Am See

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Doch natürlich hört sie auf.
Wir fahren in den Park. Ich liebe diesen Park, egal in welcher Jahreszeit, doch im Winter ist er besonders schön. Alles ist von einer dünnen Schneeschicht übezogen und die Bäume glitzern wie teuere Diamanten. Sogar den kleinen See in der Mitte überzieht eine hauchdünne Eisschicht. Bald wird man darauf Schlittchuh fahren können, doch dafür war es noch nich kalt genug.
Der Park ist wie ausgelöscht. Alle Menschen sitzen in ihre Häusern am Kamin und trinken heißen Tee oder Kakao. Wobei ich Kakao vorziehe.
Obwohl Stella auf aromatischen Tee schwört, bin ich mehr der Kakao-Typ.
Langsam bleibt die Vespa stehen. Ohne es zu wissen hat Lenny meinen absoluten Lieblingsplatz angesteuert. Hier unter der Trauerweide versteckt, ist eine kleine alte Bank direkt am Seeufer. Früher habe ich fast jeden Tag hier verbracht. Ich habe immer geträumt mich hier einmal mit meinen Freund hinzusetzen und einfach den See zu betrachten, doch Zac konnte sich nie dafür begeistern. Er war sich immer viel zu cool dafür. Je länger wir getrennt sind, desdo öfter frage ich mich, warum ich überhaupt it diesem Volltrottel zusammen war! Ich meine klar er sah gut aus und war beliebt. Und er trug mich auf Händen. Ich bin nicht besonders stolz drauf, aber ich muss mir eingestehen, dass ich es doch irgendwie genossen habe. Das Problem war nur, dass dieser Zustand nicht lange anhielt. Schon nach dem ersten Monat war ich nur noch Zac's nervige kleine ganz süße Freundin. Und auch das nicht mehr allzu lange.
Ich steige ab und ziehe ganz vorsichtig den blöden Helm ab, um meine Frisur bloß nicht noch mehr kaputtzumachen. Umsonst! Meine Frisur, die ja nie wirklich geordnet ist, fühlt sich an, als wäre sie volkommen zerstört. Verlegen fahre ich mir durch die Haare, um sie wieder ein wenig zu richten.
Da spühre ich Lennys Hand leicht auf meinen Haaren.
,,Lass mich das machen", flüstert er.
Seine raue Hand fährt mir lagsam durch das Haar und richtet jede einzelne Locke. Ein Kribbeln fährt von meiner Kopfhaut aus durch meinen ganzen Körper. Wie lange wurde ich so schon nicht mehr berührt? Zu lange!
Doch auch als meine Haare wirklich perfekt sitzen müssen, nimmt er seine Hand nicht weg. Auch ich bewege mich nicht, da ich um jeden Preis verhindern will, dass er aufhört.
Verlegen zieht Lenny die Hand weg und räuspert sich.
,,Ich dachte wir könnten uns vielleicht auf die Bank dort setzen?"
Schüchtern nicke ich und folge ihm auf die Bank. Wie oft habe ich geträumt, dass ich hier mit meinem Freund sitze? Ich kann es nicht zählen.Schon als kleines Kind wollte ich hier immer mit meinem Traumprinzen sitzen. Ich habe sogar ein paar Gedichte darüber geschrieben und online gestellt. Ich habe einen kleinen Blog im Internet, auf den ich manchmal eigene Gedichte oder so was stelle. Mal sehen, vielleicht kommt ja auch bald eins von Lenny.
Schüchtern schaue ich ihn von der Seite an. Er sitzt da so ruhig und selbstsicher, als könnte kein Mensch der Welt ihm etwas anhaben. Seine kurzen schwarzen Haare sind kaum gestylt, anders als bei Zac, der immer tonnenweise Haarwachs in den Haaren hatte. Doch Lenny sieht deswegen nicht schlecht aus. Es macht ihn eher reifer, als bräuchte er so etwas nicht um gut auszusehen. Und so ist es! Er sieht einfach umwerfend aus! Ich muss in seiner Gegenwahrt wirklich aufpassen, dass ich mich nicht an ihn drücke und den Rest vergesse. Seine breiten Schultern laden einen einfach zu sehr dazu ein.
Wir sitzen hier jetzt schon eine gefühlte Ewigkeit und schweigen uns an. Aber es ist keine unangenehme Stille. Viel mehr, als würden wir uns schon so gut kennen, dass wir nicht mehr zu reden bräuchten.
Verträumt schaue ich auf den See und stelle mir vor, wie wir zusammen auf der eisdecke Hand in Hand Schittschuhfahren. Schnell versuche ich dieses Bild zu verdrängen. Ich hattte mir geschwohren mich nicht mehr Hals über Kopf zu verlieben. Man wird sowieso nur enttäuscht!
,,Es ist wirklich echt schön hier! Es ist so ruhig! Ich verstehe wirklich nicht, wie es hier so leer sein kann! Ich meine es ist hier doch so verwunschen und einfach ein kleines Stück Paradies!"
Mir bleibt die Luft weg. Was hat er da gerade gesagt? Ein Stück Paradies! Ich bin echt froh, dass ich sitze, denn dieser Satz hätte mich sonst echt umgehauen. Fragend sieht Lenny mich an. ,,Ist alles in Ordnung bei dir? Hab ich was Falsches gesagt?" Er wirkt schon fast etwas traurig.
,,Nein, nein! Es ist Alles in Ordnung! Mir ist nur ein bisschen kalt!", versuche ich ihn zu beruhigen.
Doch ich selbst bin überhaupt nicht ruhig. Mine Gedanken fahren Achterbahn. Weiß er es? Oder ist es bloß ein komischer Zufall? Ich muss es wissen! Ich nehme all meinen Mut zusammen und versuche es ihm zu erklären: ,,Weißt du, ich habe mal, naja eigentlich war es eine doof Idee und ich kann so etwas gar nicht richtig, aber ich hab es halt mal versucht, also jetzt nicht so richtig professionell und so, aber schon glaub ich ganz gut", druckse ich rum.
Himmel, hör ich eigentlich, was ich da sage. Ich drehe mich zu Lenny und schaue in ein verwirrtes Gesicht. Wie soll er auch nur irgendwas von dem, was ich da gerade gesagt hab, verstanden haben? Ich muss fast loslachen, so lustig guckt er mich an. Ich räuspere mich und versuche es noch einmal: ,,Ich habe mal ein paar Gedichte geschrieben, sie sind jetzt nicht soo gut, aber schon so ganz okay glaub ich und da hab ich halt auch über diesen Platz hier geschrieben, da er mir sehr viel bedeutet und da hab ich halt auch geschrieben, dass es hier ist wie ein Stück Paradies."
So! Jetzt ist es raus. Schon vor etwa einem Jahr habe ich damit angefangen und habe mitlerweile einen kleinen Block. Zac hab ich mich immer nicht getraut das zu erzählen, er hätte mich sowieso nur ausgelacht, aber Stella weiß es. Ich traue mich nicht ihn anzusehen und schaue daher betreten auf meine Füße. Er muss mich echt für total kindisch halten. Zögernd drehe ich meinen Kopf. Sein Gesich ist nicht, wie ich erwartet hatte zu einem spöttischem Ginsen verzogent, sondern voll Wärme, dass mir beinah schwindelig wird und ich meinen Kopf schnell wieder wegdrehe.
Da spühre ich seine warme Hand, die zögernd meine umfasst. Auf einmal ist er nicht mehr so selbstsicher und wirkt fast zerbrechlich, doch noch bevor ich seinen Händedruck erwiedern kann, hat er sich schon wieder gefangen und zieht seine Hand weg. Verlegen schaue ich in sein Gesicht, doch dass lächeln sieht nicht mehr echt aus, sondern ist aufgesetzt. Verwundert schaue ich ihn an.
,,Ich glaube, ich sollte dich mal wieder nach Hause fahren!", sagt er und steht auf.
Ich will ihm wiedersprechen, doch ich will nicht so rüberkommen, als würde ich klammern. Schweren Herzens stehe ich auf und setze mir ohne ein Wort den Helm auf. Schweigend startet Lenny die süße Vespa.
Die Fahrt ist wieder einfach nur wundervoll, aber ich kann es einfach nicht genießen. Hab ich etwas falsch gemacht oder etwas falsches gesagt?
Nach einer halben Ewigkeit stehen wir an der Haustür. Die Autos stehen in der Garage, woraus ich schließe, dass die Autoritäten leider schon da sind. Etwas verlegen, aber auch ein wenig enttäuscht drehe ich mich noch einmal um. Und da ist es wieder. Dieses eine Lächeln lässst mich alles vergessen und ich sehe nur noch ihn, rieche ihn, will ihn. Er sieht mich an, als würde er zu ersten Mal die Sonne sehen. Ich will mich nur noch in seine Arme stürzen und alles vergessen. Zac, meine Eltern, einfach alles. Doch in dem Moment, wo ich mich schon fast überwunden habe und grade auf ihn u gehen will lächelt er noch mal kurz, sagt: ,,Danke für den schönen Abend!", und geht.
Einfach so. Und lässt mich mit Gefühen, die Achterbahn fahren zurück.

Ich liebe lieber EngelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt