In Sumner

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Wir fahren noch den ganzen Tag lang, aber ich finde es trotzdem viel zu kurz. Es ist so einfach, wenn man hier sitzt alles andere zu vergessen und nur noch an das Jetzt und Hier zu denken. Aber leider geht das Leben weiter.
Um halb elf, die ersten Sterne stehen schon am Himmel, fahren wir vom Highway runter und biegen in den kleinen Vorort von Seattle ein. Sumner zeigt schon erste städttische Anzeichen, gibt sich aber große Mühe dies zu verstecken und die Unterschiede von der Großstadt Seattle aufzuweisen.
Mittlerweile sitzt Luke am Steuer und ich sitze hinten mit Lenny auf der Rückbank, den Kopf in seinem Schoß und er spielt nachdenklich mit meinen Haaren, die sich langsam aus dem lockerren Dutt gelöst haben. Harry hat sich riesig gefreut, als Lenny vorgeschlagen hat, er könne doch auch mal vorne sitzen. Luke hat natürlich nur kurz die Augen verdreht und genickt.
Plötzlich durchreißt mein schriller Handyklingelton die abendliche Stille. Ich murmele eine Entschuldigung und fische es aus meiner Handtasche. Ohne auf die Nummer zu gucken, melde ich mich verschlafen mit meinem Namen. ,,Hallo, hier ist Bailey"
,,Oh, hallo Bailey, schön dich auch mal zu hören", meldet sich die unbekannte Stimme, ,,vielleicht hast du ja schn von mir gehört, ich bin Aron"
Schnell richte ich mich auf, als ich diesen Namen höre. ,,Ja, ich weiß wer du bist"
,,Okay, dass ist gut.Ich hoffe es geht dir gut. Sind die Anderen auch bei dir?"
,,Ja, wir sitzen alle im Auto. Soll ich dich auf laut stellen?"
,,Das wäre nett, ja. Ach und Bailey? Ich will nur, dass du weißt, dass wir alles tun, um dich zu schützen. Lenny hatte keine andere Wahl, glaub mir. Er ist echt ein guter Kerl" Bei diesen netten Worten muss ich lächeln. Gestern hätte mich das wahrscheinlich noch ziemlich augeregt, aber jetzt finde ich es toll zu merken, wie sich Lenny's Freunde für ihn einsetzen, auch wenn es gar nicht mehr nötig wäre. Kurz drehe ich mich zu ihm, um seine Reaktion in seinem Gesicht abzulesen, aber er hat sich verlegen weggedreht. Schnell gebe ich ihm einen Kuss hinters Ohr, bevor ich wieder in mein Handy spreche.
,,Echt lieb von dir, aber zwischen uns hat sich jetzt wieder alles geklärt", teile ich Aron schnell mit.
,,Das freut mich aber für euch", er räuspert sich, ,,was ich eigentlich sagen wollte. Luke und Lenny, schön mit euch zu reden. Wo seid ihr ungefähr?"
,,Wir sind gerade nach Sumner reingefahren, als du angerufen hast", erklärt Luke von vorne.
,,Okay, das ist gut. Wir sind gerade auf halber Strecke auf einer Raststätte und eben ist so ein merkwürdiger Anzugtyp zu uns gestoßen. Niemand hat irgendeine Ahnung, wer er ist oder sein könnte, aber Joe kennt ihn offenbar ganz gut. Der redet mit niemandem außer Joe und sitzt sonst die ganze Zeit still im Wagen. Irgendwie ist der ziemlich unheimlich. Ich habe den Verdacht, dass er irgendwas mit dem Grund für die ganzen Aufträge zu tun hat. Du musst wissen, Bailey, dass niemand hier eine Ahnung hat, warum wir das überhaupt machen. Bis jetzt habe ich geglaubt, dass Joe einfach ein ziemlicher Psychopath ist, aber so langsam glaube ich, dass da noch mehr dahintersteckt.
Egal. Was habt ihr denn jetzt genau vor?"
,,Ich dachte eigentlich, wir fahren jetzt zu der Adresse, die du uns gesagt hattest und gucken dann, ob er da ist. Dann sehen wir weiter"
,,Klingt gut. Meldet euch dann nochmal per SMS bei mir. Oh, ich muss schnell Schluss machen, es geht hier weiter. Wir sprechen uns dann nochmal, bis dann", und schon hat er aufelegt.
Ich stecke mein Handy wieder in meiner Tasche und denke über das nach, was Aron gesagt hat. Warum in aller Welt sollte jemand eine ganze Organisation gründen, um Mädchen umzubringen? Nur weil man nicht mehr ganz richtig im Kopf ist? Das kann ich einfach nicht glauben.
Da reißt mich Harry's Stimme aus den Gedanken.
,,Du, Bailey", beginnt er und dreht sich zu uns nach hinten um, ,,du hast doch am Anfang gesagt, du wärst nicht mit Lenny zusammen. Aber jetzt knutscht ihr andauernd und seid zwei Turteltäubchen. Das verstehe ich nicht so richtig. Hat das was mit gestern Nacht zu tun, wo ihr in einem Zimmer geschllafen habt"
Sofort spühre ich wie mir - mal wieder - das Blut ins Gesicht schießt. Neben mir höre ich Lenny leise lachen und Luke sieht auch schon wieder aus, als müsste er einen Lachanfall unterdrücken. Genervt räuspere ich mich kurz. ,,Das hast du gut beobachtet Harry. Weißt du, Lenny und ich haben uns ein bisschen gestritten und haben uns gestern Abend richtig ausgesprochen und wieder versöhnt"
Harry nickt verständnisvoll. ,,Heißt das, du bist jetzt doch seine Freundin?"
Ich drehe mich zu Lenny, der den Kopf wieder zu mir gewendet hat und sehe ihm in die Augen. ,,Ja. Ja, ich bin seine Freundin"
Harry's Reaktion bekomme ich gar nicht mehr mit, so vertieft bin ich in Lenny's Blick und in den Kuss, der auf das Gesagte folgt.
,,Ich unterbreche euch beide ja nur ungern", reißt mich Luke's Stimme wieder in die Wirklichkeit, ,,aber wir wären jetzt da"
Wir lösen uns voneinander und ich blicke aus dem Fenster.
Wir stehen direkt vor einem weißen Haus mit dunklem Dach und großen Fenstern, durch die man einen kleinen Jungen mit braunen, verwuschelten mit einem braunen labrador spielen sieht.

Ich liebe lieber EngelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt