Herzenswünsche

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Ich spürte den schiefen Blick Ginnys auf mir, während ich verkrampft das Glas in meiner Hand festhielt und die Gedanken versuchte zu verdrängen die erneute Panik in mir auslösen könnten.

„Malfoy.", hörte ich sie neben mir dumpf sagen, als mir jemand von der Seite vorsichtig gegen die Rippen piekte.

„Dad. Wir wollen euch etwas zeigen. Scorpius und Ich haben da etwas entdeckt, dass müsst ihr sehen." Albus schaute mich stolz mit strahlenden Augen an.
Er hatte sich in der kurzen Zeit hier auf Hogwarts schon so sehr verändert. Und wie ich fand, nur zum Positiven. Der kleine Malfoy schien einen guten Einfluss auf Ihn zu haben – wer hätte das Gedacht, aber Albus schien viel mehr Freude und Begeisterung auszustrahlen. Die Lebensfreude von dem kleinen Blonden schien auf ihn abzufärben und das, obwohl die beiden von vielen anderen Schülern aufgrund der Vergangenheit ihrer Eltern geärgert wurden.
Ich schaute zwischen den zwei Jungs hin und her und etwas in mir ließ mein Vaterherz lächeln. Das erste Schuljahr in Hogwarts musste so aufregend und neu sein. Ich konnte genau nachempfinden, was die beiden fühlen mussten.

„Oh. Was willst du uns denn zeigen, Liebling?". Hörte ich dann Ginny wieder, während ich noch immer kein Wort herausbrachte.
Sofort begann Scorpius seinen Vater an der Hand hinter sich her zu ziehen, ohne dass er reagieren konnte und rief uns nur noch zu:
„Kommt mit!".

Albus sprang den beiden glücklich hinterher. Ich lächelte Ginny knapp an die mich mit einem aufgesetzten freundlichen Gesicht anschaute, während ihre Augen vor Aggression brannten. Bevor die Malfoys zu uns gekommen waren, hatte sie mich ausgefragt, wo ich denn solange gewesen sei und warum ich einfach so rausgerannt wäre. Am liebsten hätte ich ihr die Wahrheit gesagt, aber das konnte ich nicht riskieren. Vermutlich hätte dann morgen im Tagespropheten gestanden: ‚Harry Potter von Ehefrau auf Weihnachtsball ermordet'.

Kommentarlos setzte ich mich in Bewegung und folgte den Malfoys und Albus aus der festlich geschmückten Halle, nachdem ich mein Glas auf einem Tisch abgestellt hatte.

Vor der Halle warteten die drei schon. Hermine hatte sich uns angeschlossen, vermutlich, weil Ginny ihr einen Blick zugeworfen hatte, den nur Frauen verstehen konnten. Außerdem war Ron schon den ganzen Abend mit Neville zugange, die sich ein Butterbier nach dem anderen bestellt hatten. Rose zog es wohl wie James vor nur das nötigste mit uns zu sprechen um nicht zu viel aufsehen zu erregen. Übel konnte ich es den beiden nicht nehmen.

Unangenehm still folgten wir den Kindern die Kerkertreppen hinunter. Den ganzen Weg über hatte ich so viele Gedanken im Kopf, dass ich sie gar nicht beschreiben könnte. Es war ein auf und ab. Zwischen Panik und Ruhe. Sorge und Glück.
Inzwischen hatte Scorpius seinen Vater losgelassen, der nun mit Händen in den Hosentaschen vor mir her ging. Ich konnte sein Gesicht nicht sehen, aber seiner Körperhaltung nach wirkte er nicht glücklich darüber mit uns durchs Schloss zu laufen. Ganz im Gegenteil zu seinem Sohn und Albus die quietsch Fidel vorneweg rannten.
Hermine und Ginny liefen stumm hinter mir. Ich traute mich gar nicht mich umzudrehen, um ihre komischen Blicke deuten zu müssen, weshalb ich mich dazu entschied mich auf die Stufen vor mir zu konzentrieren.

„Wir gehen aber nicht in den Slytherin Gemeinschaftsraum, oder?", hörte ich schließlich Hermine hinter mir fragen.

„Neee, da dürft ihr gar nicht rein. Ihr seid Gryffindor.", rief Albus selbstbewusst von vorne. Etwas in mir musste sofort Grinsen. Wenn er nur wüsste...

Vorbei an einigen Kerkertüren und vorbei an der Tür zum Gemeinschaftsraum machten die Jungs schließlich vor einer Doppeltür am Ende des Korridors halt.

„Dürft ihr hier überhaupt hin?", tadelte Ginny die beiden, deren Grinsen kurz verging, während sie stumm nach einer Antwort suchten.

„Also, was ist da drin?", lächelte ich die beiden nun neugierig an und verschränkte abwartend die Arme vor der Brust. Sofort zückte der kleine Blonde seinen Zauberstab.
„Alohomora."

Mit einem Schwung öffnete Scorpius die Tür und vor uns erstreckte sich ein leerer Raum.
Die zwei rannten in den Raum hinein, während Malfoy stehen blieb und unbeeindruckt hinein lugte.
Neugierig drückte ich mich an ihm vorbei. „Angst, Malfoy?", hörte ich mich leise flüstern und mir war so, als würde ein schmunzeln über sein Gesicht huschen. „Träum weiter."

Neben mir trat nun auch Malfoy durch den Raum. Man konnte den Staub förmlich in der Luft fliegen sehen und ich spürte nach kurzer Zeit auch in meiner Lunge, dass dieser Raum wohl seit längerem leer stehen musste. Die Situation allerdings kam mir sehr bekannt vor. Ich hatte es damals geliebt mit meinem Unsichtbarkeitsumhang das Schloss zu erkunden und von diesen leerstehenden Räumen gab es in Hogwarts mehr als genug.

Wir folgten unseren Söhnen und bogen um eine Ecke ab als ich sah, was sie uns zeigen wollten.
Ein großer Spiegel stand am Ende des Raumes in einer Ecke. Der Spiegel Nerhegeb. Wieder überkamen mich die unterschiedlichsten Gefühle. Ich lächelte die beiden an die stolz vor dem Spiegel standen und präsentierend ihre Hände ausstreckten. „Tada!".

„Das ist ein Zauberspiegel!", klärte uns Scorpius auf.

Ich schaute zu dem großen Malfoy der nur nachdenklich das Gesicht verzog und dann schaute ich zu den Jungs als wir näher an den Spiegel herantraten. Der jüngere Malfoy griff nun wieder selbstverständlich nach der Hand seines Vaters und zog ihn sofort vor den Spiegel während Albus uns anderen delegierte beiseite zugehen.

Ich stellte mich direkt neben den Spiegel und lächelnd beobachtete ich den großen Blonden. „Der Spiegel zeigt den tiefsten Herzenswunsch der Person, die hineinsieht. Aber das kann nur der Betrachter sehen." Ergänzte ich die Erklärung.

„Woher weißt du das Dad?" Kurz schaute ich zu Albus, ehe ich erneut auf die Reaktion von Malfoy wartete.
„Ich kenne den Spiegel, aus meinem ersten Schuljahr."

Der ehemalige Slytherin sah eiskalt aus. Wie immer, konnte man nichts in seinem Gesicht erkennen. Vermutlich würde er seine verstorbene Frau sehen. Oder aber er würde sich als Abteilungsleiter im Ministerium sehen, da er mit Sicherheit gerne wieder Arbeiten wollen würde. In seinen Augen erkannte man gar nichts. Was es auch gewesen war, es traf ihn trotzdem. Auch, wenn sein Blick nicht verriet. Er schaute eine ganze Weile stumm in den Spiegel, bevor er sich umdrehte und still aus dem Raum lief.

Scorpius schaute uns abwechselnd an und lief anschließend seinem Vater hinterher.

Ginny räusperte sich kurz und stellte sich dann vor den Spiegel.
„Was siehst du?", fragte ich sie schließlich.

Den Blick in ihren Augen kannte ich nur zu gut. Viel zu gut. Angst. Anschließend schaute sie zu Albus, dann wieder zu mir. „Uns."
Unbewusst verzog ich das Gesicht und Albus sprach das aus was ich dachte.
„Man kann nicht das sehen, was man schon hat. Dann würde man gar nichts sehen."

Ich spürte etwas in meinem Herzen ziehen. Etwas undefinierbares und als mich Albus vor den Spiegel schubste beschloss ich dieses Gefühl zu ignorieren.

Ginny trat beiseite als ich noch einen traurigen Blick auffing und dann wand ich mich selbst dem Spiegel zu.

Ich stand dort. Mein Spiegelbild.
Ich erwartete wieder meine Eltern zu sehen oder ebenfalls unsere glückliche Familie. Doch ich sah nichts.
Ich blinzelte ein paar mal.
Malfoy schien sich beruhigt zu haben und war wieder in den Raum gekommen. Er stand nun hinter mir. Stumm musterte ich unser Spiegelbild. Wieso kam er mir so nah? Der Blonde lächelte mich an und langsam hob er seinen Arm um diesen um mich zu legen. Wieso tat er das?
Irritiert zuckte ich zusammen und wand meinen Blick vom Spiegel ab, um an die Stelle zu schauen, an der sich Malfoy befinden müsste. Doch er war nicht wieder reingekommen.
Etwas perplex blickte ich weiter in den Spiegel als mich eine Frage von Albus zurück in die Realität holte.

„Was siehst du, Dad?"

Ich räusperte mich und schaute direkt zu Ginny. Sie hatte Tränen in den Augen, fast als wüsste sie was ich gesehen hatte.
Still musterte ich sie.
Sie kämpfte mit den Tränen, bevor sie ihren Mund öffnete: „Hermine jetzt bist du dran.", lenkte sie ab und drückte die Brünette in meine Richtung.

Hermine schaute mich ebenfalls traurig und besorgt an. Sie kannte mich zu gut, weshalb ich gar nicht erst versuchte zu lügen. Ich war ein schlechter Lügner.

„Was hast du gesehen Albus?", hörte ich sie dann fragen, während ich mich noch immer verwirrt neben meine Frau stellte.

„Sag ich nicht! Dad verrät es auch nicht und Mum lügt auch."

Schmollend lief der Kleine an uns vorbei den Malfoys hinterher, während Hermine lächelnd in den Spiegel schaute. Ich hatte sie nicht mehr gefragt was sie sah. Offenbar wollten wir alle nicht darüber reden, denn auch sie schwieg auf dem Weg zurück in die Halle.
Das stechen in meinem Herzen wurde immer stärker, während ich die Kerkertreppen hinaufstieg, was allerdings nicht mit meiner Ausdauer zutun hatte. Ginny hatte uns gesehen, weil es ihr Wunsch war. Weil Sie mich nicht mehr hatte. Ich hatte mich von ihr entfernt und ihr Herz wusste das. Mir wurde unwillkürlich etwas bewusst. Etwas, was ich seit dem Tag, an dem wir Albus und James ans Gleiß 9 ¾ gebracht haben, verdrängt hatte. Was ich extra nicht wahrhaben wollte, weil es nur Probleme mit sich führen würde.

Mein tiefster Herzenswunsch war Draco Malfoy.

Die Trümmer der VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt