Schweißgebadet wache ich von meinen eigenen erstickten Schreien geweckt auf. Erst bin ich noch voller Panik, vor meinen Augen immer noch das Bild aus meinem Albtraum: Jim mit einem gehässigen Grinsen auf dem Gesicht und einem langen, blutigen Messer in der Hand, beugt sich über die mit Blut überströmte Maya, die mich vorwurfsvoll anblickt, dann wechselt ihre Gestalt zu der von Tommy mit noch viel mehr Blut und ganz am Ende blicke ich in die verzweifelten, schmerzerfüllten blauen Augen von Bailey. Ich stürze auf die wechselnden Gestalten zu, doch so sehr ich mich auch anstrenge und kämpfe, ich kann meine Füße einfach nicht vom Fleck bewegen und so muss ich mitansehen, wie einer nach dem anderen immer wieder von Jim umgebracht wird.
Doch bald wird mir bewusst, dass es nur en Traum war und ich richte mich langsam auf. Immer noch am ganzen Körper zitternd, klettere ich langsam die kurze Holzleiter runter, die heute leider besonders laut unter meinem Gewicht ächzt. Besorgt schaue ich zu Harry, der unter mir schläft, doch er scheint sowohl meine Schreie, als auch das Knarren der Bretter nicht gehört zu haben und schlummert noch .
Langsam drehe ich mich um und blicke in die noch halb schlafenden, aber mitfühlend dreinblickenden Augen. Entschuldigend sehe ich ihn an, doch er macht nur eine wegwerfende Handbewegung und zuckt mit den Schultern.
,,Wieder Maya?", fragt er mich flüsternd.
,,Ja. Aber diesmal mussten Tommy und Bailey auch dran glauben. Ich sag's dir, ich halt das nicht mehr lange aus", antworte ich und raufe mir die Haare.
,,Hey", beruhigt mich Luke leise, ,,jetzt bringen wir erstmal die Sache mt Bailey über die Bühne, dann sehen wir weiter"
Sein ruhiger Ton lässt mich wieder ein wenig runterkommen und ich nicke. ,,Ich hüpf schnell unter die Dusche und verschwinde dann. Du kannst bestimmt noch weiterschafen", fordere ich ihn auf und er nickt nur müde und dreht isch auf die andere Seite.
Schnell springe ich unter die kalte Dusche und sortiere meine Gedanken. Das kalte Wasser reißt mich wie gewohnt aus meiner Müdigkeit, doch immer noch habe ich den Albtraum klar vor Augen. Als ich wieder ins Zimmer komme, um mir meine Jeans, ein helles verwaschenes Shirt und meine Lederjacke zu schnappen, höre ich schon wieder das leise Schnarchen von meinem Besten Freund, was mich ein wenig zum Grinsen bringt.
Nachdem ich die Tür hinter mir geschlossen habe, krame ich mein Handy aus meiner Hosentasche und schaue auf die Uhr. Es ist schon sechs Uhr, das heißt in einer halben Stunde hätte ich sowieso aufstehen müssen. Ich habe noch eine
Gute-Nacht-Nachricht von Bailey, aber sonst keine wichtigen Neuigkeiten. Mit schlurfenden Schritten mache ich mich auf den Weg zu einem Aufenthaltsraum, wo ich vor dem Frühstück und der letzten Valentinstagsbesprechung noch einmal ein paar neue Gedichte auf Bailey's Blog lese. Sie sind wie alles an und von ihr einfach wunderschön und veranlassen, dass meine Laune wieder etwas aus dem Keller kriecht.
Das kurze Frühstück bestehend aus einem leckeren Spiegelei mit Speck und einem Nutellabrot verbringe ich, wie jeden Morgen mit Harry und Luke, der mich erst noch besorgt ansieht, dann aber feststellt, dass meine Laune schon gestiegen ist und einfach mit mir und Harry herumblödelt. Die letzte Besprechung um viertel nach sieben ist nur kurz und dann wird alles in die Wege geleitet.
Gespannt verfolge ich auf den Bildschirmen im Videoraum zwischen Luke und vielen anderen Suchern, wie sich Bailey's Schule, in der wir natürlich auch ein paar Kameras angezapft haben, langsam füllt. Es ist noch ziemlich früh, weswegen nur einige wenige Schüler durch dei Gänge schlendern. Plötzlich sehe ich David's blonden Undercut kurz aufblitzen. Anscheinend hat auch er sich früh postiert.
Überall hängen Herzgirlanden und rotes Konfetti ist in allen Gängen verteilt. Der Valentinstag an der xxxx High School ist nicht zu übersehen.
Aufgeregt und mit schwitzenden Händen beobachte ich, wie Bailey endlich mit Stella an der Seite in unser Blickfeld kommt. Ihr Anblick in ihrer hellen Röhrenjeans und einem süßen dunkelblauen Sweater verschlägt mir kurz den Atem, aber schnell fange ich mich wieder und beobachte nervös, wie sie ihrem Schließfach und somit auch ihrer ersten Valentinstagsüberraschung immer näher kommt.
Endlich öffnet sie, mit Stella quatschend das Schließfach und ein kurzer Schauer aus roten Herzen kommt ihr entgegen. Nach einem kurzen Schreck und einem schrillen Aufschrei von Sella haben die beiden sich wieder gefangen und Bailey strahlt über das ganze Gesicht, wärend Stella aufgeregt auf die gerade ankommende Jessie einredet, die auch zu lächeln beginnt.
Bei Bailey's Gesichtsausdruck überläuft mich ein wohliger Schauer und ich würde sie am liebsten sofort in die Arme schließen. Lachend beglückwünschen sich einige Sucher gegenseitig für den Erfolg der ersten Überraschung.
Auch die anderen kleinen Valentinstagsüberraschungen erhellen sichtbar Bailey's Tag und ich kann es gar nicht erwarten auf meine Vespa zu steigen und am Nachmittag unauffällig von Luke und zwei Suchern begleitet zu ihr zu fahren.
Aufgeregt brettere ich in Halsbrecherischem Tempo ihre Allee runter, um sie abzuholen und mit ihr an unserem Lieblingsplatz im Park zu Picknicken. Stürmisch fällt sie mir in die Arme, kurz nachdem ich abgestiegen bin und meinen Helm vom Kopf genommen habe.
,,Danke, danke, danke Lenny, das war heute der schönste Valentinstag meines Lebens", flüstert sie mir ins Ohr, wobei mir ein wohliger Schauer über den Rücken läuft, als ihre Lippen mein Ohr streichen. Als sie zu noch mehr Danksagungen ansetzen will, verschließe ich ihren Mund mit einem zärtlichen Kuss.
,,Solange du glücklich bist, bin ich es auch", beteure ich, wärend ich anstalten mache, ihr den Helm auf die Wuschelmähne zu setzen. Nach dem obligatorischen Zetern, fügt sie sich ihrem Schiksal und setzt sich dicht hinter mich, die Arme um meinen Körper geschlungen. Nur schwer kann ich mich unter diesen Umständen auf den Verkehr konzentrieren, doch bald kommen wir unversehrt im Park an, wo ich unter der Trauerweide neben der Bank meine Picknickdecke ausbreite und den kleinen, mit Obst und Trinken gefüllten Korb darauf aufstelle.
Wir setzen uns und ich erkenne, dass Bailey in der Zeit bereits ein kleines Kästchen aus ihrer Tasche gekramt hat, die sie mir verlegen hinhält und sich räuspert.
,,Ich weiß, dass es im Gegensatz zu DEINEM Geschenk, was mich übrigens unglaublich gefreut hat,", hierbei lächelt sie mich verliebt an bevor sie vortfährt, ,,nicht viel ist und ich kann verstehen, wenn es dir nicht gefällt und du es nicht tragen willst, dass kannst du mir ruhig sagen, ich verkrafte das, also nur, dass du weißt, dass du nichts vortäuschen", mit einem kurzen, aber bestimmten Kuss unterbreche ich ihren kleinen Redeschwall.
,,Ich bin mir ganz sicher, dass es mir gefallen wird und eigentlich bist du sowieso mein bestes und tollstes Geschenk, von daher mach' dir keine Sorgen" Sichtlich erfreut und beruhigt drückt sie mir mit fester Hand das schwarze Kästchen mit einem roten Band drum in die Hand. Gespannt, was mich erwartet, löse ich vorsichtig den Faden und öffne den Deckel des Kästchens. Heraus fällt ein Armband, das sich bei näherem Betrachten als einfaches, geknotetes, schwarzes Lederband herausstellt. Erwartungsvoll und etwas nervös sieht Bailey mich an.
,,Danke! Es ist schön, wirklich! Und natürlich werde ich es tragen, was denkst du denn?", beteuere ich und versuche mir das Armband umzubinden, was mit nur einer freien Hand leider nicht wirklich einfach ist.
,,Warte, ich helfe dir", sagt Bailey und als ihre Hände meine berühren, durchläuft mich wieder dieser Energistoß, wie bei jeder ihrer Berühungen, was ihn allerdings nicht weniger angenehm und überraschend macht. Sobald das Armband fest sitzt, will Bailey ihre Hände wieder zurückziehen, doch schnell halte ich sie fest. Ich will diese Berhürung jetzt einfach nicht missen, sondern sie genießen, solange ich noch kann. Also schaue ich ihr etwas verlegen in die strahlenden Augen und fahre ihre Arme bis zu den Schultern hinauf. Da es für Februar schon ziemlich warm ist, trägt sie nur den dünnen Sweater und meine Hände fahren unter dem Ärmel direkt ihre Haut hinauf, was sie zum frösteln bringt. Abrupt stoppe ich in meinen Bewegungen, denn keinesfalls möchte ich, dass sie sich unwohl fühlt, geschweigedenn friert.
,,Nicht aufhören", flüstert sie leise und sieht mich leicht flehend an. Durch ihre Worte ermutigt ziehe ich sie fest an mich ran und küsse erst ihren Nacken, den Hals, dann ihre Stupsnase und endlich ihre Lippen. Vordernd erwiedert sie meinen Kuss jetzt zügelloser und zieht mich noch näher an sich, wobei ihre eine Hand heiß in meinem Nacken liegt. Meine rechte Hand fährt ihr durch das weiche Haar und versucht sie noch dichter an mich zu drücken, was allerdings kaum noch möglich ist, so eng sind wir ineinander verschlungen. Nach einigen weiteren leidenschaftlichen Küssen lasse ich keuchend von ihr ab und bringe ein wenig Platz zwischen uns.
Verwirrt und etwas zerzaust sieht sie mich an.
,,Es tut mir leid", flüstere ich entschuldigend, wärend sich mein Atem langsam wieder beruhigt, ,,aber, wenn wir so weitermachen, weiß ich nicht, inwieweit ich mich noch beherrschen kann"
Lachend und auch ein wenig stolz über diese Aussage zieht Bailey sich wieder näher an mich, dreht sich allerdings mit dem Rücken zu mir und presst ihren Rücken an meine Brust, sodass uns trotz der wenigen Sonne nicht kalt wird. Ihre Haare kitzeln mich im Gesicht und leise kichernd drücke ich meine Nase noch fester hinein, um ihren unglaublichen Duft einatmen zu können. Der eine Arm liegt unter ihr, was mich aber durch ihr geringes Gewicht nicht stört und meine freie Hand wandert über ihren Rücken, der sich unter meinen Berührungen leicht regt, bis zu ihrem Arm, streicht dort runter und liegt fest in ihrer warmen Hand, die sich sofort, fast schon besitzergreifend darum schließt.
So liegen wir auf meiner Picknickdecke, bis die Dämmerung hereinbricht und ich schaffe es, wie so oft in Baileys Gegenwart alles um mich herum und alle schlechten, in meinem Kopf spukenden Gedanken zuvergessen.