mein weißes Hemd und meine dunkle Anzughose klebten an meinem brennenden Körper. Kaffee konnte echt heiß sein.
Schnell öffnete ich meine Bürotür und lugte auf den dunklen Korridor. Die Flure im Ministerium sahen genau so aus, wie der große Eingangskorridor nur etwas kleiner und es lag ein Schallschutz über diesen, damit man in den Büros in Ruhe arbeiten konnte.
Ich schlüpfte aus der Tür und trat den Flur entlang zum Badezimmer. Zwei Kolleginnen, die gerade am Tratschen waren, musterten mich und grinsten mich dann mit einem falschen Lächeln an, während sie an mir vorbeiliefen. Hinter mir konnte ich nur weiteres Getuschel wahrnehmen und vereinzelte Wörter wie: „Potter", „Goldjunge" und „Todesser".
Ich arbeitete nun schon seit fast 20 Jahren beim Ministerium als Auror und natürlich kannte man mich hier nur zu gut. Aber wenn es eins gibt, an was sich die Leute ewig erinnern und worüber man sich das Maul zerreißt, dann ist es deine Vergangenheit. Sie sprechen über die Erfolge in deinem Leben, aber vor allem werden dich deine Fehler immer wieder einholen.
Nachdem ich versucht hatte die Flecken aus meiner Kleidung zu waschen kam ich wieder in meinem Büro an.
Die Büros im Ministerium waren alle einheitlich. In der Mitte des Raumes stand ein alter Schreibtisch aus dunklem Holz. Vor diesem standen zwei edle Sessel, deren Sitzflächen mit einem dunklen Leder bezogen waren. Hier konnten Kunden platz nehmen, wenn sie sich die Mühe machten, selbst ins Ministerium zu kommen.
An den Wänden befanden sich auf der einen Seite riesige Bücherregale, die voll waren mit Büchern über Verteidigung, Kräuterkunde oder sogar Geschichte. Auf der anderen Seite befanden sich nur halbhohe Regale, die vollgestellt waren mit Akten und anderem Papierkram. Obendrauf standen ein paar Pflanzen, die schon bessere Tage gesehen hatten.
Der Boden war mit einem verzierten, braunen, klassischen Teppich belegt, welcher schon etwas abgenutzt und alt erschien.
Hinter dem Schreibtisch befand sich ein gebogenes Fenster, welches mit Illusionsmagie das Tageslicht und das Wetter Londons zeigte.
Viel Zeit verbrachte ich als Auror nicht in diesem Büro oder im Ministerium. Hauptsächlich reiste ich von Ort zu Ort von Kunde zu Kunde, um diesem zu helfen. Nur ab und zu bei neuen Fällen oder, wenn Informationen beschafft werden mussten, was neben dem Reisen auch mal eine willkommene Abwechslung war.
Ich blickte an mir hinunter. Natürlich war der Kaffeefleck nicht rausgegangen.
Plötzlich klingelte es erneut und ich trat zu meinem Schreibtisch. Neben der leeren Tasse und dem Telefon lagen auf diesem außerdem noch Federn, Tintenfässchen und darunter mehrere Akten und Pergamente durcheinander.
Die Nummer vom Tagesprophet. Journalisten konnten so penetrant sein.
„ES IST MIR EGAL, DASS ALBUS MIT EINEM MALFOY IN SLYTHERIN IST!" schrie ich sofort hinein.
„Harry.", kam nach etwas Schweigen heraus.
Instinktiv biss ich mir auf meine Unterlippe und ließ mich in meinen Sessel sinken.
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Die Trümmer der Vergangenheit
Roman d'amourEin halbes Jahr nach der Schlacht wird in Hogwarts wieder unterrichtet. Die Schule ist längst noch nicht wieder vollständig aufgebaut, doch Harry Potter hilft wo er kann. Unerwartet kommt Draco Malfoy wieder nach Hogwarts um dort seinen Abschluss fo...