38 - year of silence

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"Hey", lächelte ich vorsichtig.
Simon hielt mir den Joint hin und ich nahm ihn ihm dankbar ab.
"Dachte, du hast kein Gras?", fragte ich Simon.
"Ist meins", murmelte Nico.
"Danke", lächelte ich nervös und nahm einen tiefen Zug, bevor ich Nico den Jay zurück gab.
"Haben noch keine Kippe geraucht", sagte Nico leise und deutete auf dem Balkon.
Ich nickte und er gab Simon den Joint, bevor er aufstand und wir gemeinsam auf Dannys kleinen Balkon gingen.
"Erklär mir, was in deinem Kopf passiert."
"Die Stimme ist wieder weg. Bin auf Medikamenten, aber auf anderen als auf Quetiapin."
Er zündete sich eine kompakte Zigarette an und gab mir eine.
"Auf Quetiapin hast du mich betrogen, oder?"
"Es hat sich nicht real angefühlt. Ich hab' 600 Milligramm bekommen, zwölf Stunden geschlafen und dachte irgendwie, dass das nicht die Realität ist."
"Was kriegst du jetzt?"
"Abilify. Wirkt ähnlich, aber doch ganz anders."
"Ich könnte mir niemals jeden Tag irgendwelche Pillen einschmeißen, nur um zu funktionieren."
"Du funktionierst nicht gleich, nur weil du Medis für deine Psyche nimmst. Das ist der Ausnahmefall, dass du dann funktionierst."
"Aber du hörst keine Stimmen mehr."
"Ja, aber angeblich hilft es auch gegen Stimmungsschwankungen. Tut es nicht, siehst du ja."
"Wie geht's deinem Arm?", fragte ich leise.
"Naja, tut schon noch weh. Wurde halt zugenäht."
"Krass."
"Wurde schon zehn Mal oder so genäht, ist nicht so krass wie du dir das vorstellst."
"Hm."
Ich stellte es mir trotzdem krass vor, aber er war sowas ja gewohnt.
Sah man ja an seinem Arm.
"Kann ich's sehen?"
"Ist unter 'nem Verband, du wirst da nicht viel sehen."
"Okay", seufzte ich, "sorry, falls ich damit nerve oder so."
"Nerven tust du nicht, aber du triggerst mich 'bisschen."
"Sorry, fuck..."
"Alles gut, ich tue mir nur weh, wenn was richtig schlimmes passiert."
"Was ist denn passiert?"
"Weißt du doch... sie ist schwanger."
"Oh. Und deshalb hast du..."
"Das ist schlimm. Also nicht das Kind, sondern dass ich dachte, das wird unser Untergang", sagte er leise, "und ich hab' Angst, dass es das früher oder später auch doch noch wird."
"Warum?"
Ich sah ihn Ernst an.
"Sie mag mich. Mehr als mir lieb ist."
"Scheiße."
"Aber ich kann sie jetzt nicht alleine lassen, sonst wächst mein Kind ohne Vater auf. Und was passiert, wenn man keinen Vater hat, sieht man ja an mir."
Ich schluckte.
"Ich glaub' das liegt auch an der genetischen Veranlagung. Und an deiner Mum."
Er nickte.
"Hast vielleicht Recht. Aber ich vermisse meinen Papa, auch wenn ich ihn nie kennenlernen konnte. Er ist mit fucking sechzehn gestorben. Ich werde bald siebzehn. Dann bin ich älter, als er jemals geworden ist."
Seine Augen wurden glasig und ich drückte meine Kippe aus, um ihn in den Arm zu nehmen.
Meine Schulter wurde nass, aber es war mir egal.
Denn er war mir nicht egal.

ketamine (bittersüße vodkaküsse 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt