Chapter 13

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„Früüühstüüüück!" Ich riss Jago's Zimmertür auf und knallte sie im nächsten Moment wieder zu. „Shit! Jago! Was hast du bitte gemacht?", rief ich entsetzt. 

Er zog mir grummelnd die Decke über den Kopf. „Ich will schlafen."

„Das kannst du später machen. Es gibt jetzt Frühstück und wenn du nicht sofort aufstehst, dann lüfte ich mal kräftig bei dir durch!"

„Ich warne dich!", knurrte er, machte jedoch keine Anstalten sein Bett zu verlassen, sodass ich meine Drohung wahrmacht. Ich öffnete seine Tür erneut. Ein eisiger Wind fuhr unter seine Bettdecke, diese flatterte hoch und landete auf dem Fußboden. Es begann zu schneien. Als der Boden anfing zu frieren sprang Jago auf. 

„Wenn du nicht sofort damit aufhörst-" 

„-dann was?"

Das war zuviel für ihn. Er ging in Flammen auf. Und das wortwörtlich. Seine Augen leuchteten glutrot und seine schwarzen Haare glommen feuerrot auf. Der Rest seines Körpers brannte. Seit er einmal sein komplettes Zimmer abgefackelt hatte, waren seine Möbel seitdem zum Glück aus Feuer beständigem Material. 

Ich wurde zu Eis. Es war sozusagen das Gegenteil von Jago als Flammenmonster. Meine blauen Augen wurden schneeweiß und meine Haare leuchteten hell.

Hätte Marcus nicht in diesem Moment gerufen, dass wir runterkommen sollten, hätten wir uns vermutlich gekloppt. Schnell sprang ich die Treppe nach unten und s schnappte mir eine Schüssel Müsli, mit der ich mich in Pavillon des Gartens verzog. 

Durch die Hecke sah ich auf einmal einen knallgelben Punkt. Ich kniff die Augen zusammen, und versuchte durch die dichtgewachsene Hecke etwas zu erkennen, doch ich konnte nichts genauer erkennen. Schnell schaufelte ich das Müsli in mich hinein, sprang dann auf und trat näher an die Hecke heran. Vorsichtig schob ich die Zweige etwas auseinander und sah Hope. Sie wusch gerade eines der vielen Autos ihre Besitzer. 

„Uuääh...", murmelte ich, denn das Auto war eines dieser fetten Protzkarren und verdammt hässlich. Dann kam mir ein Gedanke. Leise suchte ich im Haus nach einer Mütze und stand kurze Zeit später auf der anderen Seite der Hecke. Vorsichtig näherte ich mich dem Mädchen von hinten -ihre Haare waren mittlerweile so bunt, als wäre eine Farbfabrik explodiert, ebenso ihre Klamotten- und sagte dann freundlich: „Hi."

Sie fuhr herum und ich bekam einen nassen Schwamm ins Gesicht geschleudert. 

„Oh nein, das wollte ich nicht, es tut mir leid...", stammelte Hope hektisch drauf los. Dann erst schien sie zu erkennen, dass ich einer von ihrer Sorte war. „Oh...", war alles, was sie heraus brachte. 

„Ich bin Alaska. Du bist Hope, richtig?"

„Ja. Woher weißt du das?"

„Jago hat es mir erzählt."

Hope wechselte ihr Aussehen erneut und sah nun wie ein ganz normales Kind aus. „Wenn meine Leute dich sehen bin ich Tod. Also verschwinde lieber wieder!" Sie schaute sie ängstlich um. 

Ich hockte mich hinter das Auto, sodass ich vom Haus aus nicht gesehen werden konnte. „Wie alt bist du?"

Ihre knappe Antwort lautete: „14."

„Ich bin 17. Hör mir zu. Ich weiß, dein leben ist alles andere als schön, aber Jago hält seine Versprechen! Also bleibt hier, bis wir dich mitnehmen, okay?"

Sie nickte. Ich ließ mir nicht anmerken, dass ich Angst hatte. Angst davor, zu gehen. Gehen zu müssen. Denn früher oder später, würde uns entweder Kepler22 oder die Regierung finden. 

Ich bemerkte, wie Hope mich anstarrte. Nachdenklich. 

„Was ist?", fragte ich sie.

Erst winkte sie ab, doch dann sagte sie zögerlich: „Du erinnerst mich an ein Mädchen aus... dem Labor. Ich habe sie nur einmal gesehen. An dem Tag, an dem ich dort angekommen bin. Sie sah genauso aus wie du!"

Unmerklich zuckte ich zusammen. Konnte das sein...? Nein, das wäre ja wirklich ein ziemlich krasser Zufall und es war schon Zufall genug, das ich vor einem halben Jahr Jago wieder begegnet war. In diesem Viertel. Und in diesem Viertel konnte doch nicht auch noch.... Ich griff mir an den Kopf und raufte mir die Haare. 

„Alles okay?" Hope legte den Kopf schief. Ich blinzelte ein paar mal und lächelte dann verwirrt. „Ähm ja... alles okay..." Ich stand auf und lief zurück zur Hecke. „Ich komme wieder!", rief ich de verdutzten Hope noch zu, dann verschwand ich wieder im Garten. 

„Wo, verdammt noch mal, warst du?", fuhr Jago mich an. Verdutzt machte ich einen Schritt zurück. „Ich habe... ich war bei Hope."

„Wie, du warst bei Hope?"

„Ich habe mit ihr gesprochen!" Meine Verblüffung verschwand und ich verschränkte trotzig die Arme.

„Du warst da draußen?" Fassungslos starrte Jago mich an. „Hast du vergessen dass das extrem gefährlich und einfach nur leichtsinnig war?" Er wurde lauter. „Alaska! Du kannst nicht einfach auf der Straße herumspazieren!"

„Jetzt komm mal wieder runter. Mich hat niemand gesehen, klar?", feuerte ich zurück. 

„Woher willst du das wissen?" Er verschränkte ebenfalls die Arme. 

„Ich bin ein Tiger! Schon vergessen?" Ich spürte, wie ich wütend wurde. 

„Du bist kein Tiger! Du bist ein... kein Mensch, das ist ein Unterschied!"

Ich zuckte zurück. Das, was er gerade gesagt hatte, tat weh. „Dann kann ich dir ja auch egal sein!" Ich rauschte an ihm vorbei und hörte gerade noch ein „Alaska...", dann knallte ich die Tür zu. 

In meinem Zimmer ließ ich mich auf mein Bett fallen und vergrub das Gesicht in meinen Händen. Eine kleine, eiskalte Träne rollte über meine Wange, tropfte auf den Boden und verschwand in einem Riss in dem Holzboden. 

Ein vorsichtiges Klopfen ließ mich zusammen fahren. „Aisy?", fragte Jago leise. 

„Was?", fauchte ich. 

„Kann ich reinkommen?"

„Klar!" Ich senkte die Temperaturen und Jago schob sich vorsichtig ins Zimmer. Ich versuchte krampfhaft, nicht laut los zu prusten, denn er hatte sich vorsichtshalber mit zwei dicke Wintermäntel von Marcus, eine Schneehose, Mütze, Schal, Handschuhen und warmen Stiefeln ausgerüstet. Trotzdem klapperten seine Zähne. Er ließ sich  neben mich aufs Bett fallen und murmelte leise: „Tut mir leid, was ich vorhin gesagt habe. Das war nicht so gemeint..."

Ich sagte nichts. Sollte er sich ruhig etwas die Zähe ausbeißen.

„Ich wollte damit nur sagen, dass...", er überlege, „das wir nicht wie normale Menschen sind."

Ich schwieg weiterhin. Doch innerlich lachte ich. 

„Jetzt sag doch mal etwas!" Ungeduldig sah er mich an. 

Ich sagte nichts. 

„Du...", auf einmal sackte er in sich zusammen, „...Du musst vorsichtig sein Alaska! Ich will einfach nicht, dass dir etwas passiert!"

Da umarmte ich ihn. Erleichtert erwiderte er meine Umarmung. 

„Wehe du machst sowas nochmal!", drohte er mir. 

Ich lachte. „Keine Sorge, ich passe schon auf. Aber du musst mir vertrauen!"

Alaska︱✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt