Wie winzige Diamanten glitzerte der Schnee auf den dunkelgrünen Nadelbäumen. In großen Flocken fiel er vom strahlend blauen Himmel, wären ich barfuß in Richtung des zugefrorenen Sees ging. Der Schnee knirschte unter meinen Füßen und ich genoss die angenehme Kälte um mich herum.
Als ich zwischen den dichten Baumreihen hervortrat, lag er ein wenig unter mir. Gigantisch groß und wunderschön. Ich hatte ihn schon oft aus den verschiedensten Richtungen gesehen, aus den Träumen der vergangenen Nächte.
Von der kleinen Anhöhe, auf der ich stand, hatte man einen sehr guten Blick auf den ganzen See. Hellblau schimmerte die zugefrorene Oberfläche, während die gleichzeitig das Licht der blassgelben Wintersonne reflektierte.
Leichtfüßig sprang ich den kleinen Abhang hinunter und setzte dann vorsichtig einen Fuß auf die spiegelglatte Eisfläche. Sie schien dick genaue zu sein, um mich halten zu können, also setzte ich auch meinen zweiten Fuß auf. Eine Weile stand ich reglos da, doch es passierte nichts. Ich hörte weder ein Knacken, noch ein Knirschen, sondern nur das leise Säuseln des Windes, der sanft durch meine silberweißen Haare fuhr und sie mir ins Gesicht wehte.
Ich lachte leise. Dieser Ort war einfach magisch. Hier war ich glücklich. Frei!
Langsam setzte ich einen Fuß vor den anderen, wobei ich den Blick starr auf das Eis unter meinen Füßen gerichtet hielt. So merkte ich die dunklen Wolken nicht, die dich langsam vor die blasse Wintersonne schoben. Erst, als er auf einmal dunkel wurde und der Wind begann, stärker zu wehen, schaute ich auf.
Mittlerweile war es Eiskalt, doch ich fror nicht. Ich konnte nicht frieren. Der Wind zerrte an meinen, vom immer stärker werdenden Schneefall durchnässten, Haaren und dem Kleid. Ein Donner grollte. Immer lauter wurde es. Der Schnee stob um mich herum, sodass ich keine drei Meter weit schauen konnte. Als ich mich einmal um die eigene Achse gedreht hatte, sah ich sie:
Die weißen Tiger. Ihre blauen Augen leuchteten und ihre schneeweißen Zähne blitzten. Komischerweise verspürte ich keine Angst. Was ich spürte, war ein Gefühl von... Zuhause.
Da knackste es unter meinen Füßen. Ein dicker Riss spaltete das Eis und eher ich reagieren konnte, fiel ich.
Ich schrie.
Ich fiel.
Und fiel...
Und fiel...
Und fiel...
Moment, wieso landete ich nicht im Wasser? Irgendwie schaffte ich es, den Kopf zu drehen und sah... nichts. Um mich herum war nichts. Langsam bekam ich Panik. Inmitten einer unendlichen Weite, schwebte, beziehungsweise fiel, ein Mädchen, das kein Mensch mehr war.
Dann wachte ich auf. Schreien fuhr ich in die Höhe und knallte mit dem Kopf gegen das Glas der Röhre. Stöhnend ließ ich mich zurück sinken und versuchte, meinen Puls wieder zu beruhigen. Der Traum hatte so schön angefangen. Wieso musste er so schrecklich enden, genau wie alle anderen Träume der letzten Zeit?
„Ist alles okay?", fragte eine verschlafene Stimme neben mir.
„Was denkst du denn?", fauchte ich zurück. „Natürlich nicht!"
Jago stöhnte. „Ich weiß, dass wir in einem Labor gefangen sind und man an uns herum experimentiert, falls du das meinst."
„Das meine ich aber nicht..." Meine Stimme wurde leiser. Eine Weile schwieg Jago, dann fragte er vorsichtig: „Erzählst du mir, was los ist?"
Ich nickte. „Ich habe in letzter Zeit... so Träume. Es kann sein, dass ich jetzt verrückt werde, aber... ich glaube, sie bedeuten etwas..." Ich brach ab. Neben mir hörte ich Jago Geräusch voll einatmen, bevor er sagte: „Ich habe schon viel verrücktere Dinge erlebt."
Ich wusste nicht genau, was er damit meinte, aber nachfragen tat ich nicht, denn ich kannte ihn mittlerweile gut genug, um zu wissen, dass er gleich weiter sprechen würde. Das tat er auch.
„Wenn du denkst, dass diese Träume etwas bedeuten, dann glaube ich dir das. Die Frage ist nur... ob sie etwas gutes oder etwas... schlechtes bedeuten!?"
Bei seinen Worten lief mir ein Schauer über den Rücken. Konnte sich unsere Situation wirklich noch verschlimmern? Klar, man könnte uns jeden Tag umbringen, aber das zählt jetzt gerade mal nicht!
„Was hast du denn geträumt?"
„Es... der Anfang war immer unterschiedlich, aber ich bin immer durch Schnee gelaufen. Barfuß, in einem weißen Kleid. Irgendwann ist dann so ein See aufgetaucht, und ich bin drüber gegangen. Dann begann immer ein Schneesturm und die weißen Tiger tauchten auf. Sie haben mir aber nichts getan, es war mehr so, als wären sie ein Teil meiner Familie... Naja, dann ist das Eis unter meinen Füßen gebrochen und ich bin gefallen. In... nichts."
Schweigen. Dann ein leises „Das klingt unheimlich!" von Jago und dann ein Klacken, das uns verriet, dass das Licht gleich angehen würde. Wenn das Licht anging, ging einer neuer Tag im Labor los. Ein neuer Tag voller Experimente, entführter Kinder und gestörten und verrückten Wissenschaftlern.
Für mich mittlerweile ganz normal!
„Sie werden gleich kommen." Jago knurrte. Dann fragte er plötzlich: „Was haben die gestern eigentlich bei dir gemacht?"
„Blut abgenommen.", antwortete ich knapp. „Und bei dir?"
„Mir auch. Ich hatte diesen fiesen Doc mit dem Entengesicht. Der, der immer spricht, als sei er ein Franzose."
Ich musste kichern, wodurch ich mir einen bösen Blick von Jago einfing. „Ich hatte diese komische Schlange. Die mit dem Dauerlächeln. Richtig gruselig!" Ich schüttelte mich wie ein Hund, soweit das in meiner engen Glasröhre möglich war, und brachte so auch Jago zum Grinsen. Da wurde die Tür aufgerissen und unsere eben noch fröhlichen Gesichter, verwandelten sich innerhalb von Millisekunden zu grimmig bösen Grimassen, mit denen wir besagtes Entengesicht anstarrten. Hinter ihm erschien passender weise auch noch Miss Dauerlächeln.
Miss Dauerlächeln: „Guten Morgen." -lächel-
Entengesicht: „Ihr zieht um." -quak-
Jago: „Wieso?" -knurr-
Ich: „Solange es nicht die Leichenhalle ist..." -fauch-
Die Gesichter des Arztes und der Wissenschaftlerin wurden eine spur blasser.
Sie hatten Angst vor uns, langsam wurden sie mir echt sympathisch. Doch etwas in ihrem Blick beunruhigte mich.
„Hat unser Umzug, wie sie unsere Verlegung in eine andere Zelle nennen, zufällig etwas mit dem Ergebnis des Bluttests zutun?" Jago's Augen verengten sich.
„Wir dürfen euch keine Auskunft über die Ergebnisse geben!", antwortete das Entengesicht, und bestätigte damit wohl Jago's Aussage. Ich spürte, dass er gerade fast in die Luft ging.
„Solange Jago und ich nicht getrennt und ermordet werden, könnt ihr uns bringen, wohin ihr wollt.", sagte ich.
Als Antwort bekam ich nur einLächeln der Wissenschaftlerin.
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Alaska︱✓
Science Fiction[SciFi-Roman, beendet ✓] „Der Feind deines Feindes ist noch lange nicht dein Freund, merk dir das!" Laut Kepler22b sollten Mutanten die neue Zukunft bedeuten. Bei der genetischen Veränderung der Kinder, unterlief den Wissenschaftlern jedoch ein Feh...