Ein anderer Potter

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Ich sah dabei zu wie die Potters und Granger in die Halle zurückkamen während Blaise auf mich einredete. Er erzählte mir von den Fächern, die er unterrichtete und nannte mir sämtliche Nachnamen von Kindern, die mir etwas sagen sollten, da ihre Eltern wohl zur selben Zeit auf Hogwarts gewesen waren, wie wir. Allerdings war ich nur halb bei der Sache und die meisten Namen interessierten mich sowieso nicht. Der Spiegel im Kerker musste verflucht gewesen sein, denn niemals konnte das, was ich gesehen habe mein Herzenswunsch sein. Soweit ich es selbst beurteilen müsste, war mein Herz sowieso nicht mehr fähig, sich irgendetwas zu wünschen.

Leider blieb meine geistige Abwesenheit nicht unbemerkt.

„Ich werde übrigens auch bald Vater... Wir bekommen eine Tochter...Draco?". Mein Gegenüber wedelte mit den Händen vor meinen Augen herum und langsam schaute ich von den Potters weg, die nur still an einem Tisch saßen, ohne, dass sie miteinander nur ein Wort zu wechseln schienen.

Blaise huschte ein Grinsen übers Gesicht, welches ich nicht richtig deuten konnte und dann schaute er ebenfalls in die Richtung, in die ich bis gerade gestarrt hatte. So ein Mist. So wenig Emotion wie mein Gesicht auch ausstrahlte, meine Augen verrieten mich immer noch.

„Was?", brummte ich dann, als mich die dunklen Augen ernst musterten und er anfing sein Weinglas in der Hand hin und her zu schwenken. Dann räusperte er sich und grinste wieder. Blaise eben.

„Ich werde Vater."

Ich lehnte mich gerade an die Rückenlehne eines Stuhls, der hinter mir stand, als mir die Worte im Kopf wiederhalten. Blaise wurde Vater? Mit wem? Mit ihm und Daphne war es damals vorbei gewesen, schon bevor ich mit Astoria zusammenkam. Das er wieder neu vergeben war, oder sogar verheiratet, hatte ich durch den Kontaktabbruch nicht mitbekommen.
Kontrolliert aber überrascht schaute ich ihn an.

„Ja also... naja Pansy ist im siebten Monat schwanger mit unserer Tochter."

Trotz meiner angespannten Haltung konnte ich es nicht vermeiden, dass mir der Mund aufklappte.
Blaise schaute unsicher in sein Glas, schwenkte es wieder hin und her, trat nervös auf der Stelle und auch sein lächeln war vergangen, ehe sein Blick wieder meinen traf.

„Das freut mich für dich.", brachte ich so emotionslos und gelangweilt hervor, wie ich nur konnte. Eigentlich freute ich mich für ihn. Allerdings... war ich mir sicher, dass ich da gerade Pansy gehört hatte.
Der Blick meines ehemaligen Zimmergenossen wurde ernster. Fast als wäre er gekränkt, über die pure Begeisterung, die ich ausstrahlen musste.

„Also wirklich. Kinder bereichern das Leben.", gab ich nun wohl etwas überzeugender von mir, da Blaise wieder begann zu lächeln. Stumm nippte er an dem Wein, dem schon schwindelig sein musste, so sehr wie Blaise ihn immer wieder hin und her schwenkte.

„Du bist also mit Pansy...", ich stellte mich wieder aufrecht hin und verschränkte die Arme vor der Brust als Blaise mit dem Kopf schüttelte und stirnrunzelnd wartete ich auf eine Erklärung während im Hintergrund gerade die Sängerin einer Rockband begann zu singen.

„Nein. Also... das ist kompliziert...wir...", stotterte mein Gegenüber woraufhin ich ihm einen eindringlicheren Blick entgegenbrachte.

„Lass das Nott nicht wissen. Naja, ...also Pansy und ich haben uns vor ein paar Monaten mal in der Winkelgasse wiedergetroffen...Sie ist mit Nott verheiratet."
Ich spürte ein zucken in meinem rechten Auge, versuchte aber nicht so enttäuscht auszusehen, wie ich es wirklich von Blaise war. Er hatte eine verheiratete Frau geschwängert und dabei auch noch vergessen, dass es sich um Pansy Parkinson also Pansy Nott, oder wie auch immer, handelte. Die Pansy die jahrelang etwas von mir wollte und mir sogar noch Briefe geschickt hatte, als ich aus Hogwarts geworfen wurde, als ich mit Astoria zusammenkam, als ich sie heiratete und als Scorpius geboren war.

„Aha.", war alles was ich rausbrachte.
Anschließend sagte Blaise noch etwas zu mir, was ich allerdings nicht mehr verstehen konnte, da die Band immer lauter spielte. Ich hatte mich aber auch dazu entschlossen, dass ich es gar nicht weiterwissen wollte.

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Ich hatte es länger auf dem Ball ausgehalten, als ich anfangs dachte und tatsächlich waren auch die Blicke, die ich erwartet hatte, nicht so offensichtlich abwertend gewesen.
Nun war es aber an der Zeit mich wieder dem Leben Zuhause widmen zu müssen. Scorpius hatte ich schon vor ein paar Stunden verabschiedet, danach saß ich stundenlang mit Blaise zusammen. Wir sprachen über die letzten Jahre und unsere Jobs. Allerdings erwähnte er genau so wenig wie ich Pansy und auch über Astoria verloren wir kein Wort.

Ich rutschte auf dem Stuhl nach vorne, der mittlerweile sehr unangenehme Rückenschmerzen verursachte und stellte ein leeres Whiskeyglas auf den Tisch vor uns. Blaise grinste mich mit glasigen Augen an. „Noch einen, oder gehst du jetzt endlisch?".

Ich schnaufte kurz und ließ meinen Blick durch den leeren Saal wandern. Die Schüler waren schon längst alle in ihre Gemeinschaftsräume geschickt worden, weshalb nur noch ein paar wenige Gäste und vereinzelnd Professoren herumsaßen. Die Musik war schon vor zwei Stunden ausgegangen, weshalb nur ein leises Gemurmel durch die Halle schallte. Keine Ahnung, wie spät es eigentlich war, doch der müden Stimmung nach musste es mitten in der Nacht gewesen sein.

Am anderen Ende des Raumes standen die Potters und ihre Gefolgschaft, und offenbar verabschiedeten sie sich gerade von Hagrid, denn er tätschelte Granger über die Schulter und nickte ihnen dann verabschiedend zu.

„Ich werde mich nun auf den Weg machen.", nickte ich dann zu Blaise der sich offenbar gerade noch so auf dem Stuhl halten konnte. Langsam stand ich auf und zupfte mein Hemd und die Hose zurecht.
Mit einem unbeholfenen Satz erhob sich nun auch der dunkelhaarige vor mir und zog mich ungefragt in eine Umarmung. Um nicht umzukippen, krallte er sich an meinem linken Unterarm fest, woraufhin ich vor Schmerzen meinen Kiffer aufeinanderpresste. Doch es war zu spät, denn als ich auf die festgekrallte Hand von Blaise schaute nahm er diese weg und sofort konnte man das Blut durch das Hemd treten sehen.

Mit großen Augen schaute mich Blaise an der schwankend vor mir stand und sich nun an der Rückenlehne des Stuhls festhielt.
„Oh isch woltle dir nich weh tun."

So betrunken hatte ich ihn selten erlebt. Das letzte Mal bei einer Slytherin- Party im 6. Schuljahr. Damals sind wir das erste Mal an Butterbier gekommen und haben unsere Grenzen ausgetestet. Seitdem trank ich Butterbier nur, wenn es sonst nichts gab. Ekelhaftes Gesöff.

Die Trümmer der VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt