10 - under the bridge

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"Was arbeitet er denn?", fragte Nico mich, "also was Lila arbeitet, kann ich mir denken."
"Was denkst du denn, was sie arbeitet?"
"Das gleiche wie du."
Ich schluckte.
"Mhm. Ja."
"Aber was arbeitet Danny?"
Ich seufzte.
"Er prostituiert sich, aber richtig."
"Scheiße."
Er sah auf den Boden.
"Jetzt macht das Sinn, was du gesagt hast. Ich dachte, es geht um das H."
"Geht es auch. Aber ich will auch nicht, dass ihn irgendwelche ekelhaften Typen, die alle über 50 sind, in den Arsch ficken und trotzdem macht er das."
"Du wirst ihn nicht davon abhalten können, er verdient wahrscheinlich gut."
"Tut er auch, aber er schmeißt sein ganzes Geld wieder raus. Für fucking Opiate. Er hat dann nicht mal was zum Essen übrig."
"Apropos Essen, ich hab' Hunger."
"Kein Wunder."
"Wieso kein Wunder?"
"Ich hab' dich noch nie essen gesehen."
"Kann sein."
Er zuckte mit den Schultern.
"Und was?"
"Keine Ahnung, lass uns Pizza bestellen."
Ich nickte.
"Gute Idee."
Ich lehnte mich an ihn und er holte eine Flasche Pfeffi unter seinem Bett hervor.
"Bah, wie kann man das trinken?"
"Sieh zu und lerne."
Er nahm eine Dose weißes Redbull von irgendwo her, trank diese halbleer und schüttete den Rest mit Pfeffi auf.
Dann exte er die Dose.
"Sicher, dass du kein Alki bist?", fragte ich besorgt.
"Hab' nie gesagt, dass ich keiner bin", sagte er gleichgültig.
Ich seufzte.
"Wollten wir nicht Pizza bestellen?"
Er nickte und nahm sein Handy aus der Hosentasche.
Dann rief er bei irgendeiner Pizzaria an und bestellte eine Margherita.
Als er aufgelegt hatte, sah ich ihn verwirrt an.
"Das reicht?"
Er nickte.
"Ich ess' eh nicht viel."
Dazu gab ich mal lieber keinen Kommentar ab.
Keine Lust auf Streit.

Eine halbe Stunde später klingelte es an der Tür, ich holte die Pizza ab und bezahlte mit dem Geld, das mir Nico in die Hand gedrückt hatte.
Dann gingen wir ins Wohnzimmer.
Schweigend aßen wir unsere Pizza.
Ich bekam zu meiner Überraschung nur drei Stücke ab, weil Nico ungehemmt den Rest in sich reinschaufelte.
"Muss aufs Klo", murmelte er und ich ging zur Sicherheit vor die Tür.
Nicht, dass er sich erbrach oder so.
"Was?", fragte er leise.
Verwirrt zog ich die Augenbrauen hoch.
"Du machst mir Angst."
Besorgt klopfte ich an der Tür.
"Was ist los?", fragte ich, als ich keine Antwort bekam.
"Was?"
Ich öffnete die Tür.
Nico saß mit aufgerissenen Augen vor dem Klo.
"Ist alles gut?"
"Mhm."
"Sicher?"
"Klar, mir ist nur grade was komisches passiert."
"Darf ich wissen, was?"
Er schüttelte den Kopf.
"Hast du gekotzt?"
"Nein. Versprochen."
Dann sah er zu mir.
"Nein", wiederholte er.
"Ist wirklich alles gut?"
"Ja."
Ich schluckte.
"Kannst du jetzt rausgehen?"
"Warum?"
Ich zeigte ihm ein kleines Pack mit Alufolie.
"Muss schlafen gehen."
"Ich bleib drin."
Nervös sah ich zu ihm runter.
"Kommst du wirklich damit klar?"
Er nickte.
"Ist nur schlimm mit anzusehen, wenn sich jemand einen Druck gibt. Aber du ziehst ja nur."
Ich nickte.
Dann machte ich die Folie auf und schnupfte das gelb bis bräunliche Pulver.
Er beobachtete mich ganz genau.
"Warum?", fragte er leise.
"Ich halte mein Leben sonst nicht aus."
Müde zog ich ihn nach oben und wir gingen in das Schlafzimmer seiner Mum, legten uns ins Bett und ich kuschelte mich unbewusst an ihn.
Er streichelte über mein Gesicht.
"Nico?"
Er sah mir tief in die Augen.
"Ja?"
"Was war los?"
"Warum interessiert dich das so brennend?"
"Weil ich dich echt lieb habe und mir was an dir liegt. Ich mache mir Sorgen."
Er seufzte.
"Willst du das wirklich wissen? Ich glaube nicht, dass es so schlau ist, dir das jetzt zu sagen."
"Ja, will ich. Ganz sicher."
"Puh."
Er sah mir so tief in die Augen, als würde er direkt in meine Seele schauen.
"Ich hab' Stimmen gehört."

ketamine (bittersüße vodkaküsse 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt