6 ◄ Vorgeben ist besser als aufgeben

2.6K 202 9
                                    

»Was willst du eigentlich? Hat deine Schwester nicht eingewilligt?« Das will nichts heißen. Caroline ist sowieso mit allem und jedem einverstanden.
»Es ist immerhin eine Lüge, Marlon. Außerdem habe ich Joey noch nicht informiert. Und das ist ja wohl das Wichtigste.«

Man konnte deutlich merken, dass Marlons Nerven langsam mit ihm durchgingen. »Joey Primes? Der Joey Primes, der so nett ist, dass er zu wirklich nichts nein sagen kann?« Okay, in dem Punkt hatte Marlon Recht. Joeys Hilfe war ich mir sicher.
»Dein eigentliches Problem ist also was?«
»Na, dass wir Tyler was vorlügen. Kann so wirklich eine ewige Liebe beginnen?«

»Wir lügen nur, um sein Interesse zu wecken. Außerdem ist das immer noch besser als wenn wir einfach aufgeben würden, oder?«
»Ich will ja gar nicht aufgeben. Ich bin einfach nur dafür, wir handeln nach meinem Plan.«
»Dein Plan? Der, wo du beschlossen hast einfach alles wie in deinem letzten Leben zu machen? Sorry, aber wenn du dein Leben ändern willst, dann musst du auch anders handeln.«

Ich war mir zwar immer noch nicht sicher, ob Marlons Idee der richtige Weg war. Aber vielleicht dachte Tyler ja wirklich immer, dass er mich zu einfach haben könnte. Da mir sonst auch nichts einfiel, was ich ändern könnte... immerhin dachte ich unser Kennenlernen im letzten Leben wäre perfekt... war das wohl die beste Option.

»Na gut. Dann rufe ich ihn jetzt an. Wenn er dann zusagt, dann...-«
»Er wird schon zusagen«, unterbrach mich Marlon. Manoman, ist ja gut. Bevor er mich noch weiter aufregen konnte, griff ich zu meinem Handy. Joeys Nummer hatte ich eingespeichert, weil wir wegen Caroline quasi auch sowas wie Freunde waren.

Nach dem zweiten Klingeln, ertönte auch schon Joeys freundliche Stimme in der Leitung: »Hi Jamie!«
»Joey, ich brauche dringend deine Hilfe.«
»Wo brennt's denn?«, fragte er und ich konnte sein Lachen deutlich durch den Hörer hören.

»Es gibt da einen Typ auf den ich steh, doch leider weiß er nicht mal, dass ich existiere. Jedenfalls hatte ich gehofft, dass du vielleicht für eine Weile mein Freund spielen kannst.«
»Hä? Und was bringt dir das? Wenn er nicht weiß, dass du existiert kann er doch gar nicht eifersüchtig werden.«
Da ist was dran. »Währenddessen werde ich ihn irgendwie auf mich aufmerksam machen.«

»Das ist echt ziemlich verrückt, weißt du das?«
Ich seufzte. »Ja, ich weiß. Hilfst du mir trotzdem?«
»Natürlich würde ich dir gerne helfen bei deinem Traumtypen zu landen. Und wenn du davon überzeugt bist, dass das der richtige Weg ist. Aber... worauf muss ich mich da einstellen?«

»Was meinst du mit einstellen? Du musst einfach meinen Freund spielen.«
»Einfach? Wenn es überzeugend sein soll, Jamie, dann ist das sicherlich nicht einfach.«
Genau das dachte ich auch, aber Marlon war da ja anderer Meinung.

»Dann sind wir eben überzeugend, Joey.«
»Ich weiß nicht, ob-«
»Ich brauche jetzt eine Antwort. Ja oder Nein?«
»Ja, aber-«
»Okay. Dann begleitest du mich dieses Wochenende auf Ashley Davids Party.« Stille.
»Ich wusste gar nicht, dass du auf solche Partys gehst.«

»Tu ich ja nicht! Aber der Junge wird da sein. Perfekt also.«
»Weiß Caroline, dass ich dein Fakefreund spielen soll?«
Ich nickte. Ups, das konnte er ja gar nicht sehen. »Ja, sie wird sogar mit zu dieser Party kommen.«
»Was? Warum das? Doch nicht etwa wegen Riley Rivers, oder?«

Ja, Riley Rivers. Da dämmerte etwas. Er ist momentan wahrscheinlich der Freund von Ashley David. Auch wenn das nicht lange halten wird. Ratet warum? Ja, meine Schwester. Aus den beiden wurde etwas. Auch wenn Riley Rivers schon seit eh und je ihr Teenie Schwarm war, am Ende hat es dann doch nicht ewig gehalten. Ob es das wie bei Tyler und mir eigentlich sollte? Keine Ahnung. Ich habe nie wirklich was von ihm gehalten. Aber er wäre wahrscheinlich besser als eine Caroline, die für immer Single ist. Obwohl, nein. Vor kurzem (auch wenn es jetzt noch in der Zukunft liegt) hatte sie mir erzählt, dass sie einen netten Anwalt kennengelernt hatte. Ob das halten würde, konnte ich jetzt wohl nicht mehr erfahren. Wäre natürlich nicht schlecht, wenn er ihr jetzt schon über den Weg laufen würde. Dann konnte ihr Herz gar nicht erst von Riley Rivers gebrochen werden.

»Ich habe sie gefragt, sie hat zugesagt, keine Ahnung warum. Du solltest das wissen, immerhin seid ihr doch so dicke.«
»Okay, ich werde da sein. Wann genau?«
»Komm am Samstag um acht Uhr zu mir. Dann gehen wir zu dritt los.« Oder auch zu viert. Dass Marlons Geist sich mit schlich, konnte ich wohl leider nicht verhindern.

»Bis Samstag, Jamie.«
»Jep, bis Samstag.«

Marlon grinste über beide Backen als ich auflegte. »Ich wusste doch, dass er zustimmt.«
»Ja, aber ich denke trotzdem, dass er gezögert hat.«
»Egal. Hauptsache er hat am Ende eingewilligt.«

»Wenn ich Samstag nicht überlebe, dann ist das allein deine Schuld.«
»Ah, und was bekomme ich, wenn du es überlebst und am Ende mit Tyler auf ewig zusammen sein kannst?«
»Dann bist du frei von mir und kannst wieder ein eigenes Leben leben.«
»Mehr nicht?«
»Dann wirst du endlich wieder von jedermann gesehen. Ich finde, das ist mehr als genug.«

Er verdrehte die Augen. »Die Jugend von heute ist auch nicht das, was sie mal war.« Ich deutete das dann mal als Kompliment. Immerhin würde es bedeuten, dass ich meine Rolle als Teenager erfolgreich spielte.

Da fiel mir auf, dass Marlons Geist, obwohl er inzwischen genauso erwachsen sein musste wie ich, trotzdem so jung wie sein Teenager-Ich aussah. Naja, wahrscheinlich weil sein Geist auch in der Zeit gesprungen war... keine Ahnung.

Back to topWo Geschichten leben. Entdecke jetzt