„𝒾𝒻 𝒾𝓉 𝓉𝒶𝓀ℯ𝓈 𝓉𝒾𝓂ℯ 𝓉ℴ 𝑔ℯ𝓉 𝓉ℴ 𝓎ℴ𝓊, 𝒾'𝓁𝓁 𝑔ℯ𝓉 𝓉ℴ 𝓎ℴ𝓊" ~ 𝐓𝐡𝐞 𝐍𝐚𝐜𝐢𝐨𝐧𝐚𝐥 𝐏𝐚𝐫𝐤𝐬
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Sie zählte schon ihr ganzes Leben zu den Menschen, die jeder auf der Straße wiedererkennt, aber kaum jemand ahnt di...
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1. Kapitel
Schon mein ganzes Leben zählte ich zu denen, die jeder auf der Straße wiedererkennt, aber kaum einer kennt die Geschichte, die zu mir gehört. Das hat sich bis heute nicht geändert, doch das Bedürfnis, die Menschen auch hinter meine Fassade blicken zu lassen, steigt mit jedem Atemzug immer weiter an.
Die Urteile und Missverständnisse, die eisern in ihren Augen glänzen, bestätigen es mir jetzt erneut. Sie das erste Mal nach all den Jahren wiederzusehen, bereitet mir Magenschmerzen. Meine Hoffnungen, dass die verblüffende Ähnlichkeit von Sarina und Maren nur Zufall ist, verpufft auf dieselbe Weise wie die Kaugummiblase in ihrem Mund.
Mit den kurzen, wilden Locken hätte ich sie fast nicht wiedererkannt. Sie hängen ihr quer durchs Gesicht, anstatt akkurat mit dem Glätteisen, jede einzelne Strähne für sich, geplättet worden zu sein. Immer wieder streift mein Blick die zwei Tattoomotive auf ihrem rechten Unterarm: ein Schlüssel und eine Raupe. Welche Bedeutung wohl dahinter steckt?
Das Kajal unter ihren Augen hinterlässt Brösel auf ihren Tränensäcken. Die Maren von früher hätte haarklein jede Stunde ihr Aussehen überprüft, dass genau das nicht eintritt. Dennoch ist sie es, die heute mit ziemlicher Sicherheit vor mir sitzt. Ihr Grinsen verrät sie. Auf ihrer Zunge liegen die unterschiedlichsten Fragen, doch keine spricht sie laut aus. Eher beschäftigt sie sich damit, ihr Bedürfnis, lauthals loszulachen, zu unterdrücken. Die Hände sind in ihren vorderen Jeanstaschen vergraben. Sie wippt mit dem Bürostuhl immer wieder vor und zurück, wofür ich meine Schüler schon längst ermahnt hätte.
»Man kennt sich, oder?«, pustet sie los. Mir hat es die Sprache verschlagen und jegliche Profession scheint sich in Luft aufgelöst zu haben.
Ich schiebe die Vergangenheit in das hinterste Türchen meines Verstandes und ordne stattdessen die Unterlagen. Das hilft mir mit der Nervosität. Ich räuspere mich. »Ja, Maren, oder? Ich hätte dich fast nicht wieder erkannt. Ist ja ewig her.«
Sie presst die rot bemalten Lippen aufeinander, um nicht in markerschütterndes Gelächter auszubrechen. Zumindest ihr Selbstbewusstsein ist konstant geblieben. Lässig fährt sie mit den Nägeln über den Rand des Tisches. »Du bist Lehrerin geworden? Hätte ich echt nicht gedacht.« Krampfhaft versuche ich, die Worte auszublenden, indem ich das heutige Datum auf das Protokoll kritzele. Beim Eintragen des Ortes wird mir wieder bewusst, was für ein Fehler es gewesen ist, in Rücklingshausen sesshaft zu bleiben. Luan ist schuld daran.
»Du hast eine niedliche Tochter«, versuche ich das Eis zu brechen. Obwohl Sarina Seiten vorzuweisen hat, die dieses Elterngespräch überhaupt erst notwendig machen, ist das die Wahrheit. Ähnlich wie ihre Mutter damals hat sie etwas an sich, das das Herz eines jeden Lehrers höher schlagen lässt. Ich erinnere mich an Sarinas Worte, als sie mit belegter Stimme zu mir gekommen ist, in dem Bedenken, in nichts gut zu sein. Ihre Noten sprechen eindeutig für sich. In dem Moment habe ich nur Mitleid mit Sarina empfunden. Etwas sagt mir, sie würde später einen hervorragenden Comedian abgeben.