»Also... gehen wir nochmal Freyas negativen Eigenschaften durch.« Langsam aber sicher hatte ich das Gefühl, dass sich Marlon zu sehr in diese Sache reinsteigerte. Nicht dass man mich falsch versteht, ich wollte es ja auch. Aber an seinem Elan kam ich dann doch nicht heran.
»Sie kann ziemlich anhänglich sein. Außerdem versucht sie sich immer aus allem herauszureden«, teilte ich Marlon erneut mit. Er verdrehte die Augen. »Ja, das hatten wir. Aber was davon können wir gegen Tyler einsetzen? Fallen dir denn nicht noch andere schlechte Eigenschaften ein?«
»Nein. Immerhin habe ich sie nicht ohne Grund zur besten Freundin gewählt.«
»Eine beste Freundin, die dich anlügt. Noch eine schlechte Eigenschaft.«
Nachdenklich zupfte ich an meinen Fingernägeln herum. »Ich weiß nicht... lügt sie wirklich? Sie verschweigt mir lediglich, dass sie auf Tyler steht. Das macht sie nur mir zur Liebe. Und... vielleicht hat sie sich ihre Gefühle ja nicht mal eingestanden.«
»Warum musst du sie jetzt noch verteidigen?«, fragte mich Marlon verärgert. Darauf wollte ich ihm nicht antworten. Genau wusste ich es selber ja nicht. Tief in mir wollte ich einfach nicht, dass unsere Freundschaft so endete. Hätten wir uns einfach nicht mehr verstanden... okay, aber wegen einem Typen? Hatten wir uns nicht immer geschworen, dass gerade das nicht passieren würde?
Als ich nicht reagierte, meinte Marlon irgendwann: »Du willst mir also weiß machen, dass Freya nichts an sich hat, was Tyler hassen könnte.«
»Ich fürchte nicht, nein.«
»Dann müssen wir Freya eben als etwas darstellen, was sie nicht ist. Eine Sorte Mädchen, mit der Tyler nie etwas anfangen würde.« Marlons Grinsen war hinterhältig. Ja, der Plan war ja auch hinterhältig. Ein Teil in mir zweifelte daran, ob Freya das wirklich verdienen würde. Der andere sagte sich immer wieder, dass es ihre Schuld gewesen war, warum diese Freundschaft in die Brüche gegangen ist. Es gab keinen Sinn etwas zu retten, was nicht mehr gerettet werden konnte.
»Dann müssen wir Freya zu der Sorte Mädchen machen, mit der Tyler früher ständig was am Laufen hatte. Die, mit der er keine Zukunft habe könnte. Die, die einfach zu haben sind... blonde Schlampen eben«, erklärte ich.
»Aber Freya hat braune Haare«, gab Marlon zu bedenken.
Ich musste mich beherrschen ihn daraufhin nicht auszulachen. »Schon mal was von Haare färben gehört?«
»Aber wie bekommen wir das hin? Sie wird doch nicht freiwillig zur neuen Schulschlampe mutieren.«
Ich musste grinsen. Marlon kannte Freya eben nicht so gut wie ich. »Gerade fällt mir eine weitere negative Eigenschaft an ihr ein. Für mich war das früher immer das positive an ihr gewesen. Deshalb fällt es mir erst so spät ein, aber Freya hat gewisse Selbstzweifel. Wegen ihrer Schüchternheit hat sie mich schon öfter gefragt, was sie denn falsch macht, dass sie keinen Freund findet. Ich habe ihr immer geantwortet, dass sie perfekt ist so wie sie ist. Dass irgendwann jemand kommen wird, der sie genau dafür liebt. Aber das war in meinem anderen Leben. Freya und ich sind immer noch Freunde. Und... gerade jetzt, wo sie mich so glücklich mit Tyler sehen wird, werden ihr öfter Zweifel aufkommen.«
Marlon schien langsam zu verstehen. »Dieser Plan gefällt mir. Du wirst ihr sagen, dass Jungs heutzutage auf auffällige Mädchen stehen. Dass sie sich deshalb ihre Haare blondieren sollte und viel zu kurze Miniröcke tragen sollte.«
»Naja... nicht mit diesen Worten, aber indirekt schon, ja.« Natürlich war das, was Marlon und ich hier taten, moralisch nicht richtig. Aber wir beide wussten, dass das Leben nicht immer so spielte wie es sollte. Wir beide verdienten ein Happy End. Wenn uns das zu den Bösen machte, in Ordnung. Ich war schon immer davon überzeugt gewesen, dass es nicht das Böse gab. Schneewittchens Stiefmutter wollte doch auch nur glücklich sein. Sie hatte es bestimmt satt gehabt, ständig zu der armen Unterschicht zu gehören.
»Gut, der grobe Plan steht. Jetzt sollten wir aber noch besprechen wie genau du da vorgehen wirst.«
»Wie bitte? Willst du, dass wir den Dialog zwischen uns genau aufschreiben? Schon mal was von improvisieren gehört?«
»Improvisieren geht doch nie gut. Was spricht dagegen jetzt noch einen ordentlichen Plan auf die Reihe zu stellen?«
Ich zögerte. »Also. Ich habe noch etwas vor.«
»Was hast du bitteschön vor? Im Moment gibt es nichts Wichtigeres als mit mir Pläne zu schmieden.«
»Doch. Mit dir für die Schule zu lernen.«
»Schule? Echt jetzt? So ziemlich alles ist wichtiger als das!«
»Nein, Marlon. Wenn ich in der Zukunft nicht unter einer Brücke leben möchte, sollte ich mich da mehr reinhängen.« Er hatte gut reden. Als Geist brauchte er bestimmt nicht sowas wie eine Geisterschule besuchen.
Mit funkelnden Augen deutete er auf die verschlossene Tür meines Zimmers. »Dann geh! Aber beeil dich bitte.« Das ließ ich mir nicht zwei Mal sagen. Marlon hatte oft Stimmungsschwankungen. Wer weiß wie lange er bei seiner Meinung blieb?
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Immer wenn mir der reale Marlon die Tür öffnete, kamen in mir Zweifel auf, ob Geist-Marlon wirklich mal so gewesen ist. Natürlich waren sie sich ähnlich... andererseits waren sie dann aber die totalen Gegensätze. Aber inzwischen verstand ich es besser. Denn: Auch ich hatte mich ziemlich verändert. Die Trennung von Tyler hatte mich verändert... irgendwie zerstört. Was hatte Marlon zerstört? Irgendwas sagte mir, dass es nicht allein die Tatsache sein konnte, dass er jetzt ein Geist war.
»Komm doch rein«, sagte er mit diesem breiten Grinsen und deutete ins Haus. Auf dem kleinen Tisch in seinem Zimmer, hatte er bereits alle Schulbücher ausgebreitet. Heute hatte er es mit der Nachhilfe anscheinend besonders eilig. Vielleicht hatte er ja auch noch was vor... wie passend.
Kaum hatten wir uns hingesetzt fing er an über irgendwelche Zeitformen im Spanischen zu reden. Aber leider hörte ich nur mit halbem Ohr zu. Dem anderen Teil von mir ging ständig die Frage im Kopf herum: Wie hört man auf zu lieben? Ich musste sie lösen, denn nur so würde Tyler sich von Freya abwenden. Aber wie konnte ich diese Frage lösen, wenn ich selber noch Hals über Kopf in Tyler Collins verliebt bin?
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Novela Juvenil„𝒾𝒻 𝒾𝓉 𝓉𝒶𝓀ℯ𝓈 𝓉𝒾𝓂ℯ 𝓉ℴ 𝑔ℯ𝓉 𝓉ℴ 𝓎ℴ𝓊, 𝒾'𝓁𝓁 𝑔ℯ𝓉 𝓉ℴ 𝓎ℴ𝓊" ~ 𝐓𝐡𝐞 𝐍𝐚𝐜𝐢𝐨𝐧𝐚𝐥 𝐏𝐚𝐫𝐤𝐬 ⌫ Sie zählte schon ihr ganzes Leben zu den Menschen, die jeder auf der Straße wiedererkennt, aber kaum jemand ahnt di...