In einem Zimmer?

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Obwohl wir den ganzen Tag nur im Auto saßen, bin ich ziemlich müde und bemühe mich möglichst schnell einzuschlafen, doch trotz der vielen Decken und Kissen, wollen meine Augen einfach nicht zu fallen. Nachdem ich die verschiedensten Positionen und Lagen ausprobiert habe, gebe ich schließlich auf und lehne mich einfach ans Fenster, sodass ich die ersten hellen Sterne funkeln sehen kann. Jedes Mal, wenn ich so verträumt wie jetzt in den Sternenhimmel blicke, kommt mir ein meiner Lieblingsgedichte von Shakespeare aus Hamlet in den Sinn:

Zweifle an der Sonne Klahrheit,
Zweifle an der Strene Licht,
Zweifl', ob lügen kann die Wahrheit,
Nur an meiner Liebe nicht.

Ich habe schon immer eine Schwäche für Gedichte, weswegen ich auch selber welche schreibe, oder es zumindest probiere. Diese paar Zeilen habe ich vor langer Zeit kennengelernt, als ich den Film ,,Briefe an Julia" sah und von dem Zeitpunkt an, konnte ich von Gedichten einfach nicht mehr genug kriegen und habe so viele gelesen und auswändig gelernt, dass ich sie gar nicht mehr alle weiß. Nur diese vier Zeilen werden mir wohl mein Leben lang in Erinnerung bleiben. Und sie passen einfach zu perfekt zu meiner Situation. Denn ja, ich zweifel ob lügen kann die Wahrheit oder besser gesagt, ich zweifel ob Lügner die Wahrheit sprechen können. Die Frage ist nur, soll ich Shakespeare glauben schenken? Soll ich Lenny vertrauen?
Da werde ich von einem Geräusch neben mir aus meinen Gedanken gerissen. Harry, der bis eben noch tief geschlummert hat, blickt grimmig aus einem Berg aus Decken und zupft daran rum.
,,Das passt einfach nicht", meckert er, ,,dieses Kissen ist zu dünn, das andere ist zu hart, meine Füße sind kalt und mein Bauch ist ganz heiß"
Bei diesen worten muss ich leise Lachen und auch Lenny der bis jetzt still an seinem Fenster gelehnt hat, dreht sich schmunzelnd zu ihm um. ,,kann man dir irgendwie helfen?"
,,Ach, ich weiß nicht, ich bräuchte jetzt eigentlich meine Jacke, um sie als Kissen zu benutzen, das klappt immer viel besser, als so ein doofes Kissen, aber die ist hinten im Kofferraum", jammert Harry.
Lenny überlegt kurz und schlägt dann vor: ,,Würde das nicht auch mit meinem Pulli funktionieren?" Er trägt einen dunkelblauen Kapuzenpulli von Jack & Jones.
Nachdenklich legt der kleine Wuschelkopf den Kopf schief. ,,Dass müsste eigentlich funktionieren. Aber dann frierst du doch!"
,,Keine Angst, ich trage darunter noch ein einfaches Shirt und mir wird nicht schnell kalt. Im Notfall, kann ich mir ja eine Decke von euch leihen, ihr habt ja mehr als genug"
Damit ist Harry einverstanden und Lenny greift ohne zu zögern an das untere Ende seines Pullovers, um ihn sich über den Kopf zu ziehen. Da er darunter, wie er gesagt hat, noch sein T-Shirt trägt, halte iche s nicht für nötig mich respektvoll abzuwenden. Doch als er den Kapuzenpulli nach oben zieht, rutscht das grüne Shirt darunter ein Stück hoch und lässt einen breiten Streifen Haut an seinem Hosenbund erkennen. Unwillkürlich ziehe ich scharf die Luft ein, als ich seinen muskulösen und gebräunten Körper sehe. Straff spannt sich die Haut über die Muskeln, die nur von wenigen Haaren bedeckt sind. Ein kleiner Streifen führt jedoch hinunter zum Gürtel
Schnell wende ich mich mit hochrotem Kopf nun doch zum Fenster, doch es war nicht schnell genug. Immernoch sehe ich seínen Körper vor mir und bekomme das Bild einfach nicht mehr aus dem Kopf. Ich kann an nichts anders denken, als daran, wie sich seine Haut wohl anfühlen würde, wenn ich sie mit meinen Händen erkunden dürfte. Oh Gott!, ich muss dieses Bild aus meinem Kopf kriegen.
Verstohlen drehe ich mich wieder etwas zu Harry. Er hat sich den Pullover zusammengerollt unter den Kopf geklemmt und schläft tief und fest. Ihn muss die Fahrt wohl auch angestrengt haben, denn es ist erst kurz vor acht. Langsam wandert mein Blick nach vorne zu Lenny, der ans Fenster lehnt und wahrscheinlich nach draussen blickt. Ich sehe ihn zwar nur schräg von der Seite, doch das reicht völlig, um mich in dem Anblick zu verlieren. Unter dem dünnen Shirt zeichnen sich deutlich seine Muskeln ab und seine Arme sind braungebrannt. Seine dunklen Haare sind ziemlich zerzaust und stehen ein wenig ab, was aber einfach nur unglaublich süß aussieht. Mit aller Kraft muss ich mich von ihm losreißen und blicke traurig in die Sterne. Um mich ein wenig abzulenken versuche ich in Gedanken ein paar Gedichte zu rezitieren und schlafe endlich ein.
Ein leichtes Rütteln an der Schulter weckt mich. Verwirrt blicke ich mich um und brauche ien wenig, um mich in der ituation zurechtzufinden. Es ist etwas dunkler, aber noch vor elf, dass kann ich erkennen. Das Auto steht auf einem kleinen Parkplatz neben einem hellblauen Haus mit grüner Tür. Luke steht vor meiner Tür und hat den schlafenden Harry auf dem Arm. Langsam steige ich aus und schließe leise die Tür hinter mir. Gerade möchte ich Luke fragen, wo wir hier sind, da kommt Lenny mit meinem und noch einem Koffer in der Hand die Treppe, die zum Hauseingang führt, runter.
,,Sie haben noch was frei", flüstert er Luke und mir zu, ,,Zwei Betten mit Doppelbett. Die Nacht kostet pro Person 15$. Frühstück ist dabei"
Luke und ich lächeln zustimmend und folgen Lenny leise die Einfahrt hoch. Er klopft kurz an der Tür und eine dunkelblonde Frau Mitte fünfzig öffnet und bittet uns leise herrein. Flüsternd stellt sie sich als Mandy Raynolds Besitzerin dieses Bed & Breakfast vor und drückt Lenny zwei Schlüssel in die Hand.
,,Wie wollen wir die Zimmeraufteilung machen?", frage ich in die Runde, ,,ich könnte mit Harry in einem Bett schlafen"
,,Es tut mir Leid, aber Harry ist ziemlich erschöpft und in diesem Zustand bekommt er häufig Albträume, vor Allem, wenn er nicht bei mir schläft" Entschuldigend sieht Luke mich an.
Ich muss also mit Lenny in einem Bett schlafen. Dieser zuckt nur kurz mit den Achseln und dreht sich nach vorne, bevor ich seinen Blick erkennen kann. Zögernd folge ich ihm die Treppe rauf. Er schließt erst Luke das Zimmer auf, wir wünschen ihnen eine Gute Nacht und dann gehen wir weiter zu unserem Zimmer. Lenny öffnet die Tür und ich schalte das Licht ein. Das Zimmer ist recht klein und wird von dem Doppelbett mit mintgrüner Bettwäsche fast ausgefüllt. In der Ecke steht noch ein kleiner Schrank und daneben ist ein Waschbecken. Eine kleine offene Tür, führt zu einem winzigen Badezimmer mit Toilette und Dusche. Sonst ist das Zimmer bis auf ein kleines Fenster mit Vorhang leer.
Erschöpft lasse ich miich auf das weiche Bett fallen und strecke meine Gliedmaßen aus. So gut habe ich mich jetzt mehrere Stunden nicht gefühlt. Lenny schließt die Tür wieder und öffnet seinen Koffer. Ich tue es ihm gleich und finde nach kurzer Suche meinen Schlafanzug. Dumm nur, dass ich in der Eile und Aufregung gestern Abend meinen Sommerschlafanzug, der nur aus einem leichten grauen Hemdchen mit roten Punkten drauf, besteht, das mir ein wenig über den Po reicht, eingepackt habe. Aber es muss wohl reichen. Ich werde einfach meine Unterwäsche anlassen. Ich schnappe mir noch meine Zahnbürste und verscheinde im kleinen Bad. Schnell putze ich mir einmal gründlich die Zähne und ziehe mich um. Dan wasche ich mir mit kaltem Wasser mein Gesicht. Ich hole einmal tief Luft und blicke in mein zerzaustes Spiegelbild. Nachdem ich mich gesammelt habe öffne ich die Tür zu unserem Zimmer.
Lenny trägt nur noch seine Boxershorts und das Shirt und ist gerade dabei sich ein Deckenlager auf dem Boden zu errichten. ,,Was machst du denn da?", frage ich mit brüchiger Stimme.
Er antwortet ohne mich dabei anzusehen. ,,Ich dachte, dir wäre es lieber, wenn ich auf dem Boden schlafe. Mir macht das nichts aus"
,,Ach so", murmele ich. Ich könnte ihn einfach auffordern, doch im Bett zu schlafen, der Boden muss firchtbar unbequem sein, doch ich bleibe still. Mir will einfach das Bild nicht aus dem Kopf, wie er andere Mädchen verführt und dann umbringt. Und wie er mich anlügt. Also trotte ich zu dem Doppelbett und lege mich unter die warme Decke. Doch obwohl ich ziemlich müde bin, ist an Schlaf nicht zu denken. Im dunklen Zimmer höre ich deutlich Lenny's Atemzüge, ruhig und gleichmäßig. Und mir fällt wieder ein, was Stella gesagt hat. Es wäre vernünftiger es nicht zu tun, doch ich schalte die Nachttischlampe an und richte mich auf, sodass ich Lenny auf dem Boden iegen sehen kann. Von dem Licht geblendet hält er sich eine Hand vor die Augen, bis sie sich daran gewöhnt haben. Seine Haare sind noch mehr verwuschelt, aber das scheint ihn nicht weiter zu stören. Fragend schaut er mich an und es ist das erste Mal, seit mehreren Stunden, dass er mir richtig in die Augen schaut.

Ich liebe lieber EngelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt