„Harry bist du fertig?"
Ron klopfte von außen an den Holzrahmen der offenstehenden Zimmertür unseres Schlafraums.
Er war schon fertig gekleidet und trug, anders als beim Ball in der vierten Klasse ein sehr modernes Festgewand. Sein Hemd war weiß, Hose und Umhang schwarz. Dazu trug er eine rote Fliege, wobei ich vermutete, dass Hermine ihm diese gebunden hatte.
Er hatte Molly überreden können, ein neues Festgewand zu kaufen, statt erneut das seiner Großtante tragen zu müssen. Die Begründung war, dass es der Ball des Wiederaufbaus war und man damit die Vergangenheit abschließen wollte und das Gewand seiner Großtante wäre, laut Ron, eindeutig ein Teil der Vergangenheit.
Ron trat nun in den Raum und musterte mich.
Ich stand vor dem Spiegel und schaute an mir runter. „Fast.", murmelte ich, während ich mit der Fliege hantierte.
Da ich seit dem Trimagischen Turnier um einiges gewachsen war, hatte ich mir ebenfalls ein neues Gewand gekauft, allerdings unterschied es sich kaum vom ersten. Ich trug diesmal ein weißes Hemd mit einer hellgrauen Weste zu dem schwarzen Gewand. Die Fliege hatte denselben Grauton wie die Weste unter der Robe.
„Wir sind schon spät dran und ich habe Hermine versprochen sie in den Saal zu begleiten."
„Ich bin schon fertig."
Ron deutete auf die Maske in seiner Hand. Es war eine rote Maske, die mit goldenen Verzierungen umrandet war.
„Wo ist deine Maske, Harry?", fragte er schließlich drängelnd.
Eigentlich hatte ich immer gedacht, dass er der verpeilte wäre, aber seitdem er mit Hermine zusammen und ich mit meinen Gedanken woanders war, war er derjenige der mich an bestimmte Dinge erinnern musste.
Aus meiner Truhe nahm ich also meine Maske. Es war eine schwarz-goldene Maske, die man hinten am Kopf zusammenbinden konnte. Sie war ähnlich wie die von Ron, allerdings weniger geschwungen. Glücklicherweise konnte ich meine Brille unter der Maske verstecken, ansonsten hätte ich eine Maske kaufen müssen, die man vor sein Gesicht hält und das wäre sicherlich lästig geworden.
Ich fand es unnötig ausgerechnet einen Maskenball zu veranstalten. Die Weasleys würde man auch ohne Maske eindeutig erkennen, von Malfoy ganz zu schweigen und auch ich konnte meine Narbe nicht mit der Maske verdecken.
Ron und Ich machten uns also auf zur großen Halle, in der der Ball stattfinden sollte. Vor dem Eingang warteten wir dann auf Hermine.
Ich wollte mir dieses Mal keine Mühe machen, eine Begleitung für den Ball zu finden. Wie ich mittlerweile festgestellt hatte, wäre die Begleitung einer Dame rein freundschaftlich gewesen, mit einem Mann hätte ich wohl kaum auftauchen können und außerdem hatte ich nicht gewusst wen ich hätte fragen können. Außerdem wollte ich nicht wieder wie beim Turnier damals irgendjemanden fragen, um diese Person am Ende nur zu enttäuschen.
Nach ein paar Minuten des Wartens kam Hermine auf uns zu. Sie sah wieder wunderschön aus. Sie trug ein rotes bodenlanges Kleid, ohne Ärmel, welches bis auf die Farbe ansonsten sehr schlicht war. Dazu trug sie schwarze Schuhe mit höheren Absätzen und eine schwarze verschnörkelte Maske um ihre Augen. Ihre schulterlangen, welligen Haare trug sie offen.
Grinsend nahm sie die Hand von Ron, der aussah als würde er jede Sekunde heulend zusammenbrechen und vor mir schritten die beiden in den Saal.
Die Große Halle war ähnlich dekoriert wie bei dem Weihnachtsball damals. Am Ende der Halle stand der riesige Weihnachtsbaum. Davor waren eine große Tanzfläche und ein Pult für die Rede der Schulleiterin. Statt den länglichen Tischen der Häuser standen nun Runde Tische im Raum.
Allerdings war das Licht nicht so eisig und kühl wie beim letzten Fest. Die Halle war in ein warmes gelb goldenes Licht gehüllt weshalb die Schneeflocken, durch die verzauberte Decke mehr wie Sterne aussahen, die auf uns hinabfielen.
An dem Ball des Wiederaufbaus durften alle Schüler von Hogwarts teilnehmen, weshalb der Saal schon sehr belebt war, als wir eintraten. Ich konnte sanfte Streichmusik hören, während wir uns an einen Tisch zu einigen anderen Gryffindors setzten. Ginny blickte mich missbilligend an, während sie Cho etwas ins Ohr flüsterte.
Plötzlich konnte ich hören, wie die Musik aufhörte zu spielen, es in der Halle ruhiger wurde und sich alle an einen Tisch setzten.
McGonagall stand nun vorne, am Pult und lächelte fröhlich in die Runde als sie anfing zu sprechen.
„Liebe Schülerinnen und Schüler, heute ist ein ganz besonderer Tag für Hogwarts und für uns alle... Es sind noch nicht alle Trümmer beseitigt, aber der Großteil ist geschafft und nach und nach werden die letzten Spuren der Vergangenheit beseitigt... Heute feiern wir, dass wir es so weit geschafft haben. Wir feiern das Hogwarts wieder aufgebaut wurde. Wir feiern unsere Familie und unsere Freunde, aber vor allem feiern wir uns selbst. Wir alle haben es geschafft wieder neue Hoffnung zu schöpfen und nach vorne zu schauen...".
Sie weitete ihre Arme aus und musterte den gesamten Raum, bevor sie weitersprach.
„Ich danke Ihnen allen von Herzen, dass Sie dabei geholfen haben. Dank ihrer Hilfe kann Hogwarts noch viele weitere Jahre Schüler wie Ihnen der Zauberei näherbringen. Ich danke Ihnen... Und nun dürfen Sie sich feiern."
Der Saal begann zu applaudieren und zu jubeln, während McGonagall sichtlich mit den Tränen kämpfen musste.
Währenddessen fiel mein Blick durch den Raum. Ich wusste genau wonach ich suchte, und da sah ich ihn.
Ein hellblonder Schopf saß unmittelbar am Tisch vor mir. Während sich der ganze Saal erhoben hatte, saß Malfoy noch immer auf seinem Stuhl und stützte genervt seinen Kopf auf seiner Hand ab.Er trug eine schwarze schlichte Maske ohne jegliche Verzierungen. Außerdem war sowohl sein Hemd als auch sein Festgewand schwarz. Unter der Robe konnte man allerdings eine Weste erkennen die Silber schimmerte und verschnörkelte Verzierungen hatte.
Schließlich erwischten mich seine sturmgrauen Augen. Es fühlte sich an, als hätte er mein Herz in dieser Sekunde mit dem Cruciatus Fluch verflucht. So sehr schmerzte sein verachtender Blick. Nach einer gefühlten Ewigkeit hörte der Saal auf zu applaudieren und Ron und Hermine setzten sich neben mir wieder hin, sodass ich den Blick von Malfoy abwandte und mich ebenfalls auf meinem Stuhl niederließ.
„Harry ist alles in Ordnung? Du wirkst so blass unter deiner Maske?" meinte Hermine dann zu mir, während man im Hintergrund wieder die Musik spielen hörte.
Nach einem Moment der Überlegung schaute ich sie an und nickte stumm.
Ich überlegte schon seit ein paar Wochen, ob ich wenigstens ihr das mit Malfoy anvertrauen könnte, aber immer wieder hatte ich gehofft, dass ich ihn vergessen könnte, so wie er mich scheinbar auch einfach vergessen konnte.
Nach dem ersten Quidditch Spiel vor ein paar Tagen hatte ich Malfoy gesucht, weil ich mit ihm nochmal reden wollte, doch ich hatte ihn nirgendwo gefunden. Er ging mir seither aus dem Weg. Dies versuchte ich genau so, aber ich hatte das Gefühl dabei noch den Verstand zu verlieren.
Ich wollte mich nicht von ihm fernhalten. Irgendwas in mir wollte bei ihm sein.
„Darf ich bitten?", hörte ich Ron Hermine fragen die freudig aufsprang und beide zur Tanzfläche eilten.
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Nach einer Weile hatte ich schon ein paar Butterbier getrunken. Trotzdem hatte ich mich kaum einen Meter von meinem Platz wegbewegt. Ron und Hermine hatten immer wieder gefragt, ob ich nicht mit ihnen tanzen wollte, doch ich war noch nie ein guter Tänzer gewesen und vor allem hasste ich tanzen.
Schließlich trat ich aus der Halle. Ich wollte ein wenig nachdenken und so irrte ich etwas beschwipst durch die leeren Korridore Hogwarts. Es war schon dunkel gewesen, weshalb die Flure mit Fackeln beleuchtet waren. Die ganze Schule war ruhig. Bis auf die dumpfe Musik, die aus der großen Halle kam, war sonst augenscheinlich kein Schüler hier.
Als ich nicht unweit von dem Saal um eine Ecke bog konnte ich ein Kichern und ein Lachen hören.
„Psst. Nicht das uns noch jemand sieht." hörte ich eine weibliche Stimme schmunzeln.
„Keine Sorge, die feiern alle.", sprach nun eine andere weibliche Stimme, der ich immer näherzukommen schien.
Schließlich lief ich an einer Kreuzung der Flure vorbei, als mein Blick in den Flur rechts von mir fiel.
Cho stand dort seufzend mit geschlossenen Augen an der Wand gelehnt und ich konnte sehen, wie ein rothaariger Schopf ihr den Hals küsste.
Starr blieb ich stehen während Cho mich entdeckte. „Oh äh Harry", sagte sie, während Sie Ginny von sich wegdrückte.
„Harry! Ähm... das ist nicht so wie es aussieht.", stotterte Ginny dann die hochrot anlief und mich erschrocken ansah.
Ich nickte. „Keine Sorge, aber wenn ihr nicht erwischt werden wollt... dann geht besser woanders hin.", lallte ich langsam. Verwirrt schaute ich den zweien nach, die hastig ihre hohen Schuhe vom Boden nahmen, die sie wohl ausgezogen haben mussten und schnell losliefen.
Als sie um eine Ecke gebogen waren seufzte ich leise und lief weiter die Flure entlang. So richtig verstanden hatte ich nicht, was ich da gerade gesehen hatte. Vermutlich wollte ich das auch gar nicht und der Alkohol half mir ganz gut dabei, nicht weiter darüber nachzudenken.
Nach ein paar Minuten hatte ich mir vorgenommen auf den Innenhof zu gehen, um ein bisschen Luft zu holen.
Dort angekommen konnte ich erneut Geräusche hören.
Je weiter ich auf den Hof, durch den Schnee trat, desto lauter wurden die Geräusche. Diesmal war es tatsächlich ein lautes Stöhnen einer Frau.
Vorsichtig versteckte ich mich hinter ein paar Säulen als ich im Mondschein ein paar Gestalten an einem Baum sehen konnte.
Ich drehte mich um und war im Begriff einfach in mein Schlafgemach zu gehen, um mir das Ganze nicht weiter anzutun, als ich zwischen dem Stöhnen folgendes hörte: „Oh Draco".
Wie vom Blitz getroffen drehte ich mich um und ging näher auf die beiden zu.
Es war tatsächlich Malfoy.
Dieser stand mit dem Rücken und heruntergelassener Hose zu mir. Er trug Pansy die mit hochgeschobenem Kleid mit dem Rücken an dem Baum lehnte. Ihre Beine waren um Dracos Rücken geschlungen. Sie schaute in meine Richtung.
Ich spürte eine extreme Wut in mir und merkte wie meine Hände zu Fäusten wurden als ich immer näher an sie herantrat.
Der Blonde hatte mich noch nicht bemerkt, aber Pansy schaute mich mit einem dreckigen Grinsen im Gesicht an, während sie weiter und noch lauter rumstöhnte „Ja, Draco."
Wie angewurzelt stand ich hinter Malfoy der immer wieder mit ruckartigen Bewegungen in Pansy stieß.
„Mit Zuschauern macht das ganze noch mehr Spaß.", keuchte sie schließlich und kurz pausierte Draco, der sich suchend umsah.
Mein Herz schlug immer schneller und es fühlte sich so an als würde es jede Sekunde durch den Cruciatus Fluch aufhören zu schlagen. Schnell löste ich mich aus meiner verkrampften Haltung.
Ich spürte noch den Blick Malfoys auf mir, während ich schnellen Schrittes vom Hof ging.
Auf dem Weg zum Gemeinschaftsraum kämpfte ich mit den Tränen. Was für ein eiskalter Kotzbrocken. Was für ein verdammtes Arschloch.
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Die Trümmer der Vergangenheit
RomanceEin halbes Jahr nach der Schlacht wird in Hogwarts wieder unterrichtet. Die Schule ist längst noch nicht wieder vollständig aufgebaut, doch Harry Potter hilft wo er kann. Unerwartet kommt Draco Malfoy wieder nach Hogwarts um dort seinen Abschluss fo...