Chapter 15 - Special

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Als wir es tatsächlich geschafft hatten, uns zu beruhigen, kam keiner von uns auf die Idee, den Film weiter zu kucken. Außerdem hatten wir mittlerweile 19:15Uhr und wir taten vom vielen Lachen ziemlich Hunger bekommen. Alaska kicherte immer noch, doch ich schaffte es, mich nicht anstecken zu lachen, obwohl das eine Sache der Unmöglichkeit war.  

Selbst beim essen konnte sie garnicht aufhören, auch wenn sie die ganze Zeit versuchte, sich zusammenzureißen. 

Fiona sagte irgendeinen Spruch, wir sangen ein Weihnachtslied und dann aßen wir. Es gab frischen Salat mit Tomaten und dazu Baguette mit Guacamole, eine Suppe, die Lasagne und zum Nachtisch Mousse au Chocolat. Danach sollten Alaska, Marcus und ich im Flur warten, während Fiona im Wohnzimmer rumhantierte.

Alaska sprang wie ein Flummi auf und ab. Ich verdrehte die Augen und fragte dann gespielt besorgt: „Geht es dir gut, oder soll ich einen Arzt rufen?"

„Mir geht's bestens!", gigelte sie. Da rief Fiona: „Ihr könnt kommen!"

Die Wohnzimmertür öffnete sich und wir traten ein. Ich stand nur stumm da, während Alaska neben mir der Mund aufklappte. Der ganze Raum war dunkel, dass einzige Licht kam von den vielen Kerzen am Weihnachtsbaum. Sie brachten die Kugeln zum funkeln und diese warfen winzige Lichtpunkte an die Wände. 

Langsam näherten wir uns Fiona, die uns lächelnd entgegen sah und setzten uns zu ihr auf den Boden. Keiner traute sich, diese Stille zu unterbrechen. Noch nicht einmal Alaska gab einen Muks von sich. Schließlich nahm Fiona etwas, das neben ihr lag und hielt es uns hin. Es war ein Buch. Vorsichtig schlug ich es auf. In ihm waren Weihnachtslieder geschrieben. 

„Habt ihr Lust?", fragte ich leise in die Runde. Als Antwort erhielt ich nur ein glückliches Lächeln. 

Wir sagen ein paar Lieder, dann schaute mich Alaska fragend an. Ich nickte. Aufgeregt gaben wir unsere Geschenke an Fiona und Marcus weiter, die diese öffneten und eine Weile lang sprachlos waren. Dann raunte Marcus: „Dankeschön!"

Von Fiona hörte man nur ein Schluchzen und ehe wir reagieren konnte, hatte sie uns in eine dreier Umarmung gezogen. Obwohl es ziemlich unangenehm für sie sein musste, denn die Luft um Alaska herum war eiskalt. 

Als sie uns schließlich los ließ, bibberte sie ein wenig und rutschte näher an mich ran. „Jetzt bin ich aber dran...", schniefte sie. Sie nahm ein kleines Geschenk, das unter dem Baum lag, und gab es mir. Vorsichtig zog ich die Schleife auf und wickelte das goldene Papier ab. Zum Vorschein kam eine Uhr. Sie war eigentlich sehr schlich, grau, mit goldenen Zeigern, doch ich fand sie schön. Grinsend flüsterte Alaska: „Jetzt musst du uns  nicht  mehr fragen!" 

Da hatte sie recht. Ich sch rie ziemlich oft durch ganze Haus: „Wie viel Uhr haben wir?" Meistens war dann ein: „Schau doch auf die Uhr, dann weißt du es!", zurück gerufen worden.

Ich bedankte mich bei ihr und schaute dann zu Alaska. Sie starrte eine der roten Kugeln an. Ich wedelte mit der Hand vor ihrem Gesicht rum und sie blinzelte. „Hab ich was verpasst?", fragte sie. Dann fiel ihr Blick auf die Uhr. „Oh, schick!"

Sie bekam eine kleine silberne Kette mit einem Medaillon, in dem ein Foto von uns vieren lachen im Gartenpavillon zu sehen war. Sie lächelte überrascht. „Das ist... danke!"

Nach der Bescherung saßen wir noch eine Weile zusammen auf der Couch. Alaska hatte sie zusammen gerollt an Marcus gekuschelt, der väterlich einen Arm um sie gelegt hatte, während ich mir die Fotos ansah, die während unserer gemeinsamen Zeit bei Fiona und Marcus Young entstanden waren. Die beiden waren wirklich etwas Besonderes. Sie behandelten uns so gut, wie es nur Eltern können, obwohl sie wissen, was ihnen für eine Strafe droht, sollte es heraus kommen. Es war wirklich nicht fair, wie die Regierung nicht nur die Mutanten, sondern auch die Menschen unterdrückte. Ständig wurden Drohungen im Radio, Fernsehen oder der Zeitung ausgesprochen. Ich zitiere: 

„Da wir nur das beste für unsere Bevölkerung wollen, hat die Regierung beschlossen, dass auf eine soziale Behandlung der Mutanten eine hohe Strafe folgen wird!"

Ja, es war nicht fair, aber man konnte es nicht ändern. Ich war froh, das sie weder Fiona, noch Marcus, davon klein machen ließen. 

„Ich glaube, ich gehe langsam mal hoch...", gähnte Fiona gegen 01:30Uhr. Marcus legte einen Finger auf die Lippen und deutete auf die schlafende Alaska. Im Schlaf sah sie so viel friedlicher aus, so viel freier. Wahrscheinlich belastete sie unser Mutantendasein doch mehr, als sie jemals zugeben würde. 

Als ich spät in der Nacht hoch in mein Zimmer lief, überkam mich auf einmal ein seltsames Gefühl. Es war, als würde ich beobachtet werden. Als wäre jemand in der Nähe, der nicht hier sein dürfte. 

Nein, Jago, jetzt reiß dich doch mal zusammen. Du bist müde und hast es dir eingebildet! Schimpfte ich mit mir selbst, während ich die Zimmertür hinter mir zuzog und die Tagesdecke achtlos vom Bett warf. So müde wie ich war verzichtete ich diesen Abend ausnahmsweise mal aufs Zähneputzen, schaffte es gerade noch in meinen Pyjama zu schlüpfen und fiel wie ein Baum um. 

Seufzend kugelte ich mich unter der Decke zusammen und schlief auf der Stelle ein.


Alaska︱✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt