zwei Identitäten

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In der einen Hand hielt ich eine Feder und starrte auf das Pergament vor mir. Mit meiner anderen krallte ich mich am Holztisch fest, während ich an die Berührungen von Malfoy dachte.

Seit dem Tag in der Hütte war er mir aus dem Weg gegangen und hatte mir nur hasserfüllte und angewiderte Blicke zu geworfen. Immer wieder hatte ich versucht ihn abzufangen, um mit ihm zu reden, aber irgendwie hatte er es bisher immer geschafft mir zu entwischen.

Ich musste unbedingt mit Draco reden... Er konnte diese Nacht doch nicht einfach weg ignorieren oder ungeschehen machen.

Warte... Draco?

Ja... Draco.
Es war Draco gewesen in der Nacht in der heulenden Hütte. Es war nicht Malfoy. Zumindest nicht dieser Malfoy...
Malfoy war ein kalter, emotionsloser, arroganter Kotzbrocken. Aber in dieser Nacht war er anders...
Vermutlich hatte der Alkohol dazu beigetragen, ansonsten hätte er mich im Leben nicht so angesehen und so berührt...
Ich merkte wie meine Fingernägel sich immer weiter in das Holz krallten und meine Finger schon anfingen zu schmerzen.

Aber wenn Malfoy der versnobte Eisprinz war... wer war dann Draco?

„Mr. Potter?".

Ich musste es herausfinden. Ich musste unbedingt mit Malfoy reden. Ich musste ihn so überraschen, dass er nicht wieder flüchten kann.

„Mr. Potter?".

Aus meinen Gedanken gerissen zuckte ich zusammen und ließ die Tischkante mit schmerzenden Fingern los. Ich befand mich im Unterricht und vor mir stand Professor Binns. Professor für die Gesichte der Zauberei.

Eindringlich schaute er zu mir hinab. „Mr. Potter, ihr Aufsatz."

Ich merkte einen Piecks in die Seite und die flüsternde Stimme von Hermine die neben mir saß. „Harry."

Ich nickte und hielt dem Professor unsicher lächelnd meinen Aufsatz hin. Ich hatte diesen zwar fertig geschrieben, aber ich wusste auch dass dies nicht meine Bestleistung sein würde. Wie auch?

Schließlich hatte ich seit dem Wochenende ein anderes Problem, namens Draco Malfoy.

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Ich hatte beschlossen Draco oder Malfoy... oder beide... zur Rede zu stellen, sobald er mal allein sein würde.

Diese Gelegenheit ließ nicht lange auf sich warten, als Malfoy während des Unterrichts für die Verteidigung gegen die Dunklen Künste auf Toilette wollte.
Schnell fragte ich Professor McGonagall ob ich ebenfalls dorthin dürfte und folgte Malfoy zu den Herrentoiletten.

Als ich in den großen Raum kam stand Malfoy an dem Waschbecken und schaute mich durch den Spiegel an.
„Verfolgst du mich, Potter?" Seine Stimme war verächtlich, angewidert und eiskalt.

Ich musste schlucken. Ja was genau sollte ich ihm eigentlich sagen?

„Findest du nicht wir sollten mal reden?" brach es dann schnell aus mir heraus. Mein Puls stieg an. Ich war offensichtlich nervös.

„Worüber sollten wir reden? Da gibt es nichts zu reden." Meckerte er, während er näher auf mich zu kam. Er hatte etwas drohendes in seinen Augen, doch dies hatte mir noch nie so viel Angst gemacht, wie er es immer gewollt hatte.

„Und die Nacht? Die Nacht in der heulenden Hütte?" antwortete ich ihm leise und versuchte etwas in seinen sturmgrauen Augen zu lesen.

„Ich warne dich, Potter!"

Malfoy stand nun direkt vor mir und hielt mir seinen linken Zeigefinger ins Gesicht. Seine Hand war noch immer übersäht mit Schrammen, Seine Augen waren eiskalt. Darin lesen konnte man nichts, so sehr ich es auch versuchte.

„Was war das zwischen uns?" ich beschloss seine Warnung zu ignorieren, was ich im nächsten Moment sofort bereute.

„Ahh"

Ich merkte Malfoys Faust auf meinem linken Auge, welches sofort anfing stark zu pulsieren und zu schmerzen.
Das war doch nicht sein Ernst?! Ich merkte die Wut in mir aufsteigen. Wieso war er nur so ein verdammt sturer Bock! Er konnte das alles doch nicht ernsthaft ignorieren.

Immer noch stand der Blonde emotionslos vor mir, seine Hände zu Fäusten geballt und er schien jederzeit bereit wieder zuzuschlagen.
Ich konnte mich nicht halten und stürzte auf ihn zu. Wir verloren das Gleichgewicht und landeten auf den Boden, vor den Waschbecken.
„Malfoy, du kannst das nicht ignorieren!" brüllte ich ihn währenddessen an.

Schnell schlug er mir mit seiner rechten auf die Nase, während ich mich auf ihn setzte und dann versuchte seine Hände zu greifen. Malfoy zappelte unter mir und ich bemerkte, wie Blut von meiner Nase auf Draco tropfte.

„Aufhören!".

Malfoy versuchte sich noch immer aus meinem Griff zu befreien und schrie mich weiter an. „Lass mich!"

„AUFHÖREN!" schrie jemand, griff nach meinem Pullover und zog mich von Malfoy runter.

Hagrid musste auf dem Flur lang gegangen sein, während er unsere Schreie vernommen hatte.

„Ihr benehmt euch wie in der ersten Klasse!" brummte Hagrid ließ mich los und hob dann Malfoy an seinem Umhang auf und hielt diesen fest.

„Es war seine Schuld!" meckerte Draco schließlich. Natürlich war es das. Das war es auch schon in der ersten Klasse gewesen. Wenn einer Schuld an unserer Situation hatte dann war ich das. Wer sonst?

„Hört auf jetzt, seit Still! Oder ich werde McGonagall sagen müssen, dass ihr euch geprügelt habt."

Hagrid schaute mich mit einem enttäuschten Blick an, während er Malfoy daran hinderte, einfach zu verschwinden.

„Strafe muss sein...". Hagrid, der in der einen Hand Malfoy an seinem Umhang festhielt legte seine andere Hand nachdenklich um seinen Bart, als er nach ein paar langen Sekunden weitersprach.
„Wie ihr wisst, wird Silberflügel, die Partnerin von Seidenschnabel bald ihr Baby bekommen. Es kann jede Nacht so weit sein. Ihr werdet die nächsten Nächte Wache halten und mir Bescheid geben, wenn sich etwas tut." Als Hagrid dies ausgesprochen hatte ließ er Malfoy los und fasste sich zufrieden an seinen Bauch.

Ich schaute zu Malfoy der meinen Blick nur hasserfüllt erwiderte.

„Geh zu Madame Pomfrey, Harry." Meinte Hagrid dann und riss an meinem Arm, um mich in Richtung Tür zu ziehen, während ich mir die Hand unter meine Nase hielt, um das herauslaufende Blut abzufangen.

„Klasse gemacht, Potter!", schrie Draco mir noch hinterher als ich mich auf den Weg zum Krankenflügel machte.

Immerhin konnte Malfoy mir nun nicht mehr aus dem Weg gehen.

Die Trümmer der VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt