Aufgeregt gehe ich im Geiste noch einmal durch, was ich über die Großmutter meiner Freundin weiß, wärend ich langsam auf meiner Vespa gefolgt von vier Suchern zu dem Anwesen der Whites fahre.
Elizabeth Gordon ist die Mutter der Mutter von Bailey und hat eine so enge und wichtige Beziehung zu ihrer Enkelin, dass diese der Meinung war mich - ihren festen Freund - ihr vorstellen zu müssen. Sie lebt in einem kleine Prvinzort weit außerhalb, mit dem Auto etwa zweieinhalb Stunden entfernt und ist für ihre Enkelin die perfekte Großmutter, wenn auch etwas speziell. Aus den neuen Informationen, die mir die Sucher haben zukommen lassen, geht hervor, dass sie mit 68 Jahren noch recht jung für eine Oma einer jetzt 17-jährigen Enkelin ist und wohl auch sonst im Herzen ziemlich jung geblieben scheint. Sie geht mehrmals in der Woche zum Tennis oder ins Fitnessstudio. Modetechnisch verfolgt sie zwar nicht jeden neuen Trend, kleidet sich aber doch ziemlich stilvoll. Einmal in der Woche besucht sie ein Waisenhaus in ihrer Nähe und kümmert sich dort ein wenig um die Kleinen, die sich jedes Mal sehr über ihren Besuch freuen.
Am wichtigsten aber für mich ist die Tatsache, dass Bailey dem Urteil ihrer Großmutter blindlings vertrauen wird, was bedeutet, dass ich mir auch ihrVertrauen erschleichen muss, was gegebenenfalls eine kleine Herausforderung sein könnte.
Endlich bleibt die hellblaue Vespa auf dem weißen Kiesweg der Whites stehen und schwungvoll steige ich ab, ziehe mir den Helm vom Kopf, richte meine Haare, streiche mein rotes Hemd über der schwarz-grauen Hose glatt atme einmal tief ein und drücke, eine kleine weiße Schachtel mit blauer Schleife in der Hand die Klingel.
Nach nur kurzer Zeit öffnet mir Patricia White die Tür. Sie trägt ein hellgraues Kostüm mit Bleistiftrock unter eleganter pastellblauer Jacke, das ihr auf den Leib geschneidert zu sein scheint. Ihre blondierten Haare fallen in aufwändigen Wellen über ihre Schultern und ihr Gesicht ist stark und streng geschminkt.
Ich stelle mich ihr als Baileys Freund vor und wir schütteln uns die Hände, wobei sie mich ungeniert von oben bis unten mustert. Nachdem sie mich eingelassen hat begrüße ich auch kurz Charles, dessen weißgraue Haare mit Tonnen von Gel an seinen Kopf geklebt zu sein scheinen. Sein Händedruck ist fest und auch er beäugt mich ein wenig neugierig, verliert dann aber recht schnell sein Interesse und verschwindet in ein Zimmer mit Büroausstattung, was wie ich vermute sein Arbeitszimmer ist. Aus dem Wohnzimmer, in das mich Patricia nun führt, höre ich das laute Kichern von Stella und Bailey, die sich offenbar gerade köstlich amüsieren. Auch ein anderes Lachen kann ich hören, was ich Elizabeth Gordon zuordne, da ich ihre Stimme noch nicht kenne. Innerlich versuche ich mich auf das bevorstehende Treffen mit ihr zu wappnen und trete durch die großen weißen Flügeltüren in das Wohnzimmer.
Um einen langen Glastisch sitzen Stella, Bailey und ihre Großmutter, die sich, wie man schon hören konnte vor Lachen kugeln. Auf dem Tisch steht ein angebrochenes Stück sahniger Geburtstagstorte, von dem alle ein Stück auf dem Teller haben.
Bailey trägt ihr hübsches rotes Wollkleid, was sie auch an unserem ersten Date anhatte und sieht wie zu erwarten einfach umwerfend aus. Ich könnte hier den ganzen Tag stehen und sie einfach nur betrachten so beeindruckend ist ihre kleine Gestalt.
Nur ungern reiße ich mich von ihrem Anblick los und mache durch ein Räuspern auf mich aufmerksam.
,,Bailey, dein Freund Lenny ist da!", ruft jetzt auch Patricia, womit alle Augen des Raumes auf mich gerichtet sind. Noch mit einem Grinsen auf dem Gesicht kommt Bailey auf mich zu und umarmt mich. Dabei flüstere ich ihr ein ,,Alles Gute zum Geburtstag" ins Ohr und drücke sie fest an mich. Dann stellt sie sich neben mich und nimmt meine Hand bestimmt in ihre, als sie sagt : ,,Also Leute, Stella, du kennst Lenny ja schon, aber du Elizabeth, kennst ihn noch nicht. Darf ich vorstellen? Mein seit jetzt fast zwei Monaten fester Freund"
Leise höre ich Patricia neben mir murmeln : ,,So lange schon? Und mir hat sie nichts erzählt?", aber ich gehe nicht weiter darauf ein. Stattdessen setze ich mein bestes einstudiertes Lächeln auf und schüttel Elizabeth Gordon die Hand.
,,Ich freue mich sehr Ihre Bekanntschaft zu machen, Mrs Gordon"
,,Oh, und ich freue mich dich kennenzulernen, aber du musst mich doch nicht siezen! Für dich einfach Elizabeth. Komm, setz dich doch zu uns und nimm dir ein Stück Torte, dann kannst du mir mehr von dir erzählen"
Ich folge ihrer Aufforderung und setze mich neben Bailey ihr gegenüber. Stella sitzt neben Elizabeth und Patricica hat anscheinend den Raum verlassen. Nachdem Stella mir ein großes Stück Kuchen auf meinen Teller geschaufelt hat, was ich auch relativ schnell verputzt habe, räuspere ich mich.
,,Liebe Elizabeth, bevor ich dir etwas mehr von mir und Bailey erzälen kann, möchte ich ihr erst einmal mein Geschenk überreichen, schließlich hat sie heute Geburtstag", und mit diesen Worten hole ich die kleine weiße Schachtel hervor, drücke sie Bailey in die Hand und nehme mir die Freiheit heraus mir einen kurzen Kuss zu stehlen, der sie leicht erröten lässt.
Erwartungsvoll löst sie die hübsche blaue Schleife und öffnet die Schachtel. Drinnen liegt, eingebettet auf einem kleinen Samtkissen ein Silberkettchen. Ehrfurchtsvoll nimmt sie es heraus und erkennt den Anhänger. Ein kleines, tiefblaues Herz, was fast haargenau die Farbe ihrer Augen hat.
Ein Strahlen beherrscht ihr ganes Gesicht und stürmisch umarmt sie mich.
,,Oh Lenny, es ist wunderschön! Danke", haucht sie in mein Ohr.
,,Darf ich es dir umlegen?"
,,Aber natürlich!", antwortet sie und hebt ihre Haare, sodass ich vorsichtig den Verschluss in ihrem Nacken schließen kann. Zufrieden setze ich mich wieder hin und Bailey neben mich. Es freut mich wirklich, dass ihr das Geschenk gefällt, aber es versetzt mir einen Stich, dass es ja eigentlich nur dazu dient, sie und ihre Großmutter zu manipulieren. Nicht mehr lange!, sage ich mir und setze wieder das strahlende Lächeln auf.
,,Jetzt können Sie, pardon, kannst du mich mit allen Fragen durchlöchern, die dir einfallen", fordere ich Elizabeth auf, die mich sofort mit Fragen nach meiner Vergangenheit, meiner vorraussichtichen Zukunft, dem Kennenlernen von Bailey und vielem mehr ausfragt, was auch die anderen beiden zu interessieren scheint.
Geduldig versuche ich alle Fragen so wahrheitsgemäß wie mir möglich zu beantworten, allerdings muss ich leider doch viel zu häufig auf mein Lügengebilde zurückgreifen. Nach etwa einderthalb Stunden sieht es so aus, als wüden Elizabeth allmählich die Fragen ausgehen, aber sie scheint mit dem Ergebins ihrer Fragerei, also mit meinen Antworten doch recht zufrieden zu sein.
,,Also Lenny, erst einmal bedanke ich mich bei dir, dass du alle meine Fragen so offen und ehrlich beantwortet hast. Dann beibt mir nur noch zu sagen, dass ich der Meinung bin, meine kleine Enkelin hätte sich keinen besseren Freund aussuchen können. Und auch dein Urteilsvermögen scheint perfekt zu sein, immerhin kannst du dich unglaublich glücklich schätzen hier neben dem wohl hübschesten Mädchend der Welt zu sitzen", schmunzelt Elizabeth.
,,Ganz deiner Meinung", stimme ich ihr ereichtert zu und drücke der erröteten Bailey noch einen kurzen Kuss auf die Wange.
,,Es hat mir auch wirklich Spaß heute mit euch allen gemacht, allerdings, muss ich mich jetzt leider wieder auf den Weg nach Hause machen", sage ich mit Bedauern in der Stimme.
Nachdem ich mich von allen gebührend verabschiedet habe, steige ich zufrieden auf meine Vespa und fahre zurück ins Nest. Dort berichte ich allen auf einer Besprechung, wie es verlaufen ist und Aron und Joe beglückwünschen mich zu meinem Erfolg, wärend Jim wie immer nur finster dreinblickt.
,,Alles klar! Super Arbeit die du da geleistet hast", lobt mich Joe, ,,ich meine nicht nur heute, sondern auch die letzten Tage! Es ist echt amüsant zu beobachten, wie diese kleine Göre dir aus der Hand frisst, du hast sie wirklich an der Angel. Mehr brauchen wir eigentlich nicht. Ich bin mir sicher, wenn du sie jetzt bittest, einen Abend alleine bei ihr zu verbringen, wird sie es dir nicht abschlagen. Das heißt, wir können alles in die Wege zum großen Finale leiten. Echt, gut gemacht!"
Bei diesen Worten zieht sich mein Magen zusammen und ich muss mich mit aller Kraft die ich aufbringen kann zurückhalten nicht aufzuspringen und auf Joe einzuprügeln. Zwei Mal atme ich tief ein und aus und balle unauffällig meine Hände zu Fäusten, bevor ich ein normales Lächeln als Antwort zusammenkriege. Es ist nur ein Test, nur ein Test, nur ein Test!, brülle ich mich selbst in Gedanken an. Nur an diese Worte geklammert schaffe ich es den Rest der Sitzung, in dem schon etwas zum "Großen Finale" besprochen wird, durchzuhalten ohne entweder Joe oder Jim an die Gurgel zu gehen, der mich die ganze Zeit über mit Adlersaugen beobachtet, um jede noch so kleine verräterrische Regung meinerseits sofort zu melden. Doch mit Mühe kann ich mich beherrschen.
Sofort nachdem Joe die Besprechung geschlossen hat, stürze ich aus dem beengenden Raum und rette mich in mein Zimmer. Keuchend klammere ich mich an der Leiter fest, bis sich mein Atem wieder einigermaßen beruhigt hat, doch mein Inneres rummort. Plötzlich fasst mich von hinten wieder jemand an die Schulter und erschrocken fahre ich herum, blicke aber nur in Luke besorgtes Gesicht.
,,Was ist passiert? Geht es dir gut?"
,,Nein verdammt, mir geht es nicht gut!", fahre ich ihn an, ,,Wie denn auch, wenn dieser Verdammte Psychopath es sich zu Aufgabe gemacht hat, jedes Mädchen, an das ich mein verfluchtes Herz verliere, zu töten? "
,,Hey, hey, hey, beruhig dich erst mal. Das hatten wir doch schon alles. Sie ist doch nur ein Test. Du kannst sie doch retten!", beschwichtigt Luke mich, wärend ich mich ein wenig beruhigt auf sein Bett setze.
,,Ich weiß das ja, dass hat Aron ja auch geagt, es ist nur so, dass Joe eben in der Konferenz davon geredet hat, dass es jetzt bald so weit wäre sie umzubringen und da sind einfach die Nerven mit mir duchgegangen. Ich meine, wenn sie nur ein Test ist, wieso muss man den dann über ihre Ermordung reden? Das macht doch keinen Sinn"
,,Vielleicht wollten sie deine Reaktion beobachten oder so. Auf jeden Fall dürfen sie es nicht merken, wie schlecht es dir bei der Sache geht. Das ist doch genau das, was Jim erreichen möchte, dass du die Fassung verlierst", erklärt Luke.
Langsam geht es mir besser, als ich mit einem leichten Grinsen auf dem Gesicht antworte.
,,Ha, da habe ich ihnen keine Gelegenheit gegeben! S hat mich zwar von innen zerfresen , ihre blöde Rederei, aber ich habe mir nichts anmerken lassen. Soll Jim doch...", ein plötzlichliches Geräusch von draußen lässt uns zusammenfahren.
,,Was...?", frage ich, doch Luke ist schon bei der Tür und reißt sie auf. Draussen steht niemand, aber ich höre laute Schritte, als ob jemand davonrennt. Als Luke sich wieder zu mir umdreht ist er kreidebleich und seine Stimme hat jeglichen Ausdruck verloren.
,,Pack unsere Sachen, Lenny. Ich hole Harry. Das war Jim. Ich hab ihn noch von hinten gesehen. Wir müssen ier weg"