Der Kuss

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Wir küssen uns. Es ist, wie ein Feuer in mir. Ich kann ihren Herzschlag spüren, er ist so schnell wie meiner. Wir verschlingen einander und werden dabei Eins.
So etwas habe ich noch nie gefühlt. Ich habe schon oft geküsst, doch diesmal ist alles anders. Es ist, als würde ich zum ersten Mal jemanden küssen. Alles fühlt sich neu und gleichzeitig so vertraut an. Wir erkunden die Lippen des Anderen und es fühlt sich so richtig an.
Ich wollte das nicht, wirklich! Ich wollte cool bleiben, wollte sie kontrollieren, wollte mich beherrschen, wollte derjenige sein, der ich sein muss. Doch es ging nicht. Von dem Moment an, wo sich unsere Lippen getroffen haben, haben sich alle diese Vorsätze in Luft aufgelöst. Es gibt nur noch sie und mich.
Alles andere zählt nicht mehr und ist nicht mehr wichtig. Sie und ich gegen den Rest der Welt.
Und jetzt merke ich, was mir bereits seit Wochen hätte klar sein sollen. Ich bin verloren. Von dem ersten Moment an, als ich sie in dem Café sah, von dem ersten Blick, dem ersten Lachen, war ich verloren. Es gibt kein Zurück mehr.
Ich liebe sie. Mit jeder Faser meines Körpers liebe ich sie. Ich liebe alles an ihr. Jedes Lachen, jede Bewegung von ihr, liebe ich. All die kleinen Dingen, die mir auffallen, obwohl sie das nicht dürfen, liebe ich.
Egal, was sie fühlt, ich liebe sie und werde das auch immer tun. Das ist eine Tatsache, an der es nichts zu rütteln gibt. Da können Jim und Joe so viel machen, wie sie wollen, das können sie nicht ändern. Und weil ich sie liebe, muss ich sie beschützen. Ich werde alles, was möglich ist und wenn nötig noch mehr tun, aber ich werde sie beschützen und wenn es mein Leben kostet. Diesmal werde ich nicht versagen.
All dies wird mir klar, als wir uns küssen und langsam dringt die Außenwelt wieder zu mir.
Lösen uns langsam voneinander und ich erkenn, dass alle Augen auf uns gerichtet sind, obwohl über unseren Köpfen gerade das große Feuerwerk explodiert. Verlegen räuspert sich Bailey und fragt scherzhaft : ,,Habt ihr noch nie jemanden gesehen, der sich küsst?”
Alle lachen und wenden sich von uns ab. Aus dem Augenwinkel erkenne ich, wie sich Jonas und Cleo innig küssen und Stella strahlt übers ganze Gesicht.
Schüchtern guckt Bailey mich an. Man sieht ihr an, dass sie nicht wirklich weiß, wie sie mit der Situation umgehen soll.
Um ehrlich zu sein, weiß ich es selber nicht genau. Ich bin nicht mehr der selbstsichere Typ, auf den alle Mädels fliegen, sondern der Kuss hat mich verändert. Bailey hat mich verändert.
Also nehme ich einfach ihre Hand, als wäre es das Normalste auf der Welt und wir stellen uns zu den anderen, legen den Kopf in den Nacken und bestaunen das Feuerwerk.
Es ist wirklich unglaublich schön. Blaue, grüne, rote und natürlich goldene Fontänen ergießen sich mit großem Knall über den Himmel, doch ich kann mich nicht wirklich darauf konzentrieren. Meine Gedanken wandern immer wieder zu ihrer kleinen Hand in meiner. Sie fühlt sich so richtig dort an, als wäre sie dafür geschaffen genau da zu sein.
Nach dem auch wirklich die letzte Rakete in den Himmel geschossen ist, machen wir uns langsam wieder auf den Rückweg.
Ich versuche möglichst langsam zu gehen, damit wir so viel Zeit, wie möglich miteinander verbringen können. Wenn wir erstmal wieder bei Niklas sind, wird es nicht mehr allzulange dauern, bis wir schlafen und morgen muss ich auch schon wieder fahren und muss zurück ins Nest, mir da dann mit Luke den Kopf zerbrechen, wie es weiter gehen soll, Jim aus dem Weg gehen und all so Sachen machen, die meine Laune nur wieder in den Keller sinken lassen und mich an mein beschissenes Leben erinnern, an das ich zurzeit wirklich nicht denken will.
Außerdem macht Bailey neben mir viel kleinere Schritte, weil sie auch kürzere Beine hat und so muss ich aufpassen, dass ich nicht zu schnell gehe. Am liebsten würde ich die Zeit anhalten und noch etwas länger hier mit Bailey spatzieren gehen, aber leider geht das nicht.
Viel zu schnell sind wir wieder an Niklas´ Haus angekommen und stehen in seinem Vorgarten.
Langsam gehen die anderen wieder ins Haus und in den Keller, aber Bailey und ich bleiben noch ein weniig hier draussen stehen. Über uns der klare Sternenhimmel, weiter weg hört man noch ein paar Böller hochgehen und am Rand meines Blickfeldes blitzen immer kurz bunte kleine Lichter auf. Im Waisenhaus haben wir auch immer heimlich noch Stunden nach Miternacht kleine Böller gzündet, aber jetzt finde ich das einfach nur noch nervtötend.
Neben mir räuspert sich Bailey verlegen. Fragend sehe ich sie an, darauf wartend, dass sie sich erklärt.
,,Ich weiß, dass kling irgendwie klammernd, wenn ich das so frage, aber ich möchte es wirklich wissen, um unnötigen Stress zu vermeiden und ich bin mit allen deinen Antworten zufrieden und kann dich total verstehen, ich meine dass ist ja klar und so und ich will jetzt auch nicht irgendwas irgendwo reininterpretieren oder so was, dass kannst du dir ja denken, aber ich möchte es halt einfach gerne wissen, um mir Klarheit zu schaffen und das alles und naja ich wollte halt wissen, was da zwischen uns ist und wie es weitergeht und all das”, druckst sie nervös herum, wärend sie ihre Hände knetet und auf
ihre schicken Schuhe, die ihr übregends total gut stehen, sieht.
Wieder ganz in meiner Rolle als selbstsicherer und cooler Lover nehme ich ihr Kinn in die Hand hebe es ein wenig an, sehe ihr tief in die Augen und küsse sie so, dass die Antwort auf diese Frage überfällig wird.
Lächelnd nimmt sie meine Hand und gemeinsam gehen wir zu den anderen.

Ich liebe lieber EngelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt