17 ◄ Bestes Schlussmachen aller Zeiten

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Am liebsten hätte ich jetzt tausend Luftsprünge hintereinander gemacht, aber das konnte ich nicht. Ich durfte nicht mal ein minimales Lächeln riskieren. Viel eher sollte ich weinen... oder zumindest schockiert und enttäuscht gucken. Zum Glück konnte ich einigermaßen schauspielern. Auch wenn ich Caroline und Joey in diesem Moment am liebsten lachend um die Arme gefallen wäre.

Stattdessen, nachdem sich die beiden Turteltäubchen voneinander gelöst hatten, lief ich mit total niedergeschlagener Miene zu den beiden rüber. Und... auch wenn es mir leid tat, klatschte ich meine Hand an Joeys rechte Wange. Darüber schien Joey ziemlich verwundert... anschließend dann auch etwas wütend zu sein. »Das tat weh!«, maulte er, während er sich über seine wunde Stelle rieb.

»Wie konntest du nur? Und dann auch noch meine Schwester!«, sagte ich schniefend. Ich drehte mich weg und verdeckte meine Augen mit meiner Handfläche, als würde ich nicht wollen, dass die anderen meine Tränen sahen. In Wahrheit musste ich sie nur rot scheuern, damit es echt wirkte ... und meine Wimperntusche auch schön verschmiert wurde.

Zum Glück spielte Joey, obwohl ich ihn gerade ziemlich fest geschlagen hatte, immer noch mit. Wahrscheinlich ging es ihm dafür gerade einfach zu gut, um mir böse zu sein. »Jamie, warte! Lass es mich bitte erklären! Ich liebe dich doch noch...« Ein Schauder lief über meinen Rücken als ich bemerkte, dass die Worte ähnlich mit denen von Tyler waren als er mich betrogen hatte.

»Du kannst mich mal! Ich will dich nie wieder sehen!«, rief ich ihm zornig hinterher, wobei mich meine eigene Wut ziemlich überraschte. Es war fast so als hätte sich diese ganze negative Energie in mir angestaut und musste nun mit einmal an die Oberfläche.

Angetrieben von dieser Energie zwängte ich mich durch die Menschenmassen hindurch. Ich legte eine extra lange Strecke zurück, in der Hoffnung dass Tyler es mitbekommen würde. Als ich dann schließlich genug Show abgezogen hatte, suchte ich mir ein ruhiges Plätzchen und hockte mich mit angezogenen Knien in den Dreck und versuchte zu weinen. Singen konnte ich zwar schon immer besser als Schauspielern, aber während ich so an Tylers und meine Trennung dachte, kullerten mir doch ein paar Tränen über die Wangen.

»Wusste ich's doch, dass der Typ ein Idiot ist.« Natürlich musste ich nicht aufsehen, um die Stimme zuzuordnen. Tyler setzte sich im nächsten Moment direkt neben mich. In der Hoffnung, dass es nicht zu viel des Guten war, lehnte ich mich an seine Schulter und weinte mich dort aus.

Um die Show perfekt darzustellen, schluchzte ich in unregelmäßigen Abständen: »Und dann... auch... mit meiner Schwester. Ich dachte... wir hätten was... besonderes.«

»Es kann nichts Besonderes gewesen sein, wenn er die ganze Zeit in jemand anderen verliebt gewesen war. Tut mir Leid, aber dass er Caroline liebt war ziemlich offensichtlich. Wohl für jeden außer dir.« Falsch. Für jeden außer Caroline.

»Also... hatten wir nie was echtes?« Irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass ich nicht länger von der Fakebeziehung zwischen Joey und mir sprach.

»Naja... Ich will nicht ausschließen, dass er dich geliebt hat. Aber eben nicht genug.«

»Warum hat er dann nicht einfach mit mir Schluss gemacht? Warum musste er mich erst betrügen?« Bei dem Gedanken an die blonde Schlampe in seinem Bett lief es mir erneut den Rücken herunter.

»Er ist eben ein Arsch. Sag ich doch... Oder er hatte Angst, dass das die Beziehung zwischen Caroline und dir gefährden könnte. Und er wollte dir das nicht antun. Er hatte wohl gehofft, dass du diesen Kuss nie mitbekommen würdest.«

»Würdest du das machen? Deine Freundin betrügen?«, fragte ich, obwohl ich die Antwort kannte.

»Ich kenne mich auf diesem Gebiet nicht sonderlich gut aus, weil ich nicht viele feste Freundinnen hatte.«

»Warum?«, hakte ich nach.

Er zuckte mit den Schultern. »Ich bin jung... wollte meine Jugend genießen. Aber... wenn ich dich jetzt so weinen sehe, musst du Joey wirklich sehr geliebt haben. Und auch wenn das etwas komisch klingt, aber irgendwie lässt es mich erkennen, dass ich das auch möchte. Also für meine Zukunft.«

Er hatte es erkannt? Würde das bedeuten, dass unsere Liebe jetzt ewig halten könnte? Ich sah von seiner Schulter auf und blickte ihn direkt in seine strahlend blauen Augen, in die ich mich verliebt habe. So ziemlich das einzige, was sich an Tyler nicht verändert hatte.

»Jetzt küss ihn endlich!«, ertönte von irgendwoher eine Stimme, woraufhin ich zusammenzuckte. Als Tyler mich daraufhin fragend anguckte, wusste ich dass ich das Vergnügen mit meinem persönlichen Verkupplungsgeist hatte.

»Mir ist irgendwie kalt«, erklärte ich somit mein Zusammenzucken.

Daraufhin zog Tyler seine Jacke aus und legte sie mir über. Ich wusste doch, warum ich ihn geheiratet hatte.

»Ich glaube anders als Joey bist du kein Arsch.« Und obwohl er mit der Schlampe im Bett definitiv ein Arsch gewesen ist, küsste ich ihn vorsichtig. Dieses Gespräch hatten wir damals nie geführt. Vielleicht würde das jetzt alles ändern und Marlon war längst wieder zurück in seinem Körper.

Als ich den Kuss dann intensiver werden lassen wollte, drückte mich Tyler vorsichtig. Was hatte ich falsch gemacht? Wollte er mich jetzt etwa nicht mehr? Während ich ihn niedergeschlagen anguckte, murmelte ich: »War es nicht das was du wolltest? Dass ich endlich mit Joey Schluss mache und ich dir gehöre?«

Tröstend legte er seinen Arm auf mein Knie. »Doch, mein altes Ich hätte da jetzt wahrscheinlich mit gemacht. Aber mein neues Ich will mit seiner Zukunft alles richtig machen. Und unsere gemeinsame perfekte Zukunft kann nicht so beginnen. Nicht jetzt, wo du gerade erst mit deinem Freund Schluss gemacht hast und noch ganz nasse Augen hast. Könnte ja sein, dass du mich nur küsst, weil du verletzt bist. Willst du mich später auch noch küssen, dann bin ich gerne dabei.«

Okay. Ich war gerade so flüssig wie Butter. Irgendwas in mir sagte mir, dass das unser für immer sein musste. Gerade wollte ich mich in Gedanken noch mal von Marlons Geist verabschieden. Auch wenn er unglaublich nervig gewesen war, würde ich ihn schon irgendwie vermissen. Aber vermisste ich ihn so sehr, dass ich mir sein Abbild dort hinten im Schatten vorstellte? Eher unwahrscheinlich.

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