Chapter 33

19 4 0
                                    

Langsam öffnete ich die Augen, kniff sie aber sofort wieder zu, denn ich wurde von strahlend hellem Licht geblendet. 

Wo war ich? Wer waren diese Leute?

Ich hielt mir die Hand vor die Augen und blinzelte. Ich sah nur weiß. Überall. Panik stieg in mir hoch, als mir der Satz durch den Kopf schoss, den einer dieser Typen gesagt hatte, bevor ich einschlief. 

‚Bringt sie in die Kepler Einrichtung!'

Das war doch eindeutig. Aber es machte absolut keinen Sinn. Das Labor war doch damals zerstört wurden. Wir konnten also nicht dort sein. 

Aber wo dann?

Ich setzte mich auf und schaute mich um. Dann riss ich die Augen auf, denn ich bemerkte, das ich zum zweiten mal in meinem Leben in eine Glasröhre gesperrt war. Diese, in der ich jetzt saß, hatte allerdings einen Durchmesser von etwa zwei Metern. Des Weiteren befanden sich in dieser Halle noch, durch eine Trennwand abgetrennter, Bereich, irgendeine komische Kapsel, die nur vorne in der Tür eine Glasscheibe hatte, durch die man durch sehen konnte und ein Wagen mit unheimlich vielen Spritzen, kleinen Döschen, Stethoskopen, Lupenähnliche Dinge und Klemmbretter.

Neben mir befand sich eine weitere Röhre. In ihr lag der Junge. Er schien noch zu schlafen, deshalb sprang ich auf die Füße und hämmerte gegen die Scheibe. 

„Wach auf!", schrie ich zu ihm rüber. „Blöde Mütze!"

Noch mal schlug ich dagegen, doch der Junge regte sich nicht. Resigniert ließ ich mich an der Scheibe nach unten rutschen und vergrub das Gesicht in den Händen. Weinen wollte ich nicht, und das konnte ich auch gerade nicht, ich fühlte mich einfach leer. Leer, verzweifelt, allein. 

Dann bemerkte ich, dass ich meine Hände unbewusst zu Fäusten geballt hatte. Die altbekannte Wut loderte in mir auf. Wir gegen Kepler22, Wut gegen die Wissenschaftler, Wut gegen alle Menschen, die das alles unterstützten.

„Alaska..."

Erschrocken fuhr ich herum, doch zum Glück war es noch der Junge, der sich gerade langsam aufrichtete. Seinen dunklen Haare hingen ihm wirr in die Stirn und er sah allgemein etwas mitgenommen aus. 

„Wir...", begann ich, wurde jedoch von ihm unterbrochen.

„...sind in einem Labor. Is' ja schwer zu übersehen!"

Er klang so gleichgültig. Als hätte er schon längst aufgegeben. Aber wieso?

„Wir müssen hier raus!", stellte ich fest.

„Wie willst du das denn anstellen?" 

„Na... irgendwie..."

Wieder schwiegen wir. Ich wurde einfach nicht schlau aus ihm. In der letzten Zeit hatte ich bemerkt, dass er netter war, als zu Anfang gedacht. Doch dann, von einem Schlag auf den anderen, war er wie ausgewechselt. 

„Irgendwie ist gut! Alaska, überleg doch mal! Es sind fast vier Jahre vergangen, seitdem Kepler22 zerstört wurde und wir alle fliehen konnten. Die Menschen entwickeln sich weiter. Sie geben sich nicht mit ihren Monstern zufrieden, sie brauchen das, was sie wollen, um mit der Sache abschleifen zu können!" Er lehnte sich gegen die Scheibe seiner Röhre. 

„Du meinst... sie werden weiter forschen?", fragte ich leise. Er nickte nur. 

„Dann... uns fällt schon was ein..." 

Mit der Faust klopfte ich leicht gegen die Scheibe. Es fühlte und hörte sich an wie Glas. Mit Glas würde ich schon fertig werden!

Er sah mich an wie ein Kleinkind, dass die Schokolade gegessen hatte, obwohl es ihm verboten worden war. „Worauf ich eigentlich hinaus wollte war, das sie schon dafür gesorgt haben ,dass so etwas wie damals nicht noch einmal passiert! Hier kannst du nicht ausbrechen!"

„Wieso so pessimistisch?", fragte ich sarkastisch. „Hast du vergessen dass wir ein paar übernatürliche Fähigkeiten habe?"

Von dem Jungen war nur ein kurzes, bitteres Lachen zu hören. „Natürlich nicht. Aber die werden dir hier vermutlich auch nichts bringen! Und das ist eine Zelle, die extra für Mutanten angefertigt wurde. Mutanten wie dich!"

Ich überging einen letzten Satz und meinte stur: „Versuchen kann man es ja trotzdem!"

Wieder schüttelte er nur den Kopf, doch diesmal schwieg er.

Vorsichtig tastete ich zu nach meinem Eis. Sofort gehorchte es. Ein triumphierendes Lächeln legte sich auf meine Lippen. Dünner Frost über zog den Boden, breitete sich immer weiter aus. Zuerst über den Boden, dann hoch an den Wänden und schließlich bis zur Decke.

Ich konnte meinen eigenen Atem sehen.

„Alaska, jetzt lass es doch einfach!", hörte ich die genervte Stimme des Jungens. Er starrte bitter zu mir rüber. „Das bringt nichts. Akzeptiere es doch!"

Er wusste garnicht, wie wütend mich seine Worte machten. Meine Lippen wurden zu einer einzigen schmalen Linie. Ich wurde zu Eis. 

„Ach ja?", fragte ich leise. Ein verbitterter Unterton schwang mit. „Ich soll also aufgeben und all das noch einmal über mich ergehen lassen? Ich soll zulassen, dass sie mich für ihre Experimente benutzen? Wieder? Soll ich das ganze solange über mich ergehen lassen, bis überhaupt nichts menschliches mehr an mir ist?" Langsam drehte ich den Kopf in seine Richtung. Der Junge saß schweigend in seiner Zelle und und mich aus trüben Augen betrachtete.

„Ist es das, was du von mir erwartest?"

Gequält senkte er den Blick. Er sah mich nicht mehr an. „Es tut mir leid...! Ich habe... habe-"

Unwirsch unterbrach ich ihn. „-vergessen?", zischte ich. „Vergessen, das ich mich schon einmal in einemLabor befunden habe und die Wissenschaftler dort mit mir anstellen konnten was sie wollten? Es tut mir leid, aber das werde ich nicht erneut zulassen!"

„Alas-" Er bemühte sich um einen versöhnlichen Ton, doch ich hatte genug. 

„Nichts Alaska! Es ist mein Körper und mein Leben und die einzige, der bestimmt was damit gemacht wird, bin ich!", knurrte ich. „Wenn du unbedingt bleiben willst, dann tu das doch! Ich aber werde gehen!"

Er sah mich nur an und ich fuhr ihn an: „Kannst du mal bitte woanders hinschauen? Nur weil du plötzlich als Glubschi vor mir stehst, ändere ich nicht meine Meinung! Ich werde ich nicht nochmal für kranke Experimente missbrauchen lassen, egal, ob von Kepler oder der Regierung, im Prinzip ist es doch alles das selbe!"

Der Schneesturm brach aus!

Er füllte meine gesamte Zelle. Alles war weiß. Es war unmöglich, etwas zu sehen. In meiner Zelle tobte es. Immer wieder hörte man Eis gegen die Scheibe klirren. Ich nahm all meine Wut und meine Kraft zusammen. Ich wollte hier raus! Unbedingt! Nichts in der Welt konnte mich zwingen freiwillig hier zu bleiben!

Immer mehr Eis schoss mit hoher Geschwindigkeit gegen die Scheibe. Doch auf einmal, war alles weg. Kein Schneesturm, kein Eis.

Irritiert schaute ich mich um. Was war das denn jetzt?

Da hörte ich jemanden klatschen. Innerhalb von Sekunden nahm ich eine lauernde Haltung ein. 

„Vielen Dank, für diese Kostprobe. Es ist außerordentlich amüsant zu sehen, wie sehr du dich abmühst! Doch ich fürchte, das wird dir nicht helfen!"

Ein Mann Mitte fünfzig kam auf uns zu. Mein Blick fiel auf das Namensschild, dass er an seinem weißen Kittel trug. Der Schriftzug ließ mir das Blut in den Adern gefrieren.

Dr. ARMIN BROWN WISSENSCHAFTLER

Alaska︱✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt