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Die ganze Heimfahrt über warf ich alle paar Sekunden einen besorgten Blick zu Nico.
Ich musste ihn auf jeden Fall fragen, was los war.
Egal, ob er dann weinen würde.
Er musste einfach mal seine Gefühle nach außen lassen.
Ich schielte wieder mal zu ihm rüber.
Er hatte mittlerweile sein Handy ausgepackt und tippte nervös darauf rum.
Dann legte er es wieder weg und blickte zu mir.
"Willst du mit mir und meinem Opa auf'n Friedhof, Blumen gießen?"
Ich schluckte und nickte.
Ich war noch nie auf einem Friedhof, meine Familie lag in Russland begraben.
Außerdem fand ich Friedhöfe ziemlich deprimierend.
Beziehungsweise die Menschen, die dort rumliefen.
Aber egal.Nervös blickte ich mich um.
"Willst du?"
Nico bot mir seine halbe Kippe an und ich rauchte diese in ein paar tiefen Zügen auf.
Dann trat ich sie mit meinem Schuh aus.
"Ich glaub, ich kündige", murmelte ich leise.
"Was machst du dann?"
"Dealen", nuschelte ich.
"Das ist noch schlimmer. Mach den Scheiß nicht."
Ich seufzte und strich mir über die Stirn.
Skeptisch beobachtete ich einen mies depressiv aussehenden Typen mittleren Alters, der auf uns zukam, aber alle Fragen klärten sich, als er Nico in den Arm nahm.
"Hey", murmelte Nico.
Er nickte mir zu.
"Hey."
"Hey", entgegnete ich leise und vergrub meine Hände in den Taschen meiner Jogginghose.
Ich ging Nico nach, der eine Gießkanne mit Wasser füllte und folgte ihm zu einem tatsächlich wunderschönen Grabstein aus weißem Marmor mit vielen Blumen davor.
Er goss die Rosen und den Lavendel, die wirklich wunderschön aussahen.
"Kannst du schauen, ob die Kerzen noch an sind?"
Ich nickte.
Ich hatte noch nie schwarze Grabkerzen gesehen, aber konnte mir vorstellen, dass sie zu ihm gepasst hätten.
So wie Nico drauf war.
Nur eine war ausgegangen, also zündete ich sie mit meinem Feuer wieder an.
Dann machte ich den Deckel wieder drauf und stellte sie exakt wieder dorthin, wo sie war.
Nico verabschiedete sich von seinem Opa, der locker sein Vater sein könnte und nahm meine Hand.
"Wo gehen wir hin?"
Ich zuckte mit den Schultern.
"Ich kann Danny fragen, was er macht, oder ist das kritisch?"
"Passt schon, frag ihn."
Ich nahm mein Handy und rief Danny an.
Es klingelte eine Ewigkeit und ich wollte schon auflegen, als er dran ging.
"Hey Bruderherz."
"Hey", murmelte er.
"Hast du Zeit?"
"Klar, komm rüber."
"Kann Nico mitkommen?"
"Natürlich, aber ich werd' langsam affig. Warn' ihn vor."
"Mach ich. Bye."
"Tschüssi."
Ich legte auf und wir gingen zusammen zu Dannys Wohnung, ich klingelte und drückte die Tür auf.
Ich war froh, dass er nicht weit oben wohnte, sondern im Erdgeschoss.
Wir verschwanden in der Wohnung, die einer Hotbox glich.
Danny nahm einen Joint aus seinem Aschenbecher vom Couchtisch und passte ihn weiter zu Nico.
Dieser nahm gierig ein paar Züge.
"Kann ich?", fragte Danny leise und zeigte seinen Gürtel.
Nico nickte.
"Hast du Alk?", fragte er leise und blies den Rauch aus.
Er nickte und holte eine volle Flasche Vodka aus einem Schrank.
Nico nahm diese und trank einen Schluck.
"Ich geh' pissen", sagte er und verschwand im Badezimmer.Nico war seit 30 Minuten weg und langsam machte ich mir Sorgen.
"Wo bleibt er denn?"
"Scheiße."
"Was?"
"Er hat die Flasche mitgenommen."
"Shit."
Ich sprang auf und rannte ins Bad, wo er über dem Klo hing und sich die Seele aus dem Leib kotzte.
Die leere Flasche lag neben ihm.
Verzweifelt sah ich zu Danny, der auf dem Boden saß und immer noch voll weg im Türrahmen lehnte.
"Lass mich in Ruhe", nuschelte Nico.
"Brauchst du wirklich keine Hilfe?", fragte ich ihn besorgt.
Er schüttelte heftig seinen Kopf und strich sich mit seiner zitternden Hand die Haare aus dem Gesicht, bevor er ein weiteres Mal würgte.
"Das könnte eine Alkoholvergiftung sein", murmelte ich verzweifelt.
"Willst du etwa, dass ich in die Klapse komme?"
"Natürlich nicht, aber vielleicht ist es das Beste, wenn du dir nichts antun kannst."
Er spuckte in das Klo und erbrach sich kurz darauf.
"Beruhig' dich", flüsterte ich und er bekam nur einen Heulkrampf.
Ich blickte rüber zu Danny.
Er sah mich fragend an und zeigte mir sein Handy, auf dem er schon den Notruf gewählt hatte.
Ich schluckte und nickte zögerlich.
Dann ging er raus aus seinem Badezimmer.
Nico riss seinen Kopf nach oben.
"Wo geht er hin?"
"Er drückt nur noch Mal", murmelte ich und streichelte über seinen Rücken.
Er beugte sich wieder über die Toilette und das Ganze ging von vorne los.
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ketamine (bittersüße vodkaküsse 2)
Romance»meine schulter wurde nass, aber es war mir egal. denn er war mir nicht egal.«