Wir hatten bereits einige Briefkästen hinter uns, bis wir den von Joey erreichten. »Warum müssen wir hier jetzt klingen und bei den anderen nicht? Wohnt hier jemand besonderes?«, wollte Marlon wissen.
»Hier wohnt Carolines bester Freund... und-« sollte ich vermutlich erwähnen: »Er ist mein fester Freund. Wenn wir nicht mal kurz Hallo sagen, ist er sicher beleidigt.«
Nachdem ich die Klingel betätigt hatte, öffnete Joey kurz darauf die Tür. »Jamie?«, fragte er verdutzt und bedachte meine Begleitung mit einem überraschten Blick. »Und... der neue Marlon, richtig?« Dieser nickte.
»Cool. Ich bin Joey.«
Jetzt fiel mir auf, dass ich Joey für meinen Freund vielleicht ein wenig herzlos begrüßte. »Hi Schatz«, sagte ich und drückte ihm einen flüchtigen Begrüßungskuss auf die Lippen. »Wir bringen dir die Einladungskarte zu Carolines Party.«
Joey deutete uns mit einer Handbewegung ins Haus zu gehen. »Was? Warum bringt sie die nicht selber vorbei?« Himmel, Joey! Nur weil Caroline gerade nicht in der Nähe ist, musst du trotzdem eine überzeugende Rolle spielen. »Was ist das denn für eine Frage? Natürlich wollte ich dich sehen!«
Joey verstand anscheinend, dass der Satz gerade ein Fehler gewesen war und korrigierte sich somit: »Klar, ich dich doch auch. Konnte mir nur vorstellen, dass sie als meine beste Freundin gerne selber vorbeischauen würde. Vor allem, weil es ja ihre Party ist.«
»Also in meinen Augen könnte das ziemlich problematisch werden, wenn deine Schwester deinen besten Freund datet«, mischte sich Marlon ein, während wir unsere Jacken auszogen und an den Kleiderharken hingen.
»Wieso?«, fragte ich schlicht weg.
»Vielleicht fühlt sich Caroline benachteiligt, weil ihr bester Freund jetzt mehr Zeit mit ihrer Schwester verbringt.« Interessante und sinnvolle Theorie. Allerdings ziemlich unlogisch, wenn man bedenkt, dass Caroline genau weiß, dass wir beide nur so tun als wären wir ein Paar.
»Sie hat gesagt, dass das in Ordnung geht«, meinte ich.
»Natürlich hat sie das. Sie kann ja auch schlecht sagen: Nein, er gehört mir! Aber in Wahrheit vermisst sie ihren besten Freund.«
Spontan musste ich daran denken, wie ich Freya gefragt hatte, ob es in Ordnung finge, wenn Tyler und ich ein Paar wären. Damals hatte sie bejaht, mich hinterher aber beschuldigt, dass mich die Beziehung zu sehr verändert hätte. Diese blöde Kuh!
Deshalb waren meine folgenden Worte wohl eher an Freya als an Caroline gerichtet: »Dann soll sie einfach den Mund aufmachen. Ist das denn so schwer?« Ups. Joey schaute mich jetzt verletzt an. Er dachte wohl ich würde von ihm sprechen, da ich Caroline nicht meinen konnte.
»Ich glaube, Caroline hat einfach Angst, dass wir dann sauer auf sie sind. Dass eine jahrelange Freundschaft in die Brüche gehen könnte.« Ja, Bingo. Er hatte es sowas von persönlich genommen. Seine Augen waren zu Schlitzen gezogen und der Zorn darin war nicht zu übersehen.
Marlon räusperte sich. »Sorry. Ich wollte nicht, dass ihr euch wegen mir streitet.«
»Oh. Wir streiten nicht«, stellte ich klar. Von Joeys Seite nur kaltes Schweigen. Ach, wenn er nichts von der Fakebeziehung seinerseits hatte, nahm er die Sache also nicht so ernst.
»Okay...«, sagte Marlon gedehnt.
Entschuldige dich endlich, verflucht noch mal, Joey! Ich meinte doch gar nicht dich.
»Du redest also über alles, was dir auf den Herzen liegt, Jamie?«, fragte Joey jetzt auch noch so dreist. Dann kannten wir uns wohl doch noch nicht gut genug, um Blicke deuten zu können.
»Über das was gesagt werden muss rede ich, ja.« Verflucht, warum sprachen wir eigentlich nicht ehrlich miteinander? War es so schlimm, wenn Marlon von der Fakebeziehung wüsste? Immerhin war er nicht Tyler. Doch vermutlich hätte Geist-Marlon was dagegen. So weniger davon wussten desto besser. Da konnte er nicht mal sich selbst trauen.
Um die unangenehme Stille zu überdecken, fügte ich hinzu: »Klar, dass du zu Caroline hältst.«
»Natürlich! Sie ist meine beste Freundin!«, schnauzte er.
»Tja! Ob es dir jetzt gefällt oder nicht, aber noch bin ich deine feste Freundin.« Dann streiten wir uns eben. Solange es dabei blieb. Anschließend konnte ich Marlon berichten, dass wir uns wieder versöhnt hatten. Joey würde ich, wenn wir alleine waren, einfach erzählen dass das nichts weiter als ein Missverständnis war.
Marlon stand nervös zwischen den Fronten und wusste nicht so Recht was er tun sollte. Die ganze Sache war ihm sichtlich unangenehm. »Komm, Marlon. Ich denke wir sollten wieder gehen.«
»Ich hätte dir nie irgendwas anvertrauen sollen.« Man konnte ihm ansehen, dass er ernsthaft von unserer Freundschaft enttäuscht war.
»Jetzt übertreib mal nicht, Süßer! Ist dir denn nicht bewusst, dass du alles hast, was du schon immer wolltest? Dank mir?« Verstand er jetzt endlich, dass Carolines Abwesenheit bedeuten musste, dass sein Plan funktionierte?
Anscheinend noch nicht. Sein Gesichtsausdruck blieb unverändert. Hilfe, bei dem waren wohl alle Hoffnungen vergebens! Egal. Dann nicht.
Ein wenig herrisch packte ich Marlon am Arm, schlug mir die Jacken über den Arm, und verließ Hals über Kopf das Haus.
Es dauerte eine ganze Weile bis Marlon draußen seine Worte wieder fand: »Bitte sag nicht, dass ihr euch jetzt trennen werdet. Dann wäre ich ja ein Auslöser dafür!«
»Falsch. Der Auslöser wäre Caroline, wie schon gefühlte dreitausend Mal. All unsere Streits handeln von ihr. Aber wir überstehen jeden.«
Nervös spielte er mit seinem Reisverschluss. »Was wäre wenn...« Doch er beendete den Satz nicht.
»Was wäre wenn was?«, hakte ich nach.
»Vermutlich irre ich mich ja. Vergiss es einfach wieder.«
Damit konnte er nur eins meinen: Was wäre wenn sich Joey in Caroline verliebt hat. Dieser dumme Verliebte ruinierte mir am Ende noch meinen Plan! Niemand würde uns mehr glauben. Egal, dann ist Joey halt nicht in mich verliebt. Solange ich es war, würde mich Tyler am Ende vielleicht sogar bemitleiden.
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Teen Fiction„𝒾𝒻 𝒾𝓉 𝓉𝒶𝓀ℯ𝓈 𝓉𝒾𝓂ℯ 𝓉ℴ 𝑔ℯ𝓉 𝓉ℴ 𝓎ℴ𝓊, 𝒾'𝓁𝓁 𝑔ℯ𝓉 𝓉ℴ 𝓎ℴ𝓊" ~ 𝐓𝐡𝐞 𝐍𝐚𝐜𝐢𝐨𝐧𝐚𝐥 𝐏𝐚𝐫𝐤𝐬 ⌫ Sie zählte schon ihr ganzes Leben zu den Menschen, die jeder auf der Straße wiedererkennt, aber kaum jemand ahnt di...