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Ich war noch nie in einem Krankenwagen mitgefahren.
Nicht Mal bei Danny.
Und alles hier fühlte sich dermaßen beängstigend an, dass ich Nicos Hand fester umgriff als er meine.
Ich atmete tief durch.
Ich konnte sehen, dass er immer noch zitterte.
Zwei Mal Krankenhaus an einem Tag.
Was eine Scheiße.
Verständlich, dass er das nicht wollte.
Ich seufzte und streichelte mit dem Daumen über seinen Handrücken.
Er sah mich mit leeren Augen an.
"Ich hab' dich so lieb", flüsterte ich ihm ins Ohr.
"Ich will es auch mal probieren. Age", murmelte er.
"Was?", fragte ich geschockt.
"Mein ganzes Umfeld nimmt die Scheiße."
"Scheiße, Nico, vergiss es. Von mir kriegst du gar nichts."
"Mhm", gab er beleidigt von sich.
"Ich mein es ernst. Fang' nie damit an, außer du brauchst noch mehr Probleme. Und das bezweifele ich.
Du bist sowieso schon Alkoholiker", raunte ich.
Er seufzte.
"Meine Mutter romantisiert es so sehr, wenn sie befreit von allen Sorgen, halbtot aber glücklich auf der Couch liegt. Ich will doch nur ein einiges Mal dieses Gefühl spüren, verstehst du?"
Ich verdrehte die Augen und wollte ihm gerade antworten, als sich die hinteren Türen des Krankenwagens öffneten.
"Kann ich mit?", fragte ich den Sanitäter, der die Liege mitsamt Nico nach draußen schob.
Dieser schüttelte seinen Kopf.
"Du kannst aber draußen warten, bis er auf ein Zimmer kommt."
Nico sah erst ihn, dann mich traurig an, während wir die Notaufnahme betraten.
"Du schaffst das schon. Ich glaub' an dich."
Ein kleines Lächeln huschte über sein Gesicht, das so schnell wieder verschwand, wie es gekommen war.
"Kannst du meine Mum anrufen? Erzähl ihr aber noch nicht, was passiert ist."
Ich nickte und nahm sein Handy entgegen.
"Code?"
"0202."
Ich nickte und sah ihm besorgt nach.
Ich war so froh, dass ich nicht auch noch eine Krankenhausphobie hatte so wie Danny.
Dann wäre er jetzt ganz alleine hier.
Seufzend entsperrte ich das Handy und starrte erstmal auf das Hintergrundbild.
So ein Typ mit lila und schwarzen Haaren, einem schwarzen Beanie, unzähligen Ketten um den Hals und ein paar Piercings.
Mit einem Mädchen mit blauen Haaren, das in seinen Armen lag, welche eins zu eins aussah wie Nicos Mutter in etwas jünger.
Es war das erste Mal, dass ich seinen Vater sah, aber ich konnte sofort die Ähnlichkeit zu Nico erkennen.
Dann sah ich auf die Uhrzeit.
Schon 19 Uhr.
Ich ging auf die Kontakte, suchte nach seiner Mum, die er unter Mama eingespeichert hatte, und rief sie an.
"Ja, was ist los?"
"Nico ist im Krankenhaus", murmelte ich.
"Was? Warum? Soll ich kommen?"
"Er hat eine Flasche Vodka alleine getrunken", rutschte es mir raus.
Stille auf beiden Seiten der Leitung.
"Scheiße", kam es dann von ihr.
"Ich mache mich auf den Weg", murmelte sie.
"Okay. Bis dann."
Ich wippte nervös mit meinem Fuß.
Hoffentlich konnten sie ihm irgendwie helfen.
Ich verschwand auf der Toilette und schloss mich ein.
Dann packte ich mit zittrigen Fingern mein Pack aus Alufolie aus.
Ich atmete kurz tief durch und zog den letzten Rest auf einmal, warf die Folie in das Klo und spülte.
Dann ging ich zurück in den kleinen Vorraum und strich mir das braune Pulver von der Nase, spritzte mir Wasser ins Gesicht und ging zurück in den Wartebereich.
Kaum hatte ich mich hingesetzt, öffneten sich die automatischen Türen und seine Mutter kam herein.
Sie sah sich kurz etwas lost um, bis sie mich gefunden hatte und sich neben mir niederließ.
"Du warst echt schnell", murmelte ich.
"Hast du was genommen?", flüsterte sie und sah mir in die Augen.
"Ist doch scheißegal jetzt, du doch auch."
Sie vergrub ihr Gesicht in ihren Händen.
"Aber ich hab' keine Wahl."
"Denkst du etwa, dass ich eine habe?"
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ketamine (bittersüße vodkaküsse 2)
Romance»meine schulter wurde nass, aber es war mir egal. denn er war mir nicht egal.«