Wieder normal

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Viel zu früh weckt mich mein bescheuerter Handy Weckton. Stöhnend richte ich mich auf um ihn auszuschalten. Am liebsten würde ich mich sofort wieder zurücklehenen und in meinem lila Himmelbett weiterschlafen, doch ich weiß, dass wenn ich mich nicht selbst wecke, ich verschlafen werde und darauf habe ich nun wirklich gar keine Lust. Noch halb im schlaf hüpfe ich unter die lauwarme Dusche, die mich leider auch nicht richtig wecken kann. Jeans und pinker Sweater sind schnell angezogen und auch für das bisschen Mascara brauche ich nie lange. Von anderen Mädchen in meinem Freundeskreis weiß ich, dass sie locker eine halbe Stunde morgens vor dem Spiegel stehen. Und auch bei Patricia würde ich drauf wetten, dass es nicht anders ist. Sogar Charles braucht für seine perfekt gegeelten Haare bestimmt länger im Bad als ich.
Charles hat wohl schon einen Termin, weswegen nur Patricia an dem spärlich gedeckten Esszimmertisch sitzt. Er ist Anwalt und steckt grade in einem wichtigen Prozess. Patricia hingegen ist Autorin. Sie schreibt Erziehungsberater und ist damit sehr erfolgreich. So etwas soll einer verstehen! Die Frau ist die schlechteste Mutter die ich kenne, wie kann sie da so tolle Bücher schreiben?
Schweigend setze ich mich an den Tisch. ,,Guten Morgen, Bailey!”
Ich grunze etwas und beginne mein Müsli in mich reinzustopfen. Ich habe nun wirklich keine Lust auf höfliche Wir-Sind-Eine-Tolle-Familie-Konversation!
,,Was ist eigentlich mit der Hausaufgabenüberprüfung, die ihr in Mathe geschrieben habt? Ich meine Ms Berry hätte da letztens etwas erwähnt. Wieso erfahre ich so etwas nicht von dir?”
Weil dir auch sonst alles egal ist! Will ich sie anbrüllen, doch natürlich grummel ich nur etwas.
Clarie Berry ist die absolut obercoolste Mutter von Stella und sie und Patricia treffen sich ein paar Mal im Monat. Meine Mutter lädt sie immer uner dem Vorwand ein, sie seien ja so dicke Freundinnen, aber eigentlich will sie sie nur aushorchen.
,,Ich finde das nicht in Ordnung! Ich meine Wirklich, dass”, will sie gerade wieder einen Vortrag halten, da unterbreche ich sie mit dem gegrummel: ,,Ich hatte 45%”
An ihrer Miene erkenne ich, dass ich mich gleich auf einen weiteren Vortrag gefasst machen kann. Nach dem Motto: Nachhilfe! Schlechte Noten sind gleich schlechtes Leben! Aus dir wird nie etwas! Womit habe ich das verdient? Du hast doch alles was du brauchst!...
Dazu fehlen mir jetzt wirklich die Nerven, also gehe ich wortlos in den Flur stecke mir meine Kopfhörer in die Ohren und mache mich auf den Weg zum Bus.
Ich drehe die neue Single von Train laut auf und muss mich beherrschen nicht mitzusingen. Was für ein cooler Song!
Da wandern meine Gedanken zu dem gestriegen Tag. Obwohl das Date eigentlich nur knapp zwei Stunden gedauert hat, kann ich an nichts anderes mehr denken! Wie seine Hand sich angefühlt hat, wie er gerochen hat und dieses umwerfende Grinsen!
Zu spät fällt mir Stella auf, die schon an der Ecke steht, wo wir uns immer treffen und so renne ich fast in sie rein und kann erst Zentimeter vor ihrem Gesicht anhalten.
,,Na da war aber wer tief in Gedanken”, lacht Stella und geht erstmal einen Schritt zurück. Verlegen grinse ich sie an.
,,Ich war gestern mit ihm am See!”, eröffne ich meiner Besten Freundin.
,,Was! Wie cool! Mit diesem Typ aus ,Erste Liebe'? Warum hast du denn nicht gesagt, dass da was läuft? Ich will Details wissen! Erzäl mir alles!”
Sie ist so laut, dass sich die Leute schon zu uns umdrehen. Ich grinse.
,,Mensch, brüll das hier doch nicht so rum! Er heißt Lenny, falls du es vergessen hast und es war einfach nur toll!”
Und ich erzäle ihr alles.
Das ist das Coole an unserer Freundschaft, wir können uns wirklich alles erzählen und kennen uns schon seit ich denken kann.
Stella ist die auffälligere von uns. Nicht nur, dass sie fast ausschließlich knallige Farben trägt – heute eine Jeans, ein giftgrünes Top mit türkisem Schal und weißer Jacke – sie ist auch viel lauter und beliebter. Ich bin mehr so das Mauerblümchen neben einer explodierten Rose.
,,Und dann ist er gefahren”, schließe ich meine Erzählung.
,,Oh Mann, Baby das klingt ja super! Den haste ja schon fast an der Angel! Und das ist endlich mal nen richtig cooler Typ und nicht so ein schwanzhirniger Macho wie Zac!” Ich muss grinsen. Den Spitznamen, den sie mir gegeben hat, fand ich am Anfang schrecklich, aber langsam habe ich mich daran gewöhnt. Und natürich wusste sie von Anfang an, was für ein Arsch Zac ist, ich hab nur einfach nicht auf sie gehört und musste es auf die harte Tour lernen.
Stella ist aufgeregt wie ein klenes Huhn und redet ununterbrochen.
,,Und dann das mit deinem Gedicht, wie romantisch! Das ist ja einfch nur”, doch leider wird ihr Redeshwall unterbrochen, denn der Bus öffnet die Türen.

Ich liebe lieber EngelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt